Viersen Spurensuche am Viersener "Monte"

Viersen · Als Schüler traf sich Torsten Eßer mit Freunden am liebsten am "Monte Quasselino" in der Fußgängerzone. Den Hügel gibt es nicht mehr — aber Bilder und Anekdoten. Für ein Buch über den Treffpunkt bittet er Viersener um Hilfe

In der Innenstadt wurde 1972 ein Hügel angelegt. Der Spiel- und Diskutierhügel an der Lindenstraße hatte schnell einen Spitznamen weg: "Monte Quasselino", oder kurz "Monte". Auf dem Hügel spielten Kinder, Jugendliche trafen sich dort, und wer demonstrieren wollte, entfaltete seine Plakate auf dem "Monte". Der Trubel gefiel nicht jedem, schon kurz nach dem Bau gab es in Viersen Diskussionen über den "Monte" - über seine Fahnenstangen, seine Bäume, seine Besucher.

Längst gibt es den Hügel als Treffpunkt nicht mehr. 1996 wurde er abgerissen. Was bleibt, sind Bilder, Erinnerungen und Anekdoten. Torsten Eßer sammelt sie. Als Schüler traf er sich mit Freunden häufig am Monte. Der gebürtige Viersener machte 1985 am Humanistischen Gymnasium Abitur. An die Diskussionen um den "Monte", an die Auseinandersetzungen mit Anwohnern, die sich durch die Jugendlichen auf dem Hügel gestört fühlten, erinnert er sich noch gut.

Über die Geschichte des Hügels schreibt Eßer ein Buch. Seit zwei Jahren arbeitet er daran, vor Weihnachten soll es nun in diesem Jahr erscheinen. Eßer las unzählige alte Zeitungsartikel im Stadtarchiv, er durchstöberte Fotosammlungen und befragte viele Menschen, die sich noch an den "Monte" und die Geschichten drumherum erinnern.

Das Problem: An den "Monte" erinnern sich viele. An die genauen Daten von Ereignissen nicht. Deshalb braucht Eßer Hilfe. Er möchte wissen, wann Helmut Kohl bei einer Wahlkampfveranstaltung in Viersen war. Eßer weiß, dass Kohl damals bei Hammans einen Kaffee trank und Jugendliche auf dem "Monte" standen und gegen Kohl protestierten - aber wann war das? Auch haben Menschen dem Autor erzählt, dass Johannes Rau einst auf dem "Monte" stand. Aber wann? Eßer hofft, dass sich jemand an die genauen Daten erinnert, wenigstens an das Jahr. Dann könnte er in den Archiven nachsehen, ob er weitere Informationen dazu findet.

Für die Recherche zum "Monte-Buch" hat der Journalist eine Internet-Seite erstellt. Dort zeigt er alte Fotos aus der "Monte"-Zeit. Eßer hofft, dass sich Menschen melden, die sich selbst, Freunde oder Familienmitglieder auf den Bildern wiedererkennen. Denn er wüsste gern, wer auf diesen Fotos zu sehen ist, wer dort demonstrierte oder ein Konzert gab. Außerdem sucht er Paare, die sich am "Monte" kennenlernten, und ihm für sein Buch vielleicht ihre Liebesgeschichte erzählen. Bei seiner Arbeit hat er festgestellt, dass der "Monte" für die Viersener ein besonderer Treffpunkt war: "Die kleine Betonschnecke war bedeutsam für die Menschen, nicht nur für Jugendliche."

Das Monte-Buch, das im Viersener Kater-Verlag erscheint, wird zwei Teile haben: einen Sachteil, in dem Eßer die Geschichte des Hügels - von der Planung der Viersener Fußgängerzone bis zum Abriss des "Monte" - beschreibt, und einen Teil mit Erinnerungen, Geschichten, Bildern, Anekdoten. Den Sachteil schreibt er gerade, dann soll der Erinnerungsteil folgen. Der aus Viersen stammende Autor Markus Orths ("Lehrerzimmer", "Alpha Omega") steuerte für diesen Teil eine Geschichte bei, mit Terrorexperte Elmar Theveßen, der am "Monte" wohnte, führte Eßer ein Interview. "Je mehr ich darüber erfahre, desto mehr bedaure ich, dass der ,Monte' abgerissen wurde", sagt Eßer und fügt nachdenklich hinzu: "Aber man weiß natürlich nicht, ob sich die Leute heute noch auf den ,Monte' stellen würden."

(RP)
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