Buchtipp Lesenswertes Buch über die Freiheit im Alter

Viersen · Als Kind hat Ted Boychuck die "Großen Brände", die 1916 weite Teile der Wälder im Norden Kanadas vernichteten, überlebt. 80 Jahre später lebt er zusammen mit Charlie und Tom in der Wildnis am Ufer eines großen Sees in Ontario. Ihre Hütten stehen so weit voneinander entfernt, dass sie sich nicht sehen, bei Bedarf aber helfen können. Sie wollen trotz ihres hohen Alters ein freies, bis zum Tod selbstbestimmtes Leben führen. Als eines Tages zwei Frauen im Camp der alten Männer auftauchen, ist es mit der selbstgewählten Einsamkeit vorbei.

Zuerst fährt eine Fotografin am See vor, die auf der Suche nach den letzten Überlebenden der Großen Brände ist. Doch sie trifft Ted nicht mehr an, er ist kurz zuvor gestorben. Bald stößt eine weitere Frau zu den Einsiedlern am See: Marie-Desneige, eine 82-jährige Frau, die nach 60 Jahren mit Hilfe ihres Neffen aus einer psychiatrischen Anstalt geflohen ist. Durch die Ankunft der Frauen verändert sich das Leben der alten Männer: Es entsteht ein Gemeinschaftsgefühl, man kümmert und sorgt sich umeinander. Und zwischen Charlie und der Marie-Desneige entwickelt sich eine späte Liebe.

Es ist eindrucksvoll zu lesen, wie sich Menschen im Alter ihre Freiheit bewahren und nach ihren Regeln leben. "Ein Leben mehr" ist der erste Roman der kanadischen Schriftstellerin J. Saucier, der auf Deutsch erscheint. In Kanada wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Elke Kaufmann

Lesen: Jocelyne Saucier: Ein Leben mehr. Berlin: Insel-Verlag, 2015. 191 S., ISBN 978-3-458-17652-7. Elke Kaufmann ist Mitarbeiterin der Albert-Vigoleis-Thelen-Stadtbibliothek in Viersen. Einmal im Monat stellen sie und ihre Kolleginnen ihre persönlichen Lieblingsbücher vor.

(kauf)
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