Viersen Via Internet zum Abitur

Viersen · Eigentlich hatte Jasmin Emmrich die Nase voll von der Schule. Die Realschule verließ sie mit der mittleren Reife. Nach einigen Jahren im Berufsleben fehlte ihr aber etwas. Also holte sie ihr Abitur nach – größtenteils von zu Hause.

lobberich Das Abiturzeugnis hat sie in gedruckter Form erhalten, weder als E-Mail noch als Datei zum Herunterladen. Genau das hätte man bei Jasmin Emmrich aber vermuten können. Immerhin hat die 25-Jährige aus Lobberich das Abitur auch größtenteils von zu Hause aus gemacht – mit dem Computer, via Internet. „Das war genau das Richtige für mich“, sagt sie begeistert.

Mit Grausen erinnert sie sich an ihre Schulzeit. „Ich bin nie gerne dorthin gegangen“, erzählt sie. Die Realschule in Kaldenkirchen hat sie 1998 mit der mittleren Reife verlassen. Es folgte eine Ausbildung zur Arzthelferin bei einem Gynäkologen in Kaldenkirchen. Bis zur leitenden Arzthelferin arbeitete sie sich dort nach oben. „Irgendwann dachte ich mir aber, da muss doch noch etwas kommen“, sagt sie.

Zehn Stunden Pflichtunterricht

Das kurz zuvor neu geschaffene Angebot, das Abitur online an einem Weiterbildungskolleg nachzuholen, kam ihr da gerade recht. „Ich lerne lieber alleine und bringe mir auch lieber selber etwas bei“, sagt Jasmin Emmrich. Die unsäglichen Erinnerungen an die Schulzeit spielten keine Rolle. Schließlich sind in dem Konzept nur zehn Stunden in der Woche als Pflichtunterricht am Weiterbildungskolleg in Viersen-Dülken gefordert.

Jasmin Emmrich ging fortan nicht nur ihrer Arbeit in der Arztpraxis nach, sondern montagabends und freitagabends zusätzlich zur Schule. „Die restliche Zeit hat man über eine Lernplattform im Internet gearbeitet“, erklärt sie. Die Lehrer stellen dort den Unterrichtsstoff ein, Hausaufgaben werden auf diesem Wege erteilt und entgegen genommen, die Schüler können sich zudem untereinander austauschen. „Dass man sich die Zeit dabei frei einteilen konnte, ist sicherlich nicht für jeden etwas, für mich aber schon“, sagt Emmrich.

Mit ihr starteten 35 Leute den Weg zur Reifeprüfung. Gerade mal acht schafften jetzt das Abitur. „Man muss das ernst nehmen und sich zum Lernen motivieren“, sagt Emmrich. Sei selbst habe nach einiger Zeit im Berufsleben wieder richtig „Spaß am Lernen gefunden“. Und dass, obwohl die 25-Jährige bei der Fächerwahl ein wenig eingeschränkt war. „Man muss genügend Lehrer finden, die das Online-Abitur mitmachen“, sagt Emmrich. Das führte bei ihr etwa dazu, dass sie statt des gewünschten Englischs mit Latein als zweiter Sprache Vorlieb nehmen musste. „Das war für viele ein Grund zum Scheitern.“

Für sie nicht. Mit der Note 1,7 hat Jasmin Emmrich das Abitur nun geschafft – und damit vom Lernen noch nicht genug. „Ich möchte im Oktober ein Medizin-Studium beginnen.“ Ihre Tätigkeit als Arzthelferin musste sie ein Jahr vor dem Abitur ohnehin beenden.

Dass sie mit dem Online-Abitur für das Studium bestens vorbereitet ist, glaubt sie schon. „Wir haben insbesondere gelernt, unsere Arbeit zu präsentieren und auch vor einer Gruppe frei zu sprechen.“ Das kann an der Uni nicht schaden. Ungewohnt wird für Jasmin Emmrich dort höchstens sein, dass sie vermutlich als mehr an zwei Tagen in der Woche anwesend sein muss.

(RP)
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