Viersen Kulturelles Erbgut weitergeben

Viersen · Das Limburgs-Museum in Venlo bildet die Entwicklung des Landes zwischen Rhein und Maas ab. Es ist daher ein Spiegelbild niederrheinischer Geschichte. Bestechend gut gelungen ist das offene Ausstellungskonzept

 Der Besuch im Limburgs-Museum ist ein Erlebnis für die ganze Familie. Es gibt viele Möglichkeiten der Interaktion, abseits von Tablets und anderen digitalen Errungenschaften. Gerade das lockt jüngere Besucher an, hat Museumsdirektor Jos Schatorjé festgestellt.

Der Besuch im Limburgs-Museum ist ein Erlebnis für die ganze Familie. Es gibt viele Möglichkeiten der Interaktion, abseits von Tablets und anderen digitalen Errungenschaften. Gerade das lockt jüngere Besucher an, hat Museumsdirektor Jos Schatorjé festgestellt.

Foto: Limburgs Museum

Andächtig betrachten der alte Herr und der kleine Junge Messgewänder, Monstranzen, Kelche. Im gedämpften Licht des Limburgs-Museums glitzern Gold und Silber in gläsernen Vitrinen. Fast flüsternd beugt sich der Großvater hinab zu seinem Enkel und erklärt ihm, wie Gottesdienste in seiner Jugend gefeiert wurden und wozu all diese Dinge da hinter dem Glas dienen.

Solche Szenen liebt Jos Schatorjé. Der Direktor des Limburgs-Museums in Venlo sieht dann erfüllt, was seine Aufgabe ist. "Generationen geben ihr Erbe weiter. Das ist die Kernaufgabe eines historischen Museums. Gespräche zwischen Generationen finden meist in einem Museum oder vielleicht noch in einem vergleichbaren Umfeld statt", sagt er. Genau so ist das vor 16 Jahren eröffnete markante Gebäude an der Keulsepoort aufgebaut.

 An der Keulsepoort, gegenüber vom Bahnhof, steht in Venlo das Regionalmuseum, das auch viel über den Niederrhein verrät.

An der Keulsepoort, gegenüber vom Bahnhof, steht in Venlo das Regionalmuseum, das auch viel über den Niederrhein verrät.

Foto: Limburgs Museum

Auf mehreren Etagen und in verschiedenen Abteilungen erzählt das Museum die Geschichte einer Region, die immer durch Grenzen getrennt wurde und doch so vieles gemein hat. Der Satz "Wat je ziet, ben je zelf" (auf Deutsch: "Was du siehst, bist du selbst") begleitet ständig den Besucher. Die Präsentation des Hauses ist das Abbild eigener Vergangenheit. Schatorjé ist stolz auf das Konzept, das regionale Geschichte des Landes zwischen Rhein und Maas markiert - von der Steinzeit bis heute. "Es zeigt die gemeinsame Geschichte der Niederländer und der Deutschen zwischen den beiden großen Strömen", sagt er.

Fast ein wenig triumphierend umreißt er die Bedeutung der Exponate für die Niederlande. "Das Land ist von Süden her besiedelt worden. Die Menschen der Steinzeit, Römer, Missionare und später die Besatzungsmächte - alle kamen von Süden in diesen Raum." Mit anderen Worten: Die niederländische Zivilisation hat ihre Wurzeln in Limburg und nicht in jenem großstädtischen Raum, der sich heute Randstad nennt.

Es war ein langer Weg vom alten Goltziusmuseum, das in einem Schulgebäude an der Schoolstraat untergebracht war, bis zum Neubau. Jos Schatorjé wechselte 1984 vom Stadtarchiv aus in den Chefsessel des damaligen Museums. "Wenn Familien sich die Sammlung ansahen, zerrten spätestens nach einer halben Stunde die Kinder ihre Eltern ins Freie. Es war ihnen zu muffig und zu langweilig. Heute ist das ganz anders. Durchschnittlich drei Stunden verbringen Besucher bei uns. Vor allem Kinder wollen sich oft nicht lösen", berichtet Schatorjé.

Er spricht von der "Balance", die eine Präsentation zwischen geschicktem Marketing und Public Relations sowie wissenschaftlich überzeugenden Forschungsergebnissen halten muss. Die Kelten-Ausstellung vor wenigen Jahren war ein geschickt inszeniertes großes Spektakel, sie erfüllte aber auch den Anspruch der Ernsthaftigkeit, den Museumsbesucher erwarten. Eine eher schrägere Wirkung entfaltete die Ausstellung "Dino Experience". Die Venloer beschritten bewusst einen spektakulären Weg, der vor allem Kinder und Jugendliche in Bann zog. Puristen fanden daran deutlich weniger Gefallen.

Die Strategie ist weniger kompliziert. Das Museum zeigt gleichzeitig mit großen, spektakulären Veranstaltungen nämlich gerne jene Nischen, mit denen sie Besucher sonst kaum anlocken könnte. Das sei ein angenehmer Nebeneffekt, erklärt Schatorjé. Er verfolgt eine simple, aber wirkungsvolle Philosophie: "Wir müssen uns öffnen und neugierig machen, um Menschen in ein Museum zu holen. Dafür muss man auch etwas krumme Wege nehmen. Die enthusiastischen Reaktionen auf das Konzept bestärken uns, so weiterzumachen."

Das Limburgs-Museum hat zwar den Auftrag, die gesamte Regionalgeschichte der Provinz in den Mittelpunkt zu stellen. Aber der Raum lässt sich nicht klar eingrenzen. So findet der deutsche Niederrheiner in dem wunderbar offen konzipierten Gebäude viele Hinweise und Zeugnisse seiner eigenen Geschichte. Vor mehr als hundert Jahren unterschieden sich die Lebensweisen in Venlo von denen jenseits der 1815 erst gezogenen Grenze nach Deutschland kaum. Funde aus der Steinzeit und der römischen Besiedlung ("Wir waren das gemeinsame Hinterland der Metropole Xanten") dokumentieren dies ebenso wie Zeugnisse aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit.

Jos Schatorjé denkt schon weiter: "Ein Problem des Museums ist sein fester Standort. Es sollte zu den Menschen kommen können, zum Beispiel beim Spargelfest nach Arcen, zum Pinkpop nach Landgraaf (in diesem Jahr mit Paul McCartney) oder auch zum Oud Limburgs Schuttersfeest, bei dem einmal jährlich etwa 150 Schützengesellschaft aus belgisch und niederländisch Limburg zusammenkommen." Der Museumsdirektor sagt: "Unsere Aufgabe bleibt es, kulturelles Erbgut an spätere Generationen weiterzugeben."

(RP)
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