Viersen Street-Art für die Viersener Südstadt

Viersen · An der Großen Bruchstraße malt Roberto Vega derzeit ein Bild auf eine Fassade. Der Künstler stammt aus dem mexikanischen Oaxaca. Schon jetzt ist das Mädchen an der Wand, traditionell in einen Poncho gekleidet, ein Hingucker

 In dieser Woche bringt der mexikanische Künstler Roberto Vega eine Wandmalerei auf die Fassade an der Großen Bruchstraße auf. Ein traditionell gekleidetes Mädchen, umgeben von einer Art Aura, hält eine Agavenpflanze.

In dieser Woche bringt der mexikanische Künstler Roberto Vega eine Wandmalerei auf die Fassade an der Großen Bruchstraße auf. Ein traditionell gekleidetes Mädchen, umgeben von einer Art Aura, hält eine Agavenpflanze.

Foto: Busch

Das übersieht man nicht, was da gerade auf der Mauer neben dem Restaurant "Mexican" von Joannis Panagou an der Großen Bruchstraße in Viersen entsteht. Seit Montag trägt der mexikanische Künstler Roberto Vega auf dem orange-leuchtenden Untergrund schichtweise seine Wandmalerei auf.

Bislang erkennt man die Darstellung eines still wirkenden Mädchens, gekleidet in einen traditionellen Poncho. Ein Halstuch schützt es vor Wind, Wetter, Schweiß, seine Hände sind geöffnet. Noch sind sie leer. Doch Roberto Vega verrät, wie es weitergeht: Die Hände des Mädchens werden mit einer Agavenpflanze gefüllt. Abstrakte hexagonale Formen sowie eine Art Aura werden das Kind umgeben. "Alte und neue Kultur treffen aufeinander", erklärt Vega.

Der Künstler, geboren 1982 in Oaxaca, wo er studierte, ist mittlerweile in Mexico mit seiner Gruppe "La Piztola" sehr bekannt. Zu ihr gehören neben Vega seine Frau Rosario Martinez und Yankel Balderes. Die drei kennen sich seit fast zehn Jahren. Gemeinsam gestalten sie zahlreiche Fassaden mit erzählerischen Motiven, die immer auch einen gesellschaftskritischen Hintergrund haben. Die Tradition der Fassadenmalerei in den südamerikanischen Staaten, "Muralismo" genannt, ist lang und etabliert. Die Kunstform fand ihren Anfang nach der Revolution in den 1920ern und gab den Künstlern ein Sprachrohr, sich gegen die Regierung und das System aufzulehnen. So konnten sie zahlreiche Gleichgesinnte erreichen. Während die Wandmalerei von Vega auf den ersten Blick "nur" ein Mädchen zu zeigen scheint, erschließt sich im Gespräch die tiefere Dimension: Die Entscheidung für die Darstellung eines Kindes bedeutet für den Künstler sowohl die Betonung der Zukunft der Jugend wie auch die Bedeutung politischen Widerstands für diese Generation. Die Aura um das Mädchen verweist auf die Göttin der Agavenpflanze, Mayahuel, und damit das Bestreben von Vega, "als Künstler alte Tradition wiederzuerwecken und die Identität des mexikanischen Volkes zu betonen". Die Agave ist ein wichtiger Pflanzenfaserlieferant. Außerdem werden Tequila und Mezcal aus Agavensaft hergestellt.

Die sechseckigen transparenten Formen im Hintergrund symbolisieren für Vega Zusammenhalt und Zusammenarbeit, eine stabile Struktur - wesentlich für eine Gesellschaft. Das Halstuch schließlich dient nicht nur dem Schutz vor Wind und Wetter, sondern ist im politischen Widerstand eine Möglichkeit, sein Gesicht zu verbergen.

Roberto Vega arbeitet mit Stencils, detailliert ausgearbeiteten Schablonen. Für jedes Motiv werden mehrere Schablonen benötigt, die übereinander angelegt werden und für die verschiedenen Farbschichten sorgen. Panagou ist begeistert: "Wir sind sehr stolz darauf, dass wir mitgeholfen haben, das Kunstwerk entstehen zu lassen." Freunde stellten den Kontakt zur Gruppe "La Piztola" her, und er engagierte Roberto Vega für seine Mauer. Über Crowdfunding sammelte er einen Teil des Geldes für die Kunstaktion: "Den Löwenanteil finanziere ich privat". Für Panagou ist das Kunstwerk auch ein Beitrag zur Aufwertung der interkulturell geprägten Südstadt - unabhängig von öffentlichen Geldern.

(b-r)
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