Viersen Musikalische Experimente mit Klavier und Quietscheente

Viersen · Für ein Konzert der Muziek Biennale Niederrhein war Dorrit Bauerecker zu Gast auf dem Tho-Rieth-Hof in Viersen

"Musik wird oft nicht schön gefunden, weil stets sie mit Geräusch verbunden" - Wilhelm Buschs spitzzüngiges Bonmot über Musik ist in aller Menschen Gedächtnis. Damit kein Missverständnis aufkommt: Ebenso wie die Gäste in der wie immer dicht besetzten Scheune des Tho-Rieth-Hofes war auch die Autorin fasziniert und begeistert von dem Konzert der one-manband, bestehend aus der 1973 geborenen Kölner Pianistin und Akkordeonistin Dorrit Bauerecker.

Das Zitat von Busch - auch wenn dieser es ganz anders gemeint haben mag - führt mit dem Begriff "Geräusch" vor Augen, dass die neue Musik viel mehr ist als das Spielen auf einem Instrument. Aber dazu später mehr.

Die Familie Breidenbach beteiligte sich als Gastgeberin mit dem Konzert in ihrer Scheune an der Muziek Biennale Niederrhein. Sie stand unter dem Motto "Zukunftsmusik an Rhein und Maas". Seit 2008 findet die musikalische Großveranstaltung alle zwei Jahre an vielen Orten diesseits und jenseits der Grenze statt und präsentiert ungewöhnliche Konzerte.

Der Musikerin Dorrit Bauerecker zu Füßen lag der für Regie, Medien und Technik zuständige Sven Post (damit auch hier kein Missverständnis aufkommt: dies war lediglich der Enge der Scheune geschuldet), über eine Leinwand und ein Video war der Bonner Musikwissenschaftler und Journalist Alexander Kleinschrodt mit (leider oft schwer verständlichen) Einführungs- und Erklärungskommentaren anwesend.

Bauerecker präsentierte mit ihrem Konzertprogramm ein eigenes Projekt mit sowohl eigens für sie komponierten Stücken, aber auch mit barocker Musik. Ihr musikkünstlerischer Schwerpunkt liegt in der Erforschung der beiden Pole U- und E-Musik. Was scheinbar so unvereinbar ist, bringt Bauerecker zusammen. Stücke von Moritz Eggert standen im Mittelpunkt, Niklas Seidl steuerte eine Komposition bei, ebenso wie Oxana Omelchuk. Auch "La Poule" des barocken Komponisten Jean Philippe Rameau oder "Blackbird" von Paul McCartney standen auf dem Programm.

Natürlich nicht klassisch-konservativ. Bauerecker performt, experimentiert, spielt mit den Instrumenten, auch solchen, die man nicht üblicherweise zu Instrumenten, sondern zu geräuscherzeugenden Objekten zählen würde - wie Quietscheente oder Metronom. Oder sie nimmt Kinderinstrumente wie Melodika und Toypiano.

Sie spielt Klavier: mithilfe der Tasten, die sie mit den Fingern, aber auch mit der Nase, dem Gesäß, den Ellenbogen anschlägt. Sie spielt Klavier, indem sie es als Percussioninstrument betrachtet, auf dem man rhythmisch klopfen kann. Alles ist möglich in der neuen Musik. Vieles ist auch ironisch zu verstehen: Wenn sie vor einem Stück theatralisch die Arme hochreißt, übertrieben atmet, dann nimmt sie die manierierten Gesten der Pianisten aufs Korn. Im Gespräch erwähnt die Künstlerin den Begriff der Multitaskingvirtuosität - genau das leistet Bauerecker grandios.

Und weil Buschs Bemerkungen einfach zu schön ist, noch eine zum Schluss: "Ein gutes Tier ist das Klavier, still, friedlich und bescheiden. Und muss dabei doch vielerlei erdulden und erleiden!" Der Scheunenflügel der Familie Breidenbach hat's prima überlebt und das Publikum es ihm und Bauerecker mit lang anhaltendem Applaus gedankt.

(b-r)
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