Niederkrüchten Mit Gasmaske und Regenschirm ins Freibad Niederkrüchten

Niederkrüchten · Unser Autor arbeitete einen Tag lang als Bademeister im Freibad Niederkrüchten. Statt Badehose brauchte er aber einen Schirm.

 Etwa alle fünf Tage muss das Chlorgas im Freibad Niederkrüchten ausgetauscht werden. Wichtigstes Utensil: eine Atemschutzmaske - wie hier nachgestellt.

Etwa alle fünf Tage muss das Chlorgas im Freibad Niederkrüchten ausgetauscht werden. Wichtigstes Utensil: eine Atemschutzmaske - wie hier nachgestellt.

Foto: Siemes, Horst (hosi)

Beim Stichwort Bademeister musste ich bisher immer sofort an "Baywatch" denken: David Hasselhoff rennt braun gebrannt, in roter Shorts mit seinem Rettungsbrett am Strand von Malibu entlang, springt beherzt ins Meer und rettet die hübsche Blondine aus den Fluten. Rettungsschwimmer — ein Traumjob!

Das wollte ich auch mal ausprobieren. Doch als ich im Freibad Niederkrüchten ankomme, gießt es Bindfäden. Die Sonne spielt Verstecken. Ein paar Rentner ziehen unbeirrt ihre Bahnen im Wasser. "Ist doch egal, ob es regnet. Nass werden wir sowieso", sagt eine von ihnen und steigt ins Becken. Schwimmmeister Detlef Krenz steht am Eingang des Freibads, schaut wie die Tropfen auf die Wasseroberfläche prasseln. Er trägt eine kurze Jeans, keine rote Badehose. "Dann müssen wir uns heute eben um andere Dinge kümmern", sagt er. Welche anderen Dinge?, frage ich mich. Ich hatte eigentlich gehofft, den ganzen Tag mit dem Fernglas auf einem Hochsitz am Beckenrand zu verbringen. Doch daraus wird wohl nichts. Es gibt weder Hochsitz noch Fernglas. Stattdessen drückt mir Krenz einen Kescher in die Hand. Das Becken muss gereinigt werden, ich fische nun Laub aus dem Wasser.

Als die letzten Blättchen in dem feinen Netz gelandet sind, nehmen wir eine Wasserprobe. Mehrmals am Tag werden der Chlorgehalt und pH-Wert gemessen. Sind die Richtwerte nicht in Ordnung, muss nachgebessert werden. "Wir haben hier Chlorgasflaschen, mit denen das Wasser gereinigt wird. Dosiert wird alles manuell per Hand", sagt Krenz. Der Schwimmmeister beugt sich tief über den Beckenrand, holt mit einem Plastikfläschchen einen Schluck Wasser heraus. Ich halte zwei Reagenzgläser in der Hand, in jedem befindet sich eine Farbtablette. Als ich das Wasser hinein gieße, färbt sich der Inhalt der schmalen Röhrchen sofort violett und orange. "Alles in Ordnung", sagt Krenz. Das Wasser ist rein.

Für die gute Qualität sorgt auch der Regen. Selbst, wenn das schlechte Wetter nicht unbedingt die Freibadkasse füllt, sei er für das Schwimmbad gut, sagt Krenz: "Durch den Regen kommt frisches Wasser ins Becken. Dann müssen wir nicht mit Leitungswasser nachspülen und sparen Kosten."

Etwa alle fünf Tage muss eine Chlorgasflasche im Freibad Niederkrüchten ausgewechselt werden. Ich schnalle mir eine Gasmaske um und öffne den Verschluss des Druckbehälters mit einer Zange. Obwohl keine sommerlichen Temperaturen herrschen, wird es unter der Maske schnell stickig und warm. Die Gummischnalle drückt. Ich bin froh als ich die Maske wieder abnehmen kann.

Gegen Mittag lässt der Regen nach, mehr Besucher kommen ins Bad. Zwei junge Mädchen wollen vom Drei-Meter-Sprungturm ins Wasser hüpfen. Krenz gibt die Leiter frei und mir eine neue Aufgabe: Ich soll aufpassen, dass sich niemand verletzt. "Wichtig ist, dass nie mehr als eine Person gleichzeitig auf dem Sprungbrett ist", sagt der Bademeister. Ich setze einen strengen Blick auf, lasse die Teenies nur nacheinander auf die Plattform steigen. Aufpassen ist immer noch die wichtigste Aufgabe des Bademeisters — mehrere Stunden am Tag: "Wenn hier mehr los ist, muss ich natürlich immer das Becken im Blick haben. Aber ich muss auch darauf acht geben, dass keiner vom Rand springt oder Müll auf den Liegewiesen hinterlässt", sagt Krenz. Sollte trotzdem mal etwas passieren, weiß der Schwimmmeister was zu tun ist. Er hat eine Erste-Hilfe-Ausbildung gemacht, die immer wieder aufgefrischt wird. Sollte jemand in Not geraten, springt er ins Wasser. "Bisher ist das hier zum Glück noch nicht vorgekommen. Nur Pflaster werden oft gebraucht", sagt Krenz.

Die beiden Mädchen springen immer noch ins Wasser. Sie wissen jetzt, dass sie nur nacheinander auf den Turm dürfen. Gleich ist Schichtwechsel. Dann übernimmt ein Kollege. Ich mache Feierabend. Ich öffne meinen Regenschirm, laufe zum Ausgang und denke: Ich habe niemanden gerettet, bin nicht braun gebrannt und eine rote Badehose habe ich auch nirgends gesehen. Das Fernsehen ist ein Lügner!

(RP)
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