Viersen Jugendliche halten letzte Wünsche fest

Viersen · Die Hospizinitiative Kreis Viersen und das Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium setzen gemeinsam ein Kunstprojekt um. Dabei können sich Kinder und Jugendliche mit dem Tod beschäftigen

 Schüler am Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium können zurzeit an zwei Tafel im Foyer den Satz "Bevor ich sterbe, möchte ich..." ergänzen. Die Tafeln werden für eine Collage regelmäßig fotografiert.

Schüler am Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium können zurzeit an zwei Tafel im Foyer den Satz "Bevor ich sterbe, möchte ich..." ergänzen. Die Tafeln werden für eine Collage regelmäßig fotografiert.

Foto: Busch

Stellen Sie vor, dass Ihr Lebensende absehbar ist. Was würden Sie gern tun, bevor Sie sterben?

Mit dieser Fragen setzen sich zurzeit die knapp tausend Kinder und Jugendlichen am Erasmus-von-Rotterdam-Gymnasium auseinander. Auf zwei großen Tafeln im Foyer können sie den Satz "Bevor ich sterbe, möchte ich...." vollenden. Die Antworten, die die Gymnasiasten dort seit Dienstag formuliert haben, sind anrührend, nachvollziehbar, flapsig und auch verstörend. Das Satzende "ein guter Vater sein" steht neben dem Wunsch "Profifußballerin werden". Die Hoffnung, Schalke möge absteigen, steht neben der Sehnsucht, jemanden zu küssen.

Das Kunstprojekt bedeutet für die drei Koordinatorinnen der Hospizinitiative Viersen, dass sie noch bis einschließlich Freitag regelmäßig zur Schule gehen. "Wir besuchen bis zu zwei Mal am Tag das Gymnasium, machen Fotos von den Tafeln und wischen sie wieder frei", erläutert Koordinatorin Anne Thieme. Ihr Eindruck: "Das Projekt wird sehr gut angenommen." Schüler unterschiedlichen Alters würden zu den bunten Kreidestücken greifen und formulieren, was sie im Angesicht