Viersen Nachts im Museum das Gruseln lernen

Viersen · Einen spannenden Abend erlebten die Besucher im Niederrheinischen Freilichtmuseum. Kevin Gröwig führte bei Einbruch der Dunkelheit durchs dustere Museumsgelände und stellte nachtaktive Gestalten vor.

 Keinen Grund zum Gruseln bot die Dorenburg zum Auftakt der Naturparkschau im Mai vor vier Jahren. Von solcher Leuchtkraft haben Menschen einst nicht einmal zu träumen gewagt.

Keinen Grund zum Gruseln bot die Dorenburg zum Auftakt der Naturparkschau im Mai vor vier Jahren. Von solcher Leuchtkraft haben Menschen einst nicht einmal zu träumen gewagt.

Foto: Kaiser

Kaum brennt die Flamme in der Feuerhand, hebt Kevin Gröwig die Öllaterne hoch. "Dunkelheit ist nur die optische Wahrnehmung von wenig Licht. Die Sonne verschwindet hinter dem Horizont. Die Dunkelheit ist der Eigenschatten der Erde", erklärt der stellvertretende Museumsleiter Besuchern, die am Abend ins Niederrheinische Freilichtmuseum gekommen sind.

Der Titel "Im Dunkel der Nacht - Abendführung durch das Museum" hat sie hierher gelockt. Gröwig erinnert daran, dass die flächendeckende Straßenbeleuchtung erst im späten 19. Jahrhundert ihren Einzug hielt. Früher war es Bürgern vorgeschrieben, in der Dunkelheit eine Pechfackel oder eine Lampe mitzunehmen. "Wer es nicht tat, war verdächtig und damit kein rechschaffender Bürger", bemerkt Gröwig. Er selbst trägt, ganz rechtschaffen die Lampe, zum Grenzstein. Um solche Steine ranken sich Mythen. "Wer zu Lebzeiten die Grenzsteine versetzte oder über sie hinüber pflügte, der kam als Feuermann wieder. Ein Wiedergänger in Form eines Gerippes, aus dem Flammen schlugen", erzählt Gröwig.

Bei Nacht und Nebel muss ein Feuermann den Weg zeigen. Wehe aber dem, der dies nicht mit einem "Vergelt's Gott" dankte. "Der bekam eine Ohrfeige, oder der Feuermann zündete sein Haus an", berichtet Gröwig. Er erzählt von Irrlichtern, die verstorbene, ungetaufte Kinder sein sollen. Die Irrlichter, blaue Flämmchen, die auf Friedhöfen und Sümpfen flackern und Menschen "in die Irre führen", lassen gruseln.

Dass der Schatten den kleinen Bruder der Dunkelheit darstellt, die Schattenwelt das Reich der Toten ist oder was es mit Sprichwörtern wie "Etwas wirft seinen Schatten voraus" auf sich hat - Gröwig weiß vieles auf spannende und unterhaltsame Art zu berichten. Er erklärt "Ombromanie", das ist ein Schattenspiel, in dem Hände verschiedene Figuren formen. Gröwig zeigt es mit Karten aus dem Spielzeugmuseum, die vorgegeben, wie die Hände im Licht der Taschenlampe Pferde, Hähne und Enten bilden.

In der Kutschenremise steht der pechschwarze Leichenwagen, den einst Pferde zogen. Daran brennen nun zwei rote Grabkerzen, die unheimlich flackern. Gröwig erzählt vom Nachzehrer, dem nachgesagt wurde, dass er ganze Familien auslöschen konnte. "Im 16. Jahrhundert sind viele Gräber geöffnet worden, weil die Menschen ein Schmatzen aus dem Grab hörten. Das war ein Zeichen für einen Fachlehrer war", berichtet er.

An der Hofanlage Rasseln fällt das Licht der Taschenlampe ins Innere und zeigt, wie sich Menschen vor bösen Geistern schützten. Wer hineinleuchtet, blickt auf Bilder von Jesus und Marie sowie auf einen Spiegel gegenüber den Fenstern ist. Fiel der Blick des bösen Geistes darauf, so suchte er das Weite. "Ein Kreuz samt geweihtem Buchsbaum waren auch sehr beliebt", berichtet Gröwig. Weil Buchsbaum vor Geistern und Dämonen schützen sollte, gab es viele Buchsbaumhecken in den Gärten.

Herzliches Lachen ist zu hören, als Gröwig die damaligen Tipps gegen den Alb verrät. Sie reichen von Schuhen, die falsch herum vors Bett gestellt werden, bis zum Schlüsselloch verstopfen. Die Tiere der Nacht erwachen im Freilichtmuseum ebenfalls zum Leben. Auch wenn keine Eule gesichtet wird, so sind die Schilderungen von Gröwig so lebendig, dass sich ein jeder den lautlosen Flug bestens vorstellen kann. In der Schnapsbrennerei kommen die Hausgeister zur Sprache. Und weil man die am besten mit einem Schnäpschen besänftigen konnte, gibt es eins für alle Teilnehmer zum Abschluss der Tour.

(RP)
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