Viersen Straßenmaler arbeitet an der Galerie im Park

Viersen · Zwischen Busbahnhof und Rathausmarkt fertigt Edgar Müller in dieser Woche ein Straßengemälde in 3D an.

 Edgar Müller hat sich auf dreidimensionale Malerei spezialisiert. Für seine Arbeit in Viersen lässt ihm die Stadt freie Hand bei der Wahl des Motivs.

Edgar Müller hat sich auf dreidimensionale Malerei spezialisiert. Für seine Arbeit in Viersen lässt ihm die Stadt freie Hand bei der Wahl des Motivs.

Foto: Edgar Müller

Seine Kunst kann man nicht kaufen, nicht aufhängen und schon gar nicht sein Geld hinein investieren. Nach einem Jahr ist es eh weg, weggespült und verblichen, und glücklich dann derjenige, der sich ein Bild und, noch besser, ein Foto davon gemacht hat. Die Rede ist von den Arbeiten des Straßenmalers Edgar Müller, der in dieser Woche im Rahmen der Ausstellung "Stadtbesetzung" in der Galerie im Park eine 8 mal 15 Meter große Fläche auf dem Platz zwischen Rathausmarkt und Busbahnhof in eine großes dreidimensionales Gemälde verwandelt. In der vergangenen Woche stand ihm das Motiv noch nicht ganz klar vor Augen, aber es werde, so glaube er, in Richtung Wasserfall gehen. Das sei auch überhaupt das Tolle: Die Stadt Viersen vertraue auf ihn und lasse ihm völlig freie Hand in der Wahl des Motivs.

Viersen ist ihm vertraut, besser gesagt, der Niederrhein. 1968 wurde er in Mühlheim an der Ruhr geboren, wuchs aber in Straelen auf und begegnete in Geldern, wo er die Schule besuchte, zum ersten Mal den Straßenmalern, die ihn von da an nicht mehr losließ.

Mit 16 Jahren beteiligte er sich an dem jährlich stattfindenden Straßenmalerfestival, mit 19 malte er eine Dürer-Kopie und gewann einen Preis. Das Design-Studium brach er ein Jahr vor dem Abschluss ab, weil er genau wusste, dass Kommunikationsdesign nicht sein Lebensinhalt sein könne. So begann sein Leben als Straßenmaler. Ein Begriff im Übrigen, der in Deutschland, wie Müller festgestellt hat, einen negativen Beigeschmack von "arm, kann aber ganz gut malen" hat, während die Engländer und Amerikaner dem Genre einen "wesentlich größeren Respekt" entgegenbringen.

Eine Vielzahl von Projekten hat er in den letzten Jahren durchgeführt, seit der Einführung des Internets wird er immer bekannter und seine Kunst immer gefragter. Aufträge führen ihn über europäische Länder hinaus nach Mittelamerika, China und den USA.

Der Reiz von Müllers Arbeit: Die Passanten können ihm beim Entstehen über die Schulter blicken. Und natürlich nach Herzenslust kommentieren, was dem Maler sehr recht ist. So viel Resonanz, meint er, bekomme ein Maler, der in Galerien ausstelle, nicht. Von "Mach die Schmiererei weg!" über "Das kann ich auch!" bis hin zu "Guck mal, Mama, wie toll!" hat er vieles gehört. Manchmal, so bemerkt er, ist es gar nicht verkehrt, im Ausland zu arbeiten und die Kommentare nicht übersetzen zu können.

Müller hat sich auf dreidimensionale Malerei spezialisiert. Er erweckt in seinen Straßenbildern die Illusion einer Gletscherspalte, einer Höhle, eines Wasserfalls. Der Betrachter muss an einem bestimmten Punkt stehen, um diese Anamorphose, so der Fachbegriff für ein Bild, das nur unter einem bestimmten Blickwinkel zu erkennen ist, genießen zu können.

Einen Tipp hat der Künstler für die Viersener: Ein Foto von dem fertig gestellten Bild machen, dann sieht man die Illusion auf jeden Fall. Beim Entstehen behilft sich Müller mit Fluchtpunkten, muss selbst auch immer zu dem einen Punkt zurückgehen, von dem aus die Illusion perfekt ist.

Er beginnt am unteren Ende mit einer kleinteiligen, mit dem Pinsel ausgeführten Malerei und wird nach oben hin immer großflächiger, arbeitet dann auch gelegentlich mit dem Besen, um die Farbe zu verteilen. Er verwendet hochwertige Wandfarbe, die auf das gereinigte Pflaster aufgetragen wird. Nach einem Jahr haben Passantenfüße, Sonne und Regen dafür gesorgt, dass das Bild verschwindet.

Die Straße ist Müllers Atelier und seine Galerie zugleich. Was bleibt, sind die gemachten Erfahrungen, die Erinnerungen an den Prozess, die Bilder im Kopf und von der Kamera.

(b-r)
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