Serie Vor 180 Jahren Landwirtschaft blieb trotz Fabriken wichtig

So erheblich die Zahl der Fabrikarbeiter in den 1830er-Jahren auch schon war: Man stand dennoch erst am Anfang einer allgemeinen Industrialisierung. Und mancherorts gab es überhaupt noch keine Industrie. Wichtig blieb allenthalben die Landwirtschaft.

Der benachbarte Kreis Geldern, zu dem damals auch Hinsbeck und Leuth gehörten, war weniger von der Frühindustrialisierung erfasst. Der dortige Landrat legte nach Orten geordnete Nachweise der Nahrungs- und Erwerbszweige seiner Bevölkerung vor.

Hier seine Feststellungen zu Hinsbeck und Leuth: "Hinsbeck besaß im Februar 1836 insgesamt 2525 Einwohner in 516 Familien. Es lebten keine Fabrikarbeiter in der Gemeinde, auch keine Frachtführer, dagegen 60 Handwerker und Gewerbetreibende, 10 Handeltreibende, 180 Ackerbauern, 190 ländliche Tagelöhner, ein Beamter, ein Rentner, 74 von öffentlicher Unterstützung Lebende. Im Gemeindegebiet lagen sechs Wassermühlen mit 60 Pferdekräften, eine Windmühle mit 10 PS, drei Mahlmühlen, die von Wasser getrieben, und eine von Wind getriebene Mahlmühle. Diese vier Mahlmühlen mahlten mit 40 PS täglich 128 Scheffel. Es gab noch drei weitere Mühlen mit 30 PS.

In Leuth lebten 1836 1226 Einwohner in 263 Familien. Nur ein Handeltreibender stand 24 Handwerkern und Gewerbetreibenden gegenüber bei 64 Bauern und 116 Tagelöhnern. Von öffentlicher Unterstützung lebten 58 Personen. Es gab eine Windmühle von 10 PS und eine vom Wind getriebene Mahlmühle (10 PS), die täglich 32 Scheffel zu mahlen vermochte."

Doch die Zeichen standen auf Veränderung. Knapp 100 Jahre später wurde in dem im Rahmen dieser Serie schon wiederholt herangezogenen Heimatbuch des Kreises Kempen von 1929 das Kapitel über die Industrie so eingeleitet: "Die Industrie im Kreis Kempen ist ebenso bedeutend wie vielseitig. Wenn auch der Kreis vorerst noch als Verwaltungsbezirk anzusprechen ist, der ländlichen Charakter trägt und dessen Bevölkerungskern die Landwirtschaft stellt, so ist augenscheinlich nicht zu verkennen, dass vornehmlich in den letzten Jahrzehnten die Industrie an Umfang und Bedeutung außerordentlich gewonnen hat und die Entwicklung dahin zu beurteilen ist, dass die Industrialisierung weiter und stetig voranschreitet. Einigen Städten und Gemeinden des Kreises hat die Industrie längst den ländlichen Charakter genommen, und rauchende Schornsteine künden vielerorts, dass hier die Industrie den ausschlaggebenden Wirtschaftsfaktor darstellt."

(plp)
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