Viersen Kranenbach soll wieder offen fließen

Viersen · Der Teil des Kranenbachs, der durch ein Rohr unter dem Parkplatz am Kranenbachcenter in Amern plätschert, soll ans Licht geholt werden. Dafür bereitet ihm der Schwalmverband ein neues Bett. Die Arbeiten beginnen im September.

 Typisch für die niederrheinische Landschaft sind die Kopfweiden, die auch am Kranenbach am Kockskamp stehen. Ein Stück weiter sieht man den Bachverlauf nicht mehr: Er fließt unter einem Parkplatz hindurch.

Typisch für die niederrheinische Landschaft sind die Kopfweiden, die auch am Kranenbach am Kockskamp stehen. Ein Stück weiter sieht man den Bachverlauf nicht mehr: Er fließt unter einem Parkplatz hindurch.

Foto: Busch

Manch ein Amerner Junge holte sich früher eine blutige Nase, wenn er den Kranenbach überquerte. Der Kranenbach trennt Ober- und Unteramern voneinander, und wehe dem, der den Fuß über die Grenze, den Kranenbach, setzte. Dann gab es Keile. Der Bach ist ein trennendes, aber auch verbindendes Element. Viele Erinnerungen sind mit diesem Gewässer verknüpft. Doch ein Teil des Kranenbachs ist heute unsichtbar. Unter dem Parkplatz am Kranenbachcenter in Amern fließt der Bach auf einer Länge von gut 80 Metern durch ein Rohr.

Das soll sich bald ändern. Für das etwa 800 Meter lange Teilstück des Kranenbachs zwischen Kockskamp und Einkaufszentrum plant der Schwalmverband den naturnahen Ausbau. Auch der Teil des Baches, der bislang durch das Rohr unter dem Parkplatz hindurch fließt, soll ans Licht geholt werden. Er erhält praktisch neben dem Parkplatz ein neues Bett. Die Eigentümer stellten dem Schwalmverband Grundstücke dafür kostenfrei zur Verfügung.

Mit dem neuen Bett will der Schwalmverband den ökologischen Zustand des Kranenbachs verbessern. Denn der ist nicht gut. Früher hatte der Kranenbach weite Auen, die mehrere hundert Meter breit waren. Diese Flächen wurden immer wieder überflutet. Für Tiere und Pflanzen eine lebenswichtige Umgebung. Das gibt es längst nicht mehr. Denn die Siedlungsräume rückten im Laufe der Zeit immer näher an das Gewässer heran, in Amern wie in anderen Ortschaften auch. Die Aue wurde im Laufe der Jahre zugebaut. Auch wo heute der Sportplatz ist, war einst Auenland.

Weil die Aue ökologisch so wichtig ist, soll der Kranenbach jetzt an der Hauptstraße seine Aue zurückbekommen. Nicht so groß wie einst, das geht nicht, weil Häuser dort stehen. "Wir wollen die Aue im Kleinen nachahmen", sagt Thomas Schulz, Geschäftsführer des Schwalmverbands, "etwa 15 Meter breit".

In der Mitte wird sich eine schmale Gewässerrinne entlangschlängeln. In der Aue werden sich Tiere und Pflanzen ansiedeln, die dort natürlicherweise vorkommen, wie zum Beispiel Erlen. Gehölze und ein Röhrichtsaum werden dort wachsen, die Libellen Unterschlupf bieten. So soll sich mit der Zeit eine artenreiche, biologisch wertvolle Umgebung entwickeln.

Das geht bislang im Rohr unter dem Parkplatz nicht. Die Verrohrung mache die ökologische Durchlässigkeit fast unmöglich, sagt Schulz. Der Bach ist durch die Verrohrung getrennt von seinem natürlichen Umfeld, Flora und Fauna können sich dort nicht entwickeln.

Das Rohr unter dem Parkplatz wird nicht entfernt, sondern als Entwässerungsmöglichkeit behalten: Sollte es stark regnen, dient das Rohr dem Kranenbach als zweiter Ablauf. An der Hauptstraße wird für den Kranenbach ein neuer Durchlass, parallel zur bestehenden Brücke, geschaffen. Das Rohr, das unter dem Parkplatz liegt, wird trockenfallen. Bei Hochwasser würde sich der Zulauf zum Rohr dann öffnen. Von September bis Dezember will der Schwalmverband dem Kranenbach das neue Bett bereiten. Anfang 2016 würde der Bauteil folgen, im Frühjahr soll der Kranenbach dann wieder offen fließen. Insgesamt kostet der naturnahe Ausbau 500 000 bis 600 000 Euro, schätzt Schulz.

Durch ein Rohr läuft der Kranenbach auch an der Ungerather Straße. Das Rohr ist mit fast 175 Metern noch länger als am Kranenbachcenter. Dort soll eine neue Halle für landwirtschaftliche Maschinen gebaut werden. Sollte das Vorhaben genehmigt werden, könnte im Zuge des Baus auch hier der Kranenbach aus seinem Rohr befreit werden. Wie die Verlegung des Kranenbachs dort aussehen könnte, darüber sei man im Gespräch, sagt Schulz. Auch in diesem Fall könnte man das Rohr liegenlassen und den Bach ans Licht holen. Die Schwalmtalwerke könnten dann das Rohr als Regenwasserkanal nutzen, ein zweiter Ablauf wäre nicht nötig.

Wichtig sei es insgesamt, die ökologische Bedeutung des Kranenbachs Stück für Stück zu verbessern, da gebe es "Entwicklungspotenzial nach oben", erklärt Schulz: "Süßwasser ist ein kostbares Gut auf unserem Planeten. Und auch, wenn wir hier viel davon haben, haben wir es doch sehr strapaziert."

(RP)
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