Poetry Slam Die Leiden junger Poeten

Viersen · Selbsterdachte Texte in einer bestimmten Zeit ohne zusätzliche Hilfsmittel und in Eigeninszenierung einem Publikum vorzutragen, das dann einen Sieger kürt, das nennt man "Poetry Slam".

 Als Opener standen Lukas und Max auf der Bühne. Sie trugen gemeinsam vor, wie schwer es ein Poet heutzutage hat.

Als Opener standen Lukas und Max auf der Bühne. Sie trugen gemeinsam vor, wie schwer es ein Poet heutzutage hat.

Foto: Busch

Am vergangenen Wochenende fand zum fünften Mal ein solcher Dichterwettstreit in der Albert-Vigoleis-Thelen-Stadtbibliothek statt. Organisiert hat ihn die Stadt Viersen in Zusammenarbeit mit dem in der Szene bekannten "Slammer" und Autor Jonas Jahn. "Ich finde es wichtig, Jugendliche durch ,Poetry Slam#-Workshops und -Wettbewerbe an Literatur und Poesie heranzuführen und ihnen Freude am schriftlichen Ausdruck ihrer Gedanken und Gefühle zu vermitteln", sagte der Moderator.

Vor rund 80 Zuschauern trugen acht jugendliche Poeten ihre Texte vor. Einige von ihnen sind alte Hasen und hatten bereits in den vergangenen "Slams" auf sich aufmerksam gemacht. Durch Teilnahme an einem der Workshops, die Jahn in Mönchengladbach anbietet, konnten sie in die Welt der Poesie schnuppern und sich Inspirationen holen. Diese kamen dann auch im Vortragswettbewerb gekonnt zum Einsatz.

Doch auch unbedarfte junge Akteure waren dieses Mal dabei und verblüfften das altersgemischte Publikum mit ihren Darbietungen. Von ganz Alltäglichem, Gruseligem, Melodramatischem bis hin zu sozial- und gesellschaftskritischen Texten mit aktuellen politischen Bezügen fand alles, was Menschen bewegt, einen individuellen literarischen Ausdruck. Nach jedem Vortrag stand es den Zuschauern frei, sich mit einer Karte, die in die Höhe gehalten werden musste, für das vorgetragene Werk zu entscheiden. Blieb die Karte unten, gab es keinen Punkt. Alle Punkte wurden addiert und diejenigen mit der höchsten Anzahl kamen ins Finale.

Christiane Wetter, Leiterin der Stadtbibliothek, zeigte sich erfreut über das Interesse an der Veranstaltung. "Es ist toll zu sehen, dass der ,Poetry Slam' so viele Menschen interessiert", sagte Wetter. "Hier werden gute Werke vorgetragen und ich erkenne, dass sich die Texte insgesamt in Vergleich zu den vorherigen Veranstaltungen verändert haben. Sie sind tiefgründiger geworden und aktuelle Themen finden Äußerung."

Als "Opener" traten Lukas und Max auf. In ihrem gemeinsam vorgetragenen Text erzählten sie, wie schwer es mancher Poet heute hat, sich ganz auf seine Gedanken und das Schreiben zu konzentrieren, während er versucht, sich nicht durch den Lärm und die Hetze des Alltags ablenken und blockieren zu lassen.

Alina (19) gab eine bildhafte Hommage an das Meer zum Besten, während Carina (14) von ihren peinlich-liebenswerten Erlebnissen in der Englischstunde erzählte. Als einziger männlicher Vertreter berührte Kerem-Nuh (14) mit seinem melancholischen Text über Abschied, Ende und Neuanfang. Lea (16) richtete ein gekonnt gereimtes Wunschgedicht an den Weihnachtsmann und ließ alte Kindheitserinnerungen wach werden. Über ihre Ängste im Morgengrauen und vor der Rückgabe einer Bioklausur "slammte" Sonja (16). Die drei Jahre jüngere Kira (13) erzählte eine gruselige Zeitschleifengeschichte mit unerwartetem Ende. Emily (14) erinnerte daran, im Hier und Jetzt zu leben, um später Reue über nicht Erlebtes vorzubeugen, wohingegen sich Lisa (18) mit kritischem Text über das aktuelle sozial-politische Weltgeschehen ausließ.

Nach dem ersten Durchgang kamen fünf Jungpoeten weiter und gaben mehr Literarisches zum Besten. In einem spannenden Finale konnte sich Lea durchsetzen und den Poetry Slam für sich entscheiden.

Jiota Kallianteris

(paka)
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