Schwalmtal Stauden statt Schotter

Schwalmtal · Die Schwalmtaler Grünen wollen dem dramatischen Artensterben Einhalt gebieten. Sie werben dafür, den Garten ökologisch umzugestalten. Die Gemeinde könnte das unterstützen, indem sie Eigentümer von der Grundsteuer befreit

 Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Heinen hat seinen Vorgarten mit Stauden neu gestaltet. Er ist nun gespannt, wie die Fläche in zwei, drei Jahren aussieht. Bis dahin soll die Pflanzendecke geschlossen sein.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Heinen hat seinen Vorgarten mit Stauden neu gestaltet. Er ist nun gespannt, wie die Fläche in zwei, drei Jahren aussieht. Bis dahin soll die Pflanzendecke geschlossen sein.

Foto: Jörg Knappe

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) nennt sie die "Gärten des Grauens": Flächen, die mit Schottersteinen belegt sind und auf denen kaum oder gar keine Pflanzen wachsen. Sie werden als modern und pflegeleicht beworben - und wer sich in Wohngebieten umsieht, stellt schnell fest, dass immer mehr Hauseigentümer das Grün gegen den vermeintlich praktischen Schotterbelag austauschen.

Schwalmtal: Stauden statt Schotter
Foto: Landmarkt Lentzen

Das ist in Schwalmtal nicht anders als anderswo, doch wenn es nach den Schwalmtaler Grünen geht, könnte sich das bald ändern. Sie appellieren an Hauseigentümer, ihr Grundstück ökologisch aufzuwerten - etwa Hecken zu pflanzen, in denen Vögel nisten können, heimische Gehölze und Wildpflanzen zu setzen, ein Feuchtbiotop anzulegen, mit Grünkompost oder Hornspänen zu düngen und auf die nicht biologische Schädlingsbekämpfung zu verzichten.

 Die Pflanzpläne für den "Schwalmtaler Landgarten" (fünf mal drei Meter) erstellte der Landmarkt Paul Lentzen.

Die Pflanzpläne für den "Schwalmtaler Landgarten" (fünf mal drei Meter) erstellte der Landmarkt Paul Lentzen.

Foto: Landmarkt Lentzen

Die Gemeinde Schwalmtal könnte die ökologische Umgestaltung belohnen, indem sie Hauseigentümer für zwei Jahre von der Grundsteuer B befreit. lautet der Vorschlag, den die Grünen jetzt in einem Antrag formuliert haben. Auch durch eine Prämierung der schönsten aufgewerteten Gärten "gäbe es sicher zunehmende Akzeptanz und Freunde an weitergehenden ökologischen Projekten", erklärt Grünen-Fraktionsvorsitzender Jürgen Heinen. Ob der Vorschlag umgesetzt wird, muss die Politik noch entscheiden.

Heinen selbst hat sich schon entschieden. Er ließ im vergangenen Jahr den Garten hinterm Haus und den kleinen Vorgarten umgestalten. "Ich wollte einen schönen Garten mit geringem Pflegeaufwand, weil ich das einfach nicht schaffe", sagt der 56-Jährige. "Und jünger werde ich ja auch nicht." Ein Schottergarten war keine Option - nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch deshalb, weil eine Schotterfläche keineswegs weniger Pflege bedeute, sagt Heinen.

Vor dem hohen Pflegeaufwand warnt auch die Natur- und Umweltschutzakademie NRW: "Organisches Material wie Pollen, Blüten, Sande, Samen und Blätter fallen zwischen die Steine und verrotten. Es bildet sich eine Humusschicht und erste Wildkräuter keimen. Algen, Moose und Flechten siedeln sich an. Eine Verfärbung tritt ein. Der Garten wird unansehnlich", heißt es im Flyer "Blühende Vielfalt im Vorgarten". Wer da für Ordnung sorgen will, muss von Hand zwischen den Steinen unerwünschtes Grün auszupfen. Der Einsatz von Herbiziden ist verboten, und wer zum Abflämmgerät greift, zerstört die Folie unter den Steinen. "In zehn bis 15 Jahren werden die Landschaftsgärtner, die jetzt die Vorgärten mit Schotter belegen, diese Gärten zurückbauen", prognostiziert Hermann Gröne. "Dann bilden sich Humus und viel Unkraut."

Gröne, Stauden-Fachmann aus Nettetal, wählte für Heinens Vorgarten in Waldniel die Bepflanzung aus. Im Schatten gedeihen nun die bodendeckende Elfenblume (Epimedium-Arten), der schwarze Schlangenbart (Ophiopogon planiscapus Nigrescens), eine Blattstaude mit schwarzen Blättern, und Ziergräser (Carex-Arten). Noch stehen die Pflanzen gut zwei Handbreit auseinander, Rindenmulch in fünf bis sieben Zentimeter Stärke unterdrückt das Wachstum unerwünschter Pflanzen in den Zwischenräumen. In zwei bis drei Jahren sollen die Stauden so dicht gewachsen sein, dass Heinen nur noch selten im Vorgarten zupfen muss. Auch im Garten hat er Stauden gesetzt. "Kann sein, dass mal eine Brennessel durchschießt", sagt Paul Lentzen, Geschäftsführer der Grünen-Fraktion und Inhaber des Landmarkts Lentzen, "das lässt sich nicht vermeiden. Aber insgesamt ist der Pflegeaufwand in den ersten zwei, drei Jahren vertretbar." Danach sei der Aufwand überschaubar, erklärt Gröne: "Ziel ist eine geschlossene Pflanzendecke, damit sich kein Unkraut ansiedeln kann."

Wer einen Staudengarten anlegen möchte, findet dazu in Buchhandlungen Fachliteratur. Tipps geben auch Staudenexperten, Landschaftsgärtner und Gärtnereien. Wichtig ist die richtige Auswahl der Pflanzen - je nach Standort sollten Gartenbesitzer prüfen, ob die Stauden für Sonne, Halbschatten oder Schatten geeignet sind, und sich informieren, welche Stauden Insekten und Vögeln Lebensraum, Nahrung und Unterschlupf bieten.

Gröne rät übrigens, die Stauden nicht vor dem Winter zurückzuschneiden, sondern stehenzulassen: Abgestorbene Teile schützen die Pflanze vor der Kälte, die Samenstände bieten Insekten und Vögeln auch im Winter noch Nahrung und Schutz. Nicht zuletzt sieht ein Staudengarten auch im Winter reizvoll aus, wenn er im Nebel oder unter einer Schneedecke liegt oder sich Raureif auf Zweigen und Blättern bildet. "Solch einen Anblick", schwärmt Gröne, "erreicht man mit einem Koniferengarten nicht."

(RP)
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