Viersen Was Leser zum Notdienst wissen wollen

Viersen · Die Veränderung der Notdienstpraxis im Kreis Viersen hat viele Menschen verunsichert. Unsere Zeitung beantwortet daher noch einmal Leserfragen zur medizinischen Notfallversorgung und zu Hintergründen.

Viersen: Was Leser zum Notdienst wissen wollen
Foto: Franz-Heinrich Busch

Seit Anfang des Monats gibt es eine zentrale Notdienstpraxis im Kreis Viersen. Zurzeit hat sie noch ihren Sitz in Dülken an der Hospitalstraße. Im Sommer wird sie an das Allgemeine Krankenhaus Viersen (AKH) am Hoserkirchweg umziehen. Die Schließung der Nettetaler Notdienstpraxis und die Auflösung der Notdienstsprengel im Ostkreis hat für Verunsicherung bei den Patienten gesorgt. Auch nach der Telefonaktion unserer Zeitung erreichten uns noch zahlreiche Leserfragen - vor allem aus dem Raum Schwalmtal, Niederkrüchten und Brüggen.

Wie viele Patienten kamen 2014 in die Notdienstpraxen nach Dülken und Nettetal?

Im vergangenen Jahr suchten laut Gesundheitsnetz Viersen (GNV) rund 6550 Menschen die Notdienstpraxis in Nettetal. Nach Dülken kamen 27 625 Patienten.

Warum müssen Patienten aus dem ganzen Kreis Viersen jetzt nach Dülken fahren?

Seit Jahren stehen Überlegungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein im Raum, für die Notdienstpraxen große Regionen zu bilden. "Wir reden dann von einem riesigen Gebiet wie Kreis Heinsberg, Kreis Viersen und Mönchengladbach zusammen genommen, für die es dann eine Praxis geben würde. Für die Kinder-Notdienstpraxen ist so eine Lösung nach wie vor angedacht", erklärt Werner Peters vom Gesundheitsnetz Viersen (GNV), Betreiber der Notdienstpraxis in Dülken. Um den Reformplänen entgegenzuwirken, hat das Gesundheitsnetz seit 1. April eine Notdienstpraxis für den Kreis Viersen geschaffen, die von der Größe kaum anfechtbar ist, weil sie ein Einzugsgebiet von 300 000 Einwohnern hat. Mit dieser Struktur hoffe man auch den kinderärztlichen Notdienst im Kreis Viersen zu halten, zumal es am zukünftigen Standort am AKH auch eine Kinderklinik gibt.

Ist es richtig, dass nach einem Gerichtsurteil die Vergütung der Notärzte halbiert worden ist, und was bedeutet das für die Behandlung der Patienten?

Es hat ein Gerichtsurteil für die Vergütung von Notärzten an Kliniken gegeben. Auf dieser Grundlage wurde der "Einheitliche Bewertungsmaßstab" neu gefasst, und das betrifft nun auch die Arzthonorare in Notdienstpraxen. Bei Behandlungen bis 19 Uhr reduziert sich die Pauschale von 16,13 Euro auf 13,05 Euro, nach 19 Uhr aber steigt sie auf 20,03 Euro. Die Reduzierung trifft also die Mittwoch- und Freitagnachmittage. "Die Leistung für die Patienten wird die gleiche bleiben. Der Arzt nimmt sich die Zeit, die er braucht", versichert Werner Peters vom Gesundheitsnetz. Was ist der Unterschied zwischen Krankenhausambulanz, Notdienstpraxis und Rettungswagen?

Wenn eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliegt, etwa Verdacht auf Herzinfarkt, Schlaganfall oder bei schweren Unfall, den Rettungswagen unter der Nummer 112 rufen.

Bei blutenden Wunden und Schnitten, Verdacht auf Knochenbrüche, wenn transportfähig, die Krankenhausambulanz aufsuchen.

Bei Erkrankungen wie grippalen Infekten, Rückenschmerzen, Nebenhöhlenentzündungen, die kostenfreie Nummer der Notdienstpraxis unter 0180 2 112 333 wählen. "Dort kann man auch anrufen, wenn man unsicher ist, ob man eine Rettungskette auslösen soll. Die Arzthelferin oder der Arzt fragen wichtige Beschwerden ab und rufen im dringenden Fall auch einen Rettungswagen. Am Telefon der Notdienstpraxis können die Patienten auch klären, ob sie selbst mobil sind. Falls nicht, gibt es auch die Möglichkeit eines Hausbesuches. In der Regel gilt es dafür aber eine Wartezeit von einigen Stunden einzuplanen", erklärt Peters.

Darf ich auch einen Notdienst hinter der Kreisgrenze aufsuchen?

Alle Patienten sind frei in der Wahl ihres Arztes. Wer in Schwalmtal oder Niederkrüchten wohnt, kann also auch nach Mönchengladbach fahren. Für einen Kempener liegt Krefeld möglicherweise nahe. "Man muss allerdings damit rechnen, dass die notärztlichen Strukturen anders sind. Zu uns nach Viersen kommen auch einige Patienten aus Mönchengladbach, weil unsere Praxis auch nach 22 Uhr noch geöffnet ist", sagt Peters. Wer trifft die Entscheidungen? Und was ist die Rolle des Gesundheitsministeriums?

Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein trifft die Entscheidungen. Sie ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie verhandelt auch die Honorare mit den Krankenkassen. Das Gesundheitsministerium hat einen Sicherstellungsauftrag für Notdienste an die Kassenärztliche Vereinigung erteilt, die alles weitere autonom entscheidet.

Stehen noch weitere Veränderungen an? Hat die Kritik aus der Politik etwas bewirkt?

Nein, für den Kreis Viersen ist die Notdienstpraxis so beschlossene Sache. Für andere Regionen kann es noch Änderungen im Notdienst geben, ebenso bei der Notdienstregelung der Kinderärzte. Die Ärztekammer hatte den Reformplänen der Kassenärztlichen Vereinigung generell nicht zugestimmt. Ausnahme: der Kreis Viersen. Ihm hatte die Ärztekammer schon vor Monaten zugestimmt.

(RP)
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