Neujahrsempfang Was der Bürgermeisterin 2018 wirklich am Herzen liegt

Viersen · Wichtige Dinge kann man ruhig zweimal sagen. Wichtige Dinge kann man ruhig zweimal sagen. (Das war Absicht.) Besonders wichtige Dinge kann man aber auch 38 Mal sagen. 38 Mal tauchte gestern Abend in der Rede von Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) beim Neujahrsempfang das Wort auf, das dem Stadtoberhaupt für dieses Jahr ganz besonders am Herzen liegt: Miteinander. Gut 600 geladene Gäste aus Wirtschaft und Sport, Kultur und Brauchtum, Politik und Kultur waren in Viersens Festhalle gekommen, um miteinander zu plaudern, sich zum neuen Jahr gute Wünsche auszurichten - und um, nach musikalischen Darbietungen des Männergesangverein Süchteln-Vorst und der Band swing-up, der Rede der Bürgermeisterin zu lauschen. Wo steht Viersen? Wo soll die Stadt hin? Und auf welchem Weg? Unsere Redaktion dokumentiert die Rede Anemüllers in Auszügen.

 Die Gastgeberin: Bürgermeisterin Sabine Anemüller begrüßte gestern Abend im petrolfarbenen Kleid rund 600 geladende Gäste aus Wirtschaft, Vereinen, Kultur, Brauchtum, Sport und Politik in der Festhalle.

Die Gastgeberin: Bürgermeisterin Sabine Anemüller begrüßte gestern Abend im petrolfarbenen Kleid rund 600 geladende Gäste aus Wirtschaft, Vereinen, Kultur, Brauchtum, Sport und Politik in der Festhalle.

Foto: Jörg Knappe

"Miteinander, das ist ... das Motto des heutigen Abends: ,Miteinander Viersen leben' ... Das Miteinander ist die Basis für das Leben in der Stadt und für die Liebe zu ... unserer Stadt Viersen. Wenn ich mich umschaue heute Abend in ... der ,guten Stube der Stadt Viersen", dann sehe ich viele Menschen, die in unserer Stadt aktiv sind ... Sie alle sind motiviert und angetrieben von dem Ziel, Verbesserungen zu erreichen. Sie wollen helfen, wollen Gemeinschaften bilden und stärken. Das tun Sie, weil Sie wissen, dass eine Stadt, dass eine Stadtgesellschaft nur im Miteinander funktioniert, nur als Gemeinschaft funktionieren kann...

 Metallbauer Markus Steinhäuser, Senatspräsident Frank Schiffers, CDU-Landtagsabgeordneter Stefan Berger und Zahntechniker Jochen Lazaridis (von links).

Metallbauer Markus Steinhäuser, Senatspräsident Frank Schiffers, CDU-Landtagsabgeordneter Stefan Berger und Zahntechniker Jochen Lazaridis (von links).

Foto: Röse

Entscheidungsprozesse sind nie einfach. Aber Entscheidungen tragen umso besser, je mehr sie im Miteinander in einem demokratischen Prozess erarbeitet, vielleicht sogar errungen worden sind. Dieses Ringen ist eine tägliche Herausforderung. Demokratie ist harte Arbeit... Darum ... dürfen wir beim Ringen um Entscheidungen, bei unseren demokratischen Prozessen das Miteinander nicht aus den Augen verlieren. Miteinander leben bedeutet, dass wir die Unterschiede zwischen uns Menschen akzeptieren. Miteinander leben bedeutet auch, unsere Gemeinsamkeiten, unsere Gesetze und unsere Werte zu akzeptieren...

 "Rathausmarkt-Galerie"-Investor Armin Hinz, Modeschmuckdesignerin Gudrun Goertz, Pascal Hinz ("Rathausmarkt-Galerie") und Steffen Schlag (Contec).

"Rathausmarkt-Galerie"-Investor Armin Hinz, Modeschmuckdesignerin Gudrun Goertz, Pascal Hinz ("Rathausmarkt-Galerie") und Steffen Schlag (Contec).

