Viersen Proben für die Körperskulpturen

Viersen · Mitte Oktober kommt das Kunstprojekt "Urban Spaces" nach Viersen. Freiwillige üben nun dafür

 Esther Steinkogler gehört zur Willi Dorner Company aus Wien. Sie trainierte in der Festhalle mit den Freiwilligen.

Esther Steinkogler gehört zur Willi Dorner Company aus Wien. Sie trainierte in der Festhalle mit den Freiwilligen.

Foto: Busch

Freitagnachmittag in der Viersener Festhalle. Die Bestuhlung ist weggeräumt, die Halle zeigt sich in einem ungewohnt geräumigen Glanz. Es ist es - noch - still. Nur eine zierliche Frau macht zu leiser Musik aus dem Computer Dehnübungen. Irgendwo in einer Ecke ist ein Tisch aufgebaut mit Wasser- und Saftflaschen und energiegeladenen Schokoladenriegeln. Diese werden im Laufe der nächsten beiden Stunden geleert oder aufgeknabbert worden sein.

Die junge Frau auf der Bühne ist Esther Steinkogler. Die in Wien lebende Tänzerin gehört zur Willi Dorner Company, Wien, die eine Show für den öffentlichen Raum entwickelt hat. "Bodies in urban spaces" heißt der Titel. Sie wird im Oktober in Viersen gezeigt werden. Steinkogler hat eine Vielzahl von Performances einstudiert und geleitet, mit jungen Menschen zumeist. Einer war "über Fünfzig" - aber das habe auch funktioniert.

Im Foyer der Festhalle wartet mittlerweile ein gutes Dutzend junger Erwachsener auf den Beginn der Audition.

Noch wissen sie nicht genau, was sie erwartet - bis auf zwei "Dorner-Kenner", die bereits in Köln an einer Performance teilgenommen haben. Der Charme dieser Kunstaktion: Laien mit Tanz-, Yoga-und Sporterfahrung, mit Lust an und auf Bewegung bauen die Körperskulpturen. Bis auf die beiden Kölnerinnen kommen die 17- bis 32-Jährigen aus Viersen und Umgebung. Schüler aus dem Q1 Kunstkurs des Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasiums sind von ihrer Kunst- und Deutschlehrerin Alexandra von Ophuysen animiert worden, sich an der Audition zu beteiligen. Launig und nicht ganz ernst gemeint verhandeln sie "Belohnungen" in Form von Extrapunkten für die im kommenden Jahr anstehenden Klausuren. Kurz gesagt, die Laune ist sehr gut, als Esther Steinkogler die jungen Leute auf die Bühne holt und erklärt, worum es in den nächsten zwei Stunden und in der Show geht.

Eine Skulptur aus Körpern in Nischen aufbauen, die Position etwa fünf Minuten halten, zur nächsten Station laufen, dort die Skulptur bauen und das über einen langen Parcours, der zur Städtischen Galerie führen wird - das wird anstrengend. Und: Bunte Kleidung sollen die Performer tragen: "Es ist ein bisschen wie Eiersuchen fürs Publikum", erklärt Steinkogler die Wirkung des Skulpturenparcours.

Jetzt wird es ein wenig stiller in der Runde, das eine und andere Gesicht wird nachdenklicher - aber das ändert nichts an der Energie, mit der sich die potenziellen Performer ans Werk begeben: Harmlos geht es los, mit Stop-and-go-Bewegungen - dass man dabei auf die Mitläufer achten muss, merken einige erst nach einigen Minuten. Dann geht es zu den Kontaktübungen, blind führen, sich fallen lassen: Scheu vor dem Körper des unbekannten Nachbarn wäre hinderlich. Vertrauen wird großgeschrieben. Dann kommen Überrollübungen, von denen einem schon beim Zusehen ganz anders wird. Die T-Shirts werden minütlich schweißnasser, der Griff zur Wasserflasche häufiger, die Gesichter angespannter - aber keiner gibt auf. Hier und da hört man "gar nicht so einfach" oder ein Stöhnen und Ächzen.

Höhepunkt des Nachmittags ist das, was Steinkogler "free standing" nennt: eine Skulptur aus Körpern unabhängig von Architektur. Herausfordernd, dieses unübersichtliche, an die Laokoon-Gruppe erinnernde Menschenköpergebilde! Laokoon und seine Söhne hatten immerhin eine Schlange.

Am Ende sind alle erschöpft, aber begeistert.

(b-r)
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