Kreis Viersen Reifeprüfung mit Shakespeare

Kreis Viersen · Erst "Macbeth", nun "Romeo und Julia" – die Werke von William Shakespeare sind allgegenwärtig im Englisch-Zentralabitur. Das Ensemble von "TNT Britain" bot in St. Tönis eine Kostprobe – und überzeugte.

Zwei Familien, die so verfeindet sind, dass die Liebe ihrer Kinder ohnehin zum Scheitern verurteilt ist. Und dann dieses Ende: Er bringt sich um, weil er sie tot wähnt. Plötzlich erwacht die Scheintote, erblickt den leblosen Geliebten neben sich. Sie greift zum Dolch, beendet ihr eigenes Leben. Doch es regieren beileibe nicht nur Mord und Totschlag in William Shakespeares "Romeo und Julia". Zwischendurch ist die Tragödie immer wieder ein Fest der Wortspiele, des Humors. Es wird getanzt, getrunken. Eigentlich wäre dieses Stück, 1597 uraufgeführt, prädestiniert, um die Jugend des 21. Jahrhunderts in seinen Bann zu ziehen. Nur wie sehen das die angehenden Abiturienten von heute?

Organisiert vom Stadtkulturbund

Im Forum Corneliusfeld öffnet sich der Vorhang. Der Tönisvorster Stadtkulturbund hat das angesehene Ensemble von TNT Britain in die Apfelstadt am Niederrhein geholt. Im Publikum sitzen nicht nur langjährige Theaterliebhaber und eingefleischte Shakespeare-Fans, sondern auch jede Menge Schüler, die am 21. April erneut auf "Romeo und Julia" treffen könnten: in den zentralen Abiturprüfungen ihres Englisch-Leistungskurses. In den Vorgaben "aus Düsseldorf" – wie es im Schuljargon heißt, wenn vom zuständigen Ministerium in der Landeshauptstadt die Rede ist – findet sich viel Modernes. Der Jahrgang 2010 hat sich mit der Globalisierung beschäftigt, mit dem amerikanischen Traum und Huxleys "Schöne neue Welt". Für Shakespeares Sonette und seine Tragödie "Romeo und Julia" geht es jedoch weit in die Vergangenheit.

Carmen Weidler und ihr Stufenkollege Tobias Twietmeyer haben sich mit dem Stück jedoch nie richtig anfreunden können. Das liege vor allem an der alten Sprache, meint Weidler. Twietmeyer fand Themen wie Globalisierung weitaus ansprechender. Dass die Werke von Shakespeare immer noch als relevant betrachtet werden, könnten sie nachvollziehen. "Aber richtig Spaß habe ich dabei nicht", so Twietmeyer. Schon ansprechender fand Cristina Sczyrea die Werke des großen Dichters. "Es war mal etwas anderes", sagt die 18-Jährige. Und wenn in ein paar Wochen eine Klausur mit dem Thema Gentechnologie und eine mit "Romeo und Julia" vor ihr liege, würde sie sich auf jeden Fall für Letztere entscheiden. "Das Stück ist schwierig für die Schüler, weil es nicht aus ihrer Alltagswelt kommt", findet Reiner Heese, Englischlehrer am St. Töniser Michael-Ende-Gymnasium. "Aber es gab auch Sympathien für Shakespeare." Der Wortwitz des wohl bedeutendsten englischen Dichters habe überzeugt. Und überhaupt sei "Romeo und Julia" völlig zeitlos. Denn es zeige, so Heese, ganz typische Eigenschaften des Menschen – und die seien nun einmal nicht an Jahrhunderte gebunden.

"Klar würden die Schüler lieber auf ein Rockkonzert gehen", zeigt der Lehrer Verständnis. "Aber auch bei Shakespeare gab es im Theater keinen Elite-Gedanken. Da wurde im Publikum gelacht, getrunken, gegessen." Theater im 16. und 17. Jahrhundert: Das Rockkonzert von damals?

(RP)
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