Foto: Röse Martin

Unsere Stadt wächst, allein im vergangenen Jahr sind 410 Menschen neu nach Viersen gezogen. Die Entwicklung erfasst alle Stadtteile, Alt-Viersen ebenso wie Dülken, Süchteln und Boisheim. Überall geht es voran... Unser Viersen ist ... mehr als die Summe der gedanklichen Kirchtürme. Statt fünf Jahrzehnte zurück müssen wir in die Zukunft denken... Diese Zukunft müssen wir gestalten... Dazu rufe ich alle auf, die Interesse daran haben, gemeinsam an der Zukunft unserer Stadt zu arbeiten. Bei allen politischen Unterschieden ... gilt: Nur miteinander können wir unsere Stadt Viersen gut gestalten...

Zunächst einmal bin ich unglaublich froh, für 2018 einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf präsentieren zu können - und zwar ohne Steuererhöhungen. Das gab es schon seit vielen Jahren nicht mehr und ist unter anderem auch das Ergebnis großer Sparanstrengungen... Nun ist der nächste Schritt erforderlich, diesen Ausgleich auch für die kommenden... Jahre sicherzustellen. Wie und wann wir welchen Schritt dafür gehen können und werden, das müssen wir noch politisch entscheiden. Darüber wird der Rat ... nach demokratischen Spielregeln beraten. Ich wünsche mir, dass wir miteinander zu einer klugen und guten Entscheidung kommen. Auch in der Frage, ob am Ende des Tages höhere Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich notwendig sind.

Wichtig ist: Weder ein ausgeglichener Haushalt in diesem Jahr noch in den kommenden Jahren befreit uns von der Notwendigkeit, vernünftige, vorausschauende und nachhaltige Beschlüsse zu treffen. Der Abschied vom Haushaltssicherungskonzept bedeutet ... die Chance, freier zu entscheiden. Er bedeutet aber nicht, dass wir dann das Geld mit der Schaufel ausgeben dürfen. Der Haushaltsausgleich darf nicht als Lizenz für neue Schulden verstanden werden... Darum sind wir gefordert, miteinander einen Weg zu finden, an den richtigen Stellen das weiterhin knappe Geld auszugeben.

Welche Stellen ich meine..., dazu will ich Ihnen gerne etwas sagen. Wenn wir miteinander den richtigen Weg finden wollen, müssen alle Beteiligten offen sagen, was sie erreichen wollen. Nur wenn die Ziele benannt werden, lässt sich darüber streiten und der gemeinsame Weg finden...

Wenn eine Stadt ein attraktiver Lebensort ... ist, wird sie auch für die Unternehmen mehr und mehr als Standort attraktiv. Denn wir leben mehr und mehr in einer Welt, in der nicht die Fachkräfte den Unternehmen hinterherziehen, sondern in der die Unternehmen dorthin gehen müssen, wo die Fachkräfte sind.

