Kreis Viersen Kommunales Bündnis gegen die Maut

Kreis Viersen · Die Bürgermeister der Grenzgemeinden Brüggen, Niederkrüchten und Nettetal lehnen die Maut-Pläne aus Berlin ab. Dies schade Handel und Gewerbe, diskriminiere die Nachbarn und werde sich letztlich nicht rechnen, sagen sie.

 Die alte Straßenkarte zeigt noch eine Grenze, die in ihren Köpfen nicht mehr als Barriere existiert (v.l.): Frank Gellen, Herbert Wintzen und Armin Schönfelder kritisieren die Maut-Pläne des Bundesverkehrsministers.

Die alte Straßenkarte zeigt noch eine Grenze, die in ihren Köpfen nicht mehr als Barriere existiert (v.l.): Frank Gellen, Herbert Wintzen und Armin Schönfelder kritisieren die Maut-Pläne des Bundesverkehrsministers.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Herbert Wintzen macht erst gar nicht den Versuch, seine Empörung zu verbergen. Die bisher bekannten Pläne für eine Maut, die ausländische Pkw-Fahrer ab dem 1. Januar 2016 in Deutschland zahlen sollen, machen den Niederkrüchtener Bürgermeister wütend. "Über Jahrzehnte haben wir daran gearbeitet, Trennendes zwischen unseren Ländern zu beseitigen. Und jetzt baut man eine neue Hürde auf, die wirtschaftlich unserem Land schadet und unsere Nachbarn zutiefst verärgert", sagt er. Mit seinem Brüggener Kollegen Frank Gellen und dem Nettetaler Ersten Beigeordneten Armin Schönfelder hat er sich verständigt: "Wir wollen die Maut nicht. Nicht so, wie der Bundesverkehrsminister sie vorschlägt und auch nicht anders. Einfach gar nicht!"

Frank Gellen hatte die Initiative zur Gemeinschaftsaktion der Grenzgemeinden ergriffen. "Ich wollte unbedingt vor meinem Urlaub hier ein klares Signal setzen. Wir sind uns in jeder Hinsicht einig", bekräftigt er. Die Bürgermeister wollen den Landrat für eine gemeinsame Initiative gewinnen und so die Kritik verstärken, die Handel, Dienstleistung, Wirtschaftsverbände und einzelne politische Parteien bereits an den von der CSU angezettelten Mautplänen äußern. Das sei ein uneuropäisches Handeln und im Prinzip ein Rückfall in vergessen geglaubte Zeiten.

Armin Schönfelder, der Nettetals in Urlaub befindlichen Bürgermeister Christian Wagner vertritt, rügt das Dobrindt-Papier auch in rechtlicher Hinsicht. Er habe den Eindruck, dass die "Stillhalteverpflichtung" der EU-Länder nicht eingehalten werde. Schlicht ausgedrückt ist damit gemeint, dass keiner schlechter gestellt werden darf, soweit es keine europaweite Regelung gibt. Dobrindts Ansatz, eine Steuer gegen Abgaben aufzurechnen, stehe rechtlich ebenfalls auf tönernen Füßen. "Das ganze Papier ist alles andere als wasserdicht", sagt Schönfelder.

Wintzen, Gellen und Schönfelder weisen aber auch ganz konkret auf handfeste Nachteile in ihren Städten hin. Restaurants machen bis zu 75 Prozent ihres Umsatzes mit Niederländern. Einzelhandel und Teile der Dienstleistungsbranche machen Umsätze in einer Bandbreite von 15 bis mehr als 50 Prozent mit niederländischen Kunden. Finanziell bringe die Dobrindt'sche Abgabe keineswegs die angeblichen 600 Millionen Euro ein, ergänzt Schönfelder. Die FDP habe errechnet, dass allein in Nordrhein-Westfalen um die 300 Millionen Euro an Einbußen drohen, wenn die Maut kommt.

Warum man die europäischen Nachbarn so nachhaltig verärgere, könne er überhaupt nicht verstehen, fügt Wintzen hinzu. "Belgien und die Niederlande werden doch allein schon mit Rücksicht auf die Verärgerung ihrer Bürger eine Maut einführen müssen. Spätestens dann wird sich auch der weiter von der Grenze weg wohnende Bürger in Deutschland bedanken. Da geht's dann nicht mehr mal eben preiswert zum Shoppen nach Roermond und Venlo oder an die See und nach Amsterdam. Wir drehen hier doch die Welt auf den Kopf."

Frank Gellen will mit seinen Kollegen nicht nur den Landrat und die anderen Bürgermeister für die kritische Haltung gewinnen, sondern auch die kommunalen Spitzenverbände sowie die Landtags- und Bundestagsabgeordneten auf das Thema ansprechen. Die Chancen auf ein Bündnis stehen gut.

(RP)
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