Viersen Rollt der "Big Bass" ein weiteres Jahr?

Viersen · Aus Schwalmtal und Niederkrüchten gibt es Signale, den rollenden Jugendtreff "Big Bass" zunächst bis Ende 2016 erhalten zu wollen. Der Kreisjugendhilfeausschuss wird über die Zukunft des Busses nun am 9. September beraten.

 Sozialpädagoge Eric Loll fährt mit dem rollenden Jugendtreff "Big Bass" verschiedene Standorte in Niederkrüchten und Schwalmtal an. Der "Big Bass" ist ein Projekt, über seine Fortsetzung wird immer wieder diskutiert.

Sozialpädagoge Eric Loll fährt mit dem rollenden Jugendtreff "Big Bass" verschiedene Standorte in Niederkrüchten und Schwalmtal an. Der "Big Bass" ist ein Projekt, über seine Fortsetzung wird immer wieder diskutiert.

Foto: Busch

"Wenn ich traurig bin, kann ich mich dort zurückziehen", sagt Tobias. "Ich kann im ,Big Bass' einfach rumsitzen und mit Freunden reden", sagt Jason. Die Fünftklässler besuchen die Janusz-Korczak-Realschule in Waldniel. Donnerstags besuchen sie in der Mittagspause den rollenden Jugendtreff "Big Bass", den Sozialpädagoge Eric Loll dann auf den Schulhof fährt. Die Kinder möchten, dass der Bus bleibt. 242 Unterschriften wurden jetzt an der Schule für den Erhalt des "Big Bass" gesammelt. Realschulleiter Wolfgang Kötting appellierte dazu an die Mitglieder des Sozialausschusses: "Wir hoffen, Sie halten es wie Janusz Korczak: Dem Kinde verpflichtet."

Die Zukunft des rollenden Jugendtreffs ist weiterhin unklar. Das ist für Eric Loll und die Kinder und Jugendlichen in Schwalmtal und Niederkrüchten nichts Neues. Alle zwei Jahre war der "Big Bass" als Projekt in den vergangenen Jahren verlängert worden, immer wieder hatte man in den Kommunen und beim Kreis darüber diskutiert, was aus dem Bus werden soll. 2012 gab es eine Evaluation der Forschungsstelle für sozialraumorientierte Praxisforschung und Entwicklung (FSPE) an der Fachhochschule Düsseldorf um Prof. Dr. Ulrich Deinet. Deinets Fazit lautete: "Wenn ,Big Bass', dann richtig" - mit dem Hinweis darauf, dass eine zweite pädagogische Fachkraft nötig sei.

Die Einstellung einer zweiten Fachkraft für den "Big Bass" wäre mit deutlich höheren Kosten verbunden, was weder die klammen Kommunen Schwalmtal und Niederkrüchten noch der Kreis tragen könnten. Dass man damit Anforderungen an den rollenden Jugendtreff stellt, die für fest installierte Jugendzentren im Kreis nicht gelten, stellten beratende Mitglieder im Kreisjugendhilfeausschuss in dessen Sitzung im Mai 2015 fest: Es sei bei den Jugendzentren im Kreis üblich, so minderbesetzt zu sein, erklärte etwa Klaus von der Heiden, als beratendes Mitglied für die katholische Kirche im Ausschuss.

Der rollende Jugendtreff war vor zwei Jahren als Projekt zunächst bis Ende 2015 verlängert worden. Das hatte der Kreistag damals mehrheitlich beschlossen. Daraufhin stellten Niederkrüchten und Schwalmtal in ihre Haushaltspläne für 2016 kein Geld mehr für den "Big Bass" ein. Bisher beteiligte sich Niederkrüchten pro Jahr mit knapp 16 000 Euro - das sind 17,5 Prozent der Gesamtkosten - an dem Projekt. Schwalmtal leistete den gleichen Anteil, wollte den aber im Rahmen der Haushaltskonsolidierung gern einsparen. Der Kreis gab 50 Prozent, die katholischen Kirchengemeinden von Elmpt, Niederkrüchten und Schwalmtal steuerten die restlichen 15 Prozent bei. Im April gründete sich in Niederkrüchten ein Förderverein für den rollenden Jugendtreff, der auch die eventuell nötige Neuanschaffung eines Busses unterstützen will.

Über die Zukunft des "Big Bass" berät der Kreisjugendhilfeausschuss nun am 9. September. Damit er eine Empfehlung für den Kreistag aussprechen kann, mussten sich nun der Kirchengemeindeverband als Träger sowie die Kommunen Schwalmtal und Niederkrüchten positionieren. Für den Kirchengemeindeverband appellierte der Vorsitzende, Pfarrer Alexander Schweikert, an die Fraktionsvorsitzenden, den Bus in eine Regeleinrichtung zu überführen. Ein Argument: "Der ,Big Bass' erreicht Jugendliche, die ein fester Jugendtreff nicht erreichen würde", so Schweikert.

Die Gemeinde Niederkrüchten setzte in ihrer jüngsten Ratssitzung ein Zeichen für den Erhalt des Busses: Der Rat beschloss, Geld für eine Fortführung des Projekts in den Haushaltsplan 2016 einzustellen. Dies ist an die Voraussetzung geknüpft, dass sich die übrigen Kooperationspartner ebenfalls für eine Fortsetzung aussprechen und dass die personelle Ausstattung nicht erweitert wird. Auch der Sozialausschuss der Gemeinde Schwalmtal votierte jetzt mehrheitlich für die Verlängerung bis zum 31. Dezember 2016. Sollte der Kreistag dem folgen, müsste man 2016 erneut über die Zukunft des "Big Bass" diskutieren. Daher sprach sich Dr. Marco Kuhn (SPD) auch dafür aus, endlich eine Entscheidung zu treffen. Solch eine Hängepartie sei weder Loll noch den Kindern und Eltern zuzumuten.

Der Sozialausschuss votierte mehrheitlich für die Ein-Jahres-Verlängerung auch unter der Maßgabe, dass der Träger einen nach Altersgruppen und Standorten differenzierten Nachweis der Besucherzahlen erbringt. Diese Zahlen sollen noch nachgeliefert werden, Loll verwies im Ausschuss auf 190 Stammgäste, die den Bus regelmäßig besuchen. Aus pädagogischer Sicht warnte Dr. Klaus Esser, Leiter des Bethanien Kinderdorfs, davor, die Zukunft des Busses von Besucherzahlen abhängig zu machen: Sozialarbeiterische Qualität lasse sich nicht an Zahlen festmachen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort