Viersen Mit der Rauschbrille auf Tour

Viersen · Das Rhein-Maas-Berufskolleg bringt sich aktiv in die Suchtprävention ein. Zusammen mit Kontakt-Rat-Hilfe und der Polizei entwickelte es mit "High Life" ein Programm für einen Aktionstag

Viersen: Mit der Rauschbrille auf Tour
Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Gerade sah die Welt für Celina noch normal aus, und die Aufgabe, entlang einer Linie durch den Flur des Rhein-Maas-Berufskollegs (RMBK) in Willich zu gehen, erschien kinderleicht. Doch das ist es nicht. Die junge Frau, die den gymnasialen Zweig des Kollegs besucht, hat eine sogenannte Rauschbrille angezogen. Mit unsicheren Schritten, die Arme weit ausgebreitet, wackelt sie mal rechts und mal links die Linie entlang. Ab und zu sind die Füße auch auf der Markierung zu finden, aber das passiert eher selten. "Was für ein Gefühl. Ich sah zwei Linien, und alles war verschwommen. Toll war das nicht", sagt sie.

Auch Lea ist geschockt, als sie mit der Brille auf der Nase versucht, einen Ball in ein Torwandfeld zu schießen. Der Ball fliegt noch nicht einmal gegen die Torwand, sondern rechts daneben. "Ich habe zwar meine Füße gesehen, aber der Ball war irgendwie weiter weg", beschreibt Lea die Situation, die ihm eine Koordination völlig unmöglich machte. Was die beiden erlebten, ist die Situation nach übermäßigen Alkoholgenuss. Die Rauschbrille simuliert durch die Abschaltung des Wahrnehmungs- und Sehsinns genau diesen Zustand.

Rund um die Suchtprävention ging es gestern am RMBK in Willich. 50 Schüler im Alter zwischen 16 und 21 Jahren, die die Unterstufe des gymnasialen Bildungsganges mit dem Unterpunkt Freizeitsportleiter besuchen, beschäftigen sich im Rahmen eines Aktionstages mit dem Thema Sucht. Dabei erwartete die Schüler nicht einfach nur Theorie, sondern sie waren aktiv gefragt, sich mit dem Thema unter dem Motto "High Life" auseinanderzusetzen. Entwickelt wurde das Ganze von den Schulsozialarbeiterinnen Elisa Foit vom RMBK und Ria Meis vom Berufskolleg Viersen sowie Yella Lennartz von der Suchtberatung Kontakt-Rat-Hilfe aus Dülken.

Die Schüler durchliefen einen Parcours mit sieben Stationen. Dazu gehörten neben der Rauschbrille unter anderem das Vorstellen von alkoholfreien Cocktails an einer Cocktailbar und eine anonyme Umfrage zum Thema Schönheitsideal. "Wir wollten hier wissen, ob Jugendliche sich in ihrem Körper wohlfühlen und was sie tun, um mit ihrem Aussehen zufrieden zu sein", erläutert Foit. Es gab zudem eine offene Fragerunde an die Suchtberatungsstelle, und die Schüler zeichneten ihren Körper auf Papier ab, um danach einzutragen, an welchen Körperstellen Substanzen wie Alkohol, Nikotin, Amphetamine und Cannabis Schäden anrichten.

"Erstaunlich war, wie wenig die Schüler über rechtliche Hintergründen wussten. Hier herrschte ein Halbwissen", sagt Lennartz. Vielen war nicht klar, dass alkoholisiertes Fahrradfahren auch dann Folgen hat, wenn man noch nicht im Besitz eines Führerscheines ist. Die Null-Promille-Grenze bei Führerscheinneulingen war ebenso unbekannt. Die ebenfalls involvierte Polizei brachte sich mit einem Vortrag ein. Bei diesem verdeutlichte Harald Lamers nochmals eindringlich die Gefahren von Suchtmitteln. Die Schüler zeigten sich teilweise mehr als überrascht, als sie erfuhren, dass ab einer Alkoholkonzentration von drei Prozent eine Vergiftung vorliegt, die mit einem Atemstillstand einhergehen kann.

(RP)
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