Kultur-Tipp Kostbarkeiten wie ein Haar Mariens

Viersen · Unter dem Motto "Himmelwärts" beschäftigen sich Museen am Niederrhein mit Religiosität, mit Glaube und Zweifel, mit Gottesbildern und Zeichen der Verehrung. Geöffnet sind am Wochenende Museen in Kempen, Venlo, Nettetal und Moers.

 Eine Ausstellung im Moerser Schloss trägt den Titel "Da selbsten ein Anfang zu brennen gemacht". Sie beschäftigt sich mit Aberglaube und Hexenwahn am Niederrhein und ist noch bis Mitte September zu sehen.

Eine Ausstellung im Moerser Schloss trägt den Titel "Da selbsten ein Anfang zu brennen gemacht". Sie beschäftigt sich mit Aberglaube und Hexenwahn am Niederrhein und ist noch bis Mitte September zu sehen.

Foto: Frank Kirschstein

Die Reise führt zurück in das Jahr 1473. Kempens 4200 Einwohnern geht es gut. Die Wirtschaft floriert. Stolz sind die Kempener auf ihre prächtige Marienkirche. Dort gibt es eine Holzskulptur, die die Gottesmutter mit Jesuskind zeigt. Durch ein Haar Mariens wird das Ansehen dieses Gnadenbildes noch gesteigert: 1473 erhält die Pfarre das Marienhaar vom Abt des Klosters Werden - mit Echtheitsurkunde.

Kultur-Tipp: Kostbarkeiten wie ein Haar Mariens
Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Immer mehr Wallfahrer kommen nach Kempen. Vor dem Gnadenbild bitten sie die Gottesmutter um Heilung von körperlichen und seelischen Leiden und bringen der Stadt Ansehen und Geld. Im 16. Jahrhundert wird diese glückliche Zeit durch die Wirren der Reformation beendet. Der Truchsessische Krieg bringt Plünderungen mit sich, die Pest setzt der Bevölkerung Kempens zu. Gerade 2500 Einwohner gibt es noch. Im 17. Jahrhundert sorgen die Katholiken für die Ansiedlung eines Franziskanerklosters in Kempen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Stadt längst kein Wallfahrtsort mehr. Viele Kunstwerke aus dieser Zeit sind geblieben, wie beispielsweise die wertvolle Marienkette, die zu besonderen Anlässen das Gnadenbild schmückte. Das Haar der Maria hingegen ist verschwunden.

Die Geschichte der Marienverehrung im späten Mittelalter in Kempen beleuchtet die Sonderausstellung "Das Haar der Maria", die noch bis zum 10. Oktober im Städtischen Kramer-Museum im Kulturforum Franziskanerkloster in Kempen zu sehen ist. Die Schau gehört zu einer Reihe von Ausstellungen im Museumsnetzwerk "Kulturraum Niederrhein", die unter dem Motto "Himmelwärts" das religiöse Leben am Niederrhein ins Blickfeld rücken. Geöffnet ist die Ausstellung dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr, donnerstags ist eine Stunde länger geöffnet, also bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene zwei, für Schüler und Studenten einen Euro. Am Sonntag, 29. Juli, gibt es eine etwa einstündige Führung durch die Ausstellung (Teilnahme ein Euro), Beginn ist um 14 Uhr.

Die Macht zwischen Himmel und Erde stellt eine Ausstellung im Limburgs Museum, Keulsepoort 5 in Venlo, bis zum 30. Dezember in den Mittelpunkt. Gezeigt werden Ausstattungsgegenstände aus Kirchen aus dem "goldenen Zeitalter" der Region zwischen Rhein und Maas. Heiligenbilder und Gemälde sind dort zu sehen, die Einblick in religiöse Vorstellungen dieser Zeit geben, beispielsweise in den Bildern des Künstlers Jan van Cleef (1646-1716). Im Limburgs Museum gibt es darüber hinaus noch viel mehr zu sehen - Besucher sollten Zeit mitbringen. Geöffnet ist dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene elf, für Kinder und Jugendliche zwischen vier und 17 Jahren sieben Euro.

Das Textilmuseum "Die Scheune" in Hinsbeck-Hombergen, Krickenbecker Allee 21, zeigt noch bis Sonntag, 19. Juli, die Ausstellung "Taufe, Hochzeit, Todesfall". Wer sie bislang nicht gesehen hat, muss sich also beeilen. Dort werden Textilien präsentiert, die im Zusammenhang mit Glaube und Religion stehen und die Menschen am Niederrhein von der Geburt bis zur Beerdigung begleiteten - wie das liebevoll gefertigte Taufkleid, das von Generation zu Generation in einer Familie weitergereicht wurde, oder das einfache Sterbehemd, das oft schon zur Aussteuer gehörte und so lange in einer Truhe verwahrt wurde, bis es gebraucht wurde - eine ständige Mahnung daran, dass das Leben endlich ist. Geöffnet ist das Museum sonntags von 11 bis 18 Uhr, der Eintritt kostet für Erwachsene einen Euro.

Im Grafschafter Museum im Moerser Schloss, Kastell 9 in Moers, ist bis zum 13. September eine Ausstellung zu sehen, die sich mit Aberglaube und Hexenwahn am Niederrhein beschäftigt. Die Ausstellung mit dem Titel "Da selbsten ein Anfang zu brennen gemacht" fragt nach dem Ausmaß der Hexenverfolgung am Niederrhein und stellt sie einen Zusammenhang mit den religiösen, gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen der Zeit. Geöffnet ist das Museum dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene drei Euro, für Kinder ab sechs Jahren einen Euro. Familien zahlen 4,50 Euro. An jedem ersten Mittwoch im Monat ist der Eintritt frei. Eine Reihe von Veranstaltungen begleitet die Ausstellung. Am Mittwoch, 15. Juli, hält Dr. Thomas P. Becker einen Vortrag mit dem Titel "Da so viel ehrliche Leute sein verbrent - Hermann Löher und die Hexenverfolgung im kurkölnischen Rheinbach". Beginn ist um 19.30 Uhr, der Eintritt kostet drei Euro. Eine öffentliche Führung wird am Dienstag, 28. Juli, um 17 Uhr angeboten, der Eintritt kostet drei Euro. biro

(RP)
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