Fachkräfte ist ein gutes Stichwort für eines der Ziele, die wir in Viersen anstreben: Wir müssen den Menschen die Sicherheit geben, dass ihre Kinder in unserer Stadt gut aufgehoben sind. Das reicht von der Betreuung kleiner Kinder bis zu den Schulen und den Freizeitangeboten. Nun wissen Sie und ich, dass die Stadt nicht über die Inhalte schulischer Bildung entscheidet. Aber wir haben unmittelbaren Einfluss, wie wohl sich die Kinder - und damit letztlich auch die Eltern - in den Schulen fühlen. Der Zustand der Schultoiletten wird da gerne als "Maßstab" für den Wohlfühlfaktor herangezogen. Wir alle wissen, dass Gemeinschaftstoiletten immer ein schwieriges Thema sind. Das heißt aber nicht, dass wir dauerhaft Toiletten hinnehmen sollten, die schon unmittelbar nach dem Putzen so aussehen, als hätten sie eine Grundreinigung dringend nötig. Eine Schule soll und darf kein Museum für Sanitäranlagen vergangener Zeiten sein. Wir arbeiten daran. Und nicht nur an den Toiletten. Mein Ziel sind Schulen, die in allen Bereichen moderne Ansprüche erfüllen. Ansprechende Klassenräume, gut ausgestattete Fachräume und angenehme Aufenthaltsmöglichkeiten für Pausen und den Ganztag gehören dazu. Und ... eine zeitgemäße digitale Ausstattung. Eine zeitgemäße digitale Ausstattung wünsche ich mir aber nicht nur für die Schulen, sondern für alle Bereiche unserer Stadt. Schnelles Internet zu attraktiven Bedingungen überall gehört dazu... Und eine digital aufgestellte Verwaltung. Wo immer es geht, sollen die Bürgerinnen und Bürger ihre Angelegenheiten von zu Hause aus regeln können ... Die Zeiten, in denen eine einfache Anfrage an die Verwaltung erst einmal dazu führt, dass ein Mensch in den Keller steigen muss, um die passende Akte aus dem Archiv zu holen, müssen baldmöglich Vergangenheit werden ...

Wir dürfen allerdings nicht vergessen, dass unser Leben ... nicht nur digital ist. Die Modernisierung unserer Sportangebote ist hier ein gutes Beispiel. Das gilt für die Möglichkeiten für Vereine und Gemeinschaften ebenso wie für Freizeitsportler ... Kultur ist uns ebenfalls ein wichtiges Thema. Wir können uns nicht darauf ausruhen, dass wir in der Festhalle ein kleines Juwel besitzen. Wir müssen Kultur auf allen Ebenen weiter fördern, das vielfältige Angebot erhalten und erweitern. Das reicht von Abo-Angeboten der Kulturverwaltung über ... eine hervorragende Stadtbibliothek ... bis zur Unterstützung freier Kulturangebote. Veranstaltungen wie Eier mit Speck, die Konzerte des Jazz-Circles, wie open-art, Dülken Kulturbunt oder das Kulturquartett zeigen in die richtige Richtung. Bürgerschaftliches Engagement zu unterstützen muss für die Stadt nicht lästige Pflicht, sondern gern geübte Kür sein. Wir müssen uns der Schätze, die wir in der Stadt haben, bewusster werden. Es kann nicht sein, dass eine Schenkung des Vereins für Heimatpflege dazu führt, dass in unserer Stadt darüber debattiert wird, ob ,die da oben' statt für die neue Skulptur das Geld lieber für die Einrichtung neuer Parkplätze ausgeben sollen. Außerhalb unserer Stadt beneidet man uns um diese Skulpturensammlung... Ohne Miteinander kommen wir nicht voran. Es gibt noch viele Beispiele. Denken Sie an den Einzelhandel... Die Stadt kann Feste und Aktionen organisieren. Für die Inhalte, für das attraktive Handelsangebot, müssen die ... Einzelhändler sorgen...

Auf diversen Facebook-Seiten wird suggeriert, dass eine andere Bürgermeisterin oder ein anderer Bürgermeister es schon richten würde. Gewissermaßen wie eine Kurfürstin, die allein bestimmen kann, wer wo was zu tun hat. Das sind Gruppierungen, die sich in ihren Aktionen aufs Meckern beschränken. Die zwar alles besser wissen, aber zugleich keine Verantwortung für das Miteinander übernehmen oder sich demokratischen Abstimmungen stellen. Diesen Zustand, der an vielen Stellen die Diskussionen über die Zukunft unserer Stadt vergiftet, müssen wir überwinden. Aber auch das werden wir schaffen. Im Miteinander derer, die konstruktiv für die Zukunft unserer Stadt eintreten. Im Miteinander derer, die nicht gegen Viersen arbeiten, sondern für ihre Stadt."

(RP)
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