Viersen Neues Kreisarchiv ist Leuchtturmprojekt

Viersen · Schadstoffarm, nachhaltig und dabei wirtschaftlich soll der Bau am Ransberg in Dülken umgesetzt werden - geplant nach dem Prinzip der zirkulären Wertschätzung. Damit möchte der Kreis Viersen eine Vorreiterrolle einnehmen

 Jeder Baustein des neuen Kreisarchivs soll genau geprüft werden. Kreisdirektor Ingo Schabrich (v.l.), Landrat Andreas Coenen und Bruno Wesch, Leiter des Gebäudemanagements beim Kreis, erklärten gestern, wie das geht.

Jeder Baustein des neuen Kreisarchivs soll genau geprüft werden. Kreisdirektor Ingo Schabrich (v.l.), Landrat Andreas Coenen und Bruno Wesch, Leiter des Gebäudemanagements beim Kreis, erklärten gestern, wie das geht.

Foto: Nadine Fischer

Vom Beton bis zum Bürostuhl, vom Teppich bis zum Trinkbecher: Jeder Baustein des neuen Kreisarchivs wird genaustens geprüft. Enthält der Holzkleber an den Regalen Schadstoffe? Ist der Beton chemisch behandelt, lässt sich beim Schreibtisch die Liste der verwendeten Materialien exakt auflisten? Der Kreis Viersen möchte Gebäude und Ausstattung nach dem Prinzip der zirkulären Wertschätzung, auch "Cradle to cradle" (von Wiege zu Wiege) genannt, planen lassen - Vorbild ist das Rathaus in Venlo. Damit werde das Kreisarchiv zum Leuchtturmprojekt, sagt Landrat Andreas Coenen (CDU). Der Kreis Viersen übernehme eine Vorreiterrolle, beraten lässt er sich dabei unter anderem von Ministerium für Wirtschaft des Landes NRW. "Wir wollen keinen herkömmlichen Zweckbau errichten. Es geht um eine Optimierung des Denkens und der Produktionsabläufe", betont Coenen. Weitere Projekte im Kreis Viersen sollen folgen.

Hinter der zirkulären Wertschätzung steht die Idee, beim Bau möglichst wenig Müll zu produzieren, also von der Wiege an nachhaltig zu planen und in Kreisläufen zu denken: Wird ein Bürostuhl in ein paar Jahren nicht mehr gebraucht, lässt er sich komplett demontieren und jedes Einzelteil neu verwerten. Zu 100 Prozent lasse sich das beim Bau des Kreisarchivs vermutlich nicht umsetzen, sagt Kreisdirektor Ingo Schabrich: "Aber an die 80 Prozent wollen wir uns annähern." Wenn das gelinge, "kann man sich damit landesweit, wenn nicht gar bundesweit sehen lassen".

Im Dezember 2020 soll das Kreisarchiv fertig sein, "das steht fest", betont Bruno Wesch, Leiter des Gebäudemanagements im Kreis. Nach dem Prinzip Cradle to cradle zu bauen, sei nicht das Problem. Die gesamte Vorplanung sei jedoch eine ganz neue Herausforderung. Es gebe keinen ähnlichen Funktionsbau, also keine Erfahrungswerte, bekräftigt Schabrich.

"Wir müssen umdenken und uns andere Fragen stellen", sagt Wesch. "Brauchen wir wirklich so viel Technik und Chemie? Können wir nicht anders konstruieren?" Das Rathaus in Venlo habe zum Beispiel keine Klimaanlage, dort werde die natürliche Thermik zur Klimatisierung genutzt. Wesch möchte auch beim Kreishaus auf eine Klimaanlage verzichten, lieber nach anderen Wegen suchen, um konstant die jeweils bestmöglichen Temperaturen in den verschiedenen Gebäudeteilen zu halten. Derzeit erstellen 20 Architektenbüros ihre Entwürfe für den Bau. Die Kreisverwaltung hat den Wettbewerbern mitgeteilt, was ihr besonders wichtig ist: dass mehr Energie erzeugt als verbraucht wird etwa und dass ein gutes Raumklima geschaffen wird. "Wir möchten ein zukunftsträchtiges Gebäude umsetzen, das praktisch, nachhaltig und wirtschaftlich ist", sagt Coenen. Und sollte es irgendwann einmal abgerissen werden müssen, "haben wir keine Entsorgungskosten - wir haben ein Wertstofflager".

(RP)
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