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Viersen Weihnachtspost von Papa

Viersen · Die Viersenerin Gerda Reinartz (75) hütet einen vergilbten Brief wie einen Schatz - die Weihnachtsgrüße ihres Vaters aus dem Kriegsgefangenenlager.

 Gerda Reinartz zeigt ihr wertvollstes Geschenk.

Gerda Reinartz zeigt ihr wertvollstes Geschenk.

Foto: Busch

Ein Brief auf dünnem, vergilbtem Papier, bemalt mit idyllischen Szenen: Der Weihnachtsmann stapft durch die Straßen, beschenkt Kinder mit leuchtenden Augen. Die Seiten sind verknickt, sogar mit einigen Löchern versehen. Und dennoch ist es das wertvollste Weihnachtsgeschenk, das Gerda Reinartz (75) je erhalten hat.

Viersen: Weihnachtspost von Papa
Foto: RED

In Händen hielt sie es zum Heiligabend im Jahr 1945. Damals war die Viersenerin gerade fünf Jahre. Mit Liebe geschrieben hat diesen Brief ihr Vater Otto - der 42-Jährige war in französischer Gefangenschaft und sehnte nichts mehr herbei, als die Rückkehr zum Töchterchen und zu seiner Frau Friedel. Die beiden hofften ebenfalls darauf, den Papa und Mann unterm Tannenbaum wiederzusehen.

"Mein Vater hatte diesen wunderschönen Brief bereits im November geschrieben und liebevoll bemalt", erzählt Gerda Reinartz. Unter den Worten "Glück, Segen, alles Glück und Wiedersehen" hat Otto Rei-nartz in akribischer Schrift seine Gedanken und Wünsche zum Weihnachtsfest festgehalten - nicht ohne Ermahnungen an sein Gerdalein, ihrer Mutter zu helfen. Und stets dringt seine Sehnsucht durch, die Daheimgebliebenen bald wieder in die Arme zu schließen.

Dass er als Kriegsgefangener diesen Brief überhaupt schreiben konnte, war ein Zufall. "Man hatte im Lager sein malerisches Talent entdeckt und ihn in die Schreibstube abkommandiert. Dort konnte er Papier und Stifte nutzen", erzählt die Viesenerin. Neben der Schreibarbeit fertigte ihr Vater - ein ausgebildeter Lehrer mit ausgeprägter Liebe zur Malerei - Zeichnungen von den Frauen und Kindern der Wachsoldaten nach deren Fotos an.

Nicht nur den Weihnachtsbrief hat Gerda Reinartz in einer Klarsichthülle verwahrt, sondern auch ein Märchenbuch. Das packte ihr Vater aus seinem Rucksack, als er als "Prisoner of War" heimkehrte. "Mit seinen Kameraden hatte er Reime verfasst, dann die Seiten illustriert. Für die Männer war es eine Möglichkeit, dem Lageralltag und den Abenden in den Baracker zu entkommen", erinnert sie sich. Innerhalb der Familie wurden diese Gegenstände in Ehren gehalten: Gerda Reinartz hat das Märchenbuch - dünnes Papier zwischen groben Pappdeckeln - wie einen Schatz gehütet: "Auch wenn die Prinzessin schöner hätte sein können." So wie auch ihre eigenen Kinder Gebhard, Cordula und Almut. "Mein Vater war ein Bilderbuch-Opa", schildert Reinartz.

Ihr sehnlichster Wunsch - Heiligabend mit dem Vater zu feiern - erfüllte sich zur ersten Friedensweihnacht nicht. Erst im Sommer 1946 kam Otto Reinartz Heim. Seine Frau hatte den Tannenbaum für ihn stehenlassen, erst am Karsamstag nadellos entsorgt. Gerda Reinartz konnte diese Lücke füllen - dank der Weihnachtspost von Papa.

(RP)
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