Schwalmtal Sicherheitsmängel: Kreis evakuiert Haus

Schwalmtal · In einem dreigeschossigen Gebäude in Schwalmtal sind etliche der Wohnungen nicht genehmigt. Zudem gibt es Sorgen wegen Brandschutz. Die Bauaufsicht hat jetzt angeordnet, dass einige Mieter die Wohnungen verlassen müssen.

 In Hostert müssen Mieter aus ihren Wohnungen ausziehen.

In Hostert müssen Mieter aus ihren Wohnungen ausziehen.

Foto: Senf

Ulrike Gottschalk war noch ziemlich schläfrig, als sie Mitarbeitern des Kreisbauamtes Mitte der Woche vormittags die Tür öffnete. Die 36-Jährige arbeitet in der Nachtschicht, die Klingel hatte sie geweckt. Die Mitarbeiter wollten sich ihre Wohnung ansehen und die Fenster vermessen, es gebe Bedenken wegen des Brandschutzes, erinnert sich die Bewohnerin. Kurz danach habe festgestanden: Gottschalk muss aus ihrer Wohnung raus.

Vor wenigen Tagen hatte der Kreis den Hinweis erhalten, dass sich in dem denkmalgeschützten Gebäude in Hostert deutlich mehr Wohnungen befinden als genehmigt. Weil bei einigen der zweite Rettungsweg fehlt, also etwa Fenster zu klein sind, sah sich das Bauamt gezwungen, das Haus bis heute zu evakuieren. Gottschalk wollte gestern noch einmal in ihrer Wohnung ausschlafen und dann die Sachen packen. Zunächst einmal kommt Ulrike Gottschalk nun bei einem Bekannten unter.

In einer E-Mail, die unserer Redaktion vorliegt, heißt es, der Eigentümer habe in dem Haus 38 Wohnungen ohne Wissen des Bauamtes gebaut. Kreissprecher Markus Wöhrl will diese Zahl weder bestätigen noch dementieren. Fakt sei demnach: In der Wohnanlage wurden im Jahr 1964 zwölf Wohnungen genehmigt. "Diese hat es bei der Bauabnahme auch gegeben", sagt Wöhrl. Nun aber seien es deutlich mehr. Welche Strafe den Hauseigentümer dafür erwartet, müsse noch geklärt werden. Grundsätzlich könne er aber nachträglich eine Baugenehmigung beantragen. Er müsse allerdings mit entsprechend höheren Gebühren und einem Bußgeld rechnen.

Als akute Gefährdungslage aber empfindet der Kreis, dass in manchen der Wohnungen ein zweiter Rettungsweg fehlt. Gerade nach dem Brand des Grenfell-Towers mit mindestens 80 Toten vor gut einem Monat in London sei man sehr sensibel, sagt Wöhrl.

Betroffen sind laut Bernd Gather, Planungsamtsleiter in der Gemeinde Schwalmtal, fünf Räume. "Dort ist ein zweiter Rettungsweg auch nicht kurzfristig nachrüstbar", sagt er. Seines Wissens nach handele es sich wohl um Einraumwohnungen. Weil in dem Gebäude ausreichend Leerstände, etwa im Erdgeschoss, vorhanden seien, müsse kein Mieter anders untergebracht werden, "es können ihnen Ersatzräume zur Verfügung gestellt werden", sagt Gather.

Der Eigentümer selbst wohne nicht in dem Gebäude. Laut Gather sei in den vergangenen Tagen mit ihm gesprochen worden, er kenne die notwendigen Änderungen und habe einen Architekten eingeschaltet. Die Frage sei nun, so Gather, ob sich der Aufwand eines Umbaus überhaupt lohne. "Der ist nicht zwischen Tür und Angel zu machen", sagt der Bauamtsleiter. Ob und wann die Bewohner in ihre Wohnungen zurück können, sei darum unklar. "Ich denke, dass es eher Herbst ist, bis Maßnahmen anlaufen", sagt Gather.

So lange will Gottschalk nicht warten. Die Bewohnerin hat nun einen Anwalt eingeschaltet und hofft, kurzfristig aus ihrem Mietvertrag aussteigen zu können.

(RP)
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