Viersen Kreisdirektor wirbt für Archiv-Fusion

Viersen · Der Kreis Viersen möchte mit Fördergeld des Bundes ein gemeinsames Archivgebäude aller neun Kommunen errichten. Für die Stadt Viersen würde der Gebäudeaufwand von 45.000 auf 7100 Euro im Jahr sinken

 Will die Stadt Viersen beim Archivneubau mit ins Boot holen: Kreisdirektor Ingo Schabrich.

Will die Stadt Viersen beim Archivneubau mit ins Boot holen: Kreisdirektor Ingo Schabrich.

Foto: Kreis Viersen

Das Viersener Stadtarchiv - das Gedächtnis von Dülken, Süchteln, Boisheim und Alt-Viersen - außerhalb der Viersener Stadtgrenzen? Die Viersener Politiker scheinen sich mit dieser Vorstellung nicht recht anfreunden zu können, für manche ist es schlicht undenkbar. Kreisdirektor Ingo Schabrich appelliert allerdings eindringlich an die Politik, die Standortfrage hintenan zu stellen und sich auf Chancen und Potenziale zu konzentrieren.

Der Kreis Viersen möchte und muss das Kreisarchiv aus der Kempener Burg holen, da die bisherigen Räume nicht mehr zeitgemäß und zu klein sind. Ein moderner Zweckbau schwebt Schabrich und Landrat Andreas Coenen (CDU) vor, in dem die Archive aller neun Städte und Gemeinden des Kreises vereint wären. Die Archivalien aus Willich und Viersen fehlen noch, aber die Politiker beider Städte sagen bisher entschieden: Wenn unsere Bestände im Kreisarchiv aufgehen sollen, dann muss dieses auch in unserer Stadt gebaut werden! Der Kreis hat sich, was den Standort angeht, noch nicht festgelegt, möchte aber eine Grundsatzentscheidung haben, ob Viersen und Willich mitmachen. Die Politik fürchtet, so die "Katze im Sack" zu kaufen. Auch die Kempener möchten ihr bereits im Kreisarchiv aufgegangenes Stadtarchiv in der Thomasstadt behalten.

Den Impuls der Politik und der beiden Stadtverwaltungen, die Archive am Ort halten zu wollen, kann Schabrich zwar verstehen. Doch aus seiner Sicht ist diese Entscheidung bei näherer Betrachtung "rein emotional und sachfremd". Vielmehr sollten die Politiker unabhängig von der Standortfrage entscheiden, ob die Archive fusionieren sollen. Und dafür spricht laut Schabrich Vieles: "Keiner macht einen Schritt zurück. Alle Angebote der bisherigen Archive wird es weiterhin geben, wenn die Städte das wollen. Das lässt sich vertraglich vereinbaren." Hinzu kämen immense Vorteile eines großen, neuen, gemeinsamen Archivs - egal, an welchem Standort: "Aus konservatorischer Sicht bietet ein modernes, energetisch effizientes Gebäude bessere Möglichkeiten. Es muss doch im Interesse der Archivare sein, die Archivalien optimal zu erhalten", sagt Schabrich.

Zudem habe das Kreisarchiv bereits einen Archiv-Pädagogen, der sich auch um die Bestände der Städte Viersen und Willich kümmern könnte. Den Stadtarchivar und die Archivfachkraft könne das Kreisarchiv übernehmen, sagt Schabrich zu. Und Schabrich ist überzeugt, dass ein moderner Bau zusätzliche Nutzer anziehen würde.

Über mangelnde Nutzerzahlen kann sich das Viersener Stadtarchiv, das derzeit im Alten Gymnasium untergebracht ist, nicht beklagen. Die Lage an der Schule und Nähe zu den Heimatfreunden beschert der Einrichtung eine gute Frequenz. So wurden dort mehr Besucher gezählt als im Kreisarchiv. Ein möglicher Standort für den Neubau: der Platz neben der Albert-Vigoleis-Thelen-Stadtbibliothek.

Nach der Sommerpause werde die Kreisverwaltung ihre Bewertung der Standorte bekannt geben, sodass diese noch in die Entscheidung der Politik einfließen könne, versichert Schabrich. Auf welchen oder wie viele mögliche Standorte es hinauslaufe, könne er beim besten Willen aber noch nicht sagen. Allerdings müsse die Politik im September ihre Entscheidung fällen - "sonst bauen wir ohne Viersen und Willich", sagt Schabrich klipp und klar. Ins neue Kreisarchiv sollen fünf Millionen Euro Fördergeld des Bundes fließen. Laut Schabrich eine "historische Chance". Um das Geld zu erhalten, muss der Neubau allerdings Ende 2020 stehen.

Apropos Kosten: Aus Viersen und Willich wurden Zweifel laut, ob ein neues Archiv günstiger wäre, als an den alten Standorten weiterzumachen. Schabrich ist sicher: "Der Gebäudeaufwand sinkt dramatisch. In Viersen von derzeit 45.000 Euro pro Jahr auf 7100 Euro." Für Willich würde der Kostenanteil für das Gebäude schätzungsweise bei 3000 bis 4000 Euro jährlich liegen.

(RP)
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