Kreis Viersen Stadtverwaltung will Archiv halten

Kreis Viersen · Der Viersener Kulturausschuss soll am 30. August entscheiden, ob die Stadt ihr eigenes Archiv aufgibt und in ein neu zu bauendes Kreisarchiv überführt. Die Stadtverwaltung empfiehlt, das nicht zu tun

Die Zeit ist knapp: 5,1 Millionen Euro Fördergelder kann der Kreis Viersen bekommen, um ein neues Kreisarchiv zu bauen. Das alte befindet sich noch in der Kempener Burg, die Räume dort sind zu klein, nicht mehr zeitgemäß. Daher will der Kreis ein neues Gebäude errichten, in dem die Archivalien aus allen neun Kommunen des Kreises aufbewahrt werden. Um die Förderung des Bundes zu erhalten, muss der Neubau bis 2020 stehen. Den Beschluss dazu soll der Kreistag am 22. September fassen.

Nun müssen die Städte entscheiden, ob sie mitziehen möchten. Im Kreisarchiv in der Burg befinden sich schon jetzt die Archive der meisten Städte und Gemeinden im Kreis. Nur die Städte Viersen und Willich haben noch eigene Stadtarchive. Der Kulturausschuss der Stadt Viersen soll nun am 30. August entscheiden, ob das Stadtarchiv ins Kreisarchiv überführt werden soll. Die Stadtverwaltung hat schon vorgearbeitet: In der Vorlage der Verwaltung empfiehlt der Erste Beigeordnete Paul Schrömbges dem Ausschuss zu beschließen, dass das Stadtarchiv Viersen nicht ins Kreisarchiv eingegliedert wird.

Aus der Vorlage der Verwaltung geht hervor, dass ihr das Angebot des Kreises bislang nicht konkret genug ist: So weiß man beispielsweise noch nicht, wie teuer der Neubau werden könnte. Die Stadt Viersen schätzt für den Neubau mit zehn Millionen Euro, davon 5,1 Millionen Euro Fördermittel. Entsprechend ihrer Einwohnerzahl müssten die Kommunen für den Rest aufkommen - für Viersen bedeutet das einen Finanzierungsanteil von 25 Prozent, erläutert die Verwaltung. Der derzeitige Mietvertrag für das Viersener Stadtarchiv laufe bis zum Jahr 2025. Die Betriebskosten für die Archivarbeit könnten mit einem neuen, gemeinsamen Kreisarchiv zurückgehen. Doch: "Aufgrund der unklaren Baukosten und derzeit nicht vollständig feststellbaren Betriebskosten ist dies derzeit eine Annahme", heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung.

Ihr Fazit: Die Kostenseite enthalte Risiken, die heute nicht absehbar seien, die angegebenen Baukosten seien nicht nachprüfbar. Sollte Willich nicht mitziehen, müsste Viersen noch mehr bezahlen. Auch sieht die Verwaltung für die Archivnutzer aus Viersen keinen Vorteil, wenn das Stadtarchiv ins Kreisarchiv überführt werden würde: Bislang betreuen die Mitarbeiter im Viersener Stadtarchiv intensiv Besucher wie Familienforscher, Heimatvereine, Schulklassen oder Schüler, die ihre Facharbeit schreiben.

"Aktuell nicht klar gelöst wäre die zukünftige Betreuung der kulturellen Bildung und der ehrenamtlich Tätigen", heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung - hier müsste eine vertragliche Regelung gefunden werden, die zusätzliche Kosten für die Stadt Viersen ausschließt und sicherstellt, dass auch das neue Archiv zur Bildungslandschaft Stadt Viersen personell und organisatorisch so beitragen kann wie bislang.

Kurz: Die Anfrage des Kreises zur Zusammenlegung der Archive sei "in Anbetracht der Neubaunotwendigkeiten richtig und notwendig", erklärt die Stadtverwaltung. "Sie zeugt von einem guten Geist interkommunaler Kooperation." Schrömbges macht aber auch deutlich, dass noch Diskussionsbedarf besteht: "Die aktuellen Zusagen der Kreisverwaltung sind als Absichtserklärungen zu werten und im Sinne einer belastbaren vertraglichen Lösung nicht ausverhandelt." Dies liege nicht am guten Willen der Vertragspartner, "sondern am Zwischenstand der Überlegungen und der Notwendigkeit, kurzfristig Grundsatzentscheidungen herbeiführen zu müssen". Daher empfiehlt die Verwaltung dem Kulturausschuss, das Stadtarchiv nicht ins Kreisarchiv einzugliedern.

Dass das Konzept noch nicht fertig ist, über viele Dinge noch gesprochen werden muss, die dann auch vertraglich festgezurrt werden müssen, ist auch Landrat Andreas Coenen (CDU) klar. Was die Kosten betrifft, könne etwa der Viersener Stadtrat grundsätzlich der Planung zustimmen und einen Vorbehalt einbauen - und erst dann grünes Licht für den Bau geben, wenn die Kosten beziffert werden können. "Bevor nicht der Bagger bestellt ist, kann man umplanen", so Coenen.

Er will Heimatforschern auch die Sorge nehmen, im großen Kreisarchiv nicht mehr so gut betreut zu werden wie bislang im Stadtarchiv: Er wolle ein Bürger-Kreisarchiv, kein Archiv, das hinter dicken Mauern verschwinde, kein Archiv, in dem der Nutzer als störend empfunden werde. Über die Planung könne der Kulturausschuss der Stadt Viersen regelmäßig informiert werden, so Coenen, "und das gilt auch für die anderen Städte und Gemeinden".

(RP)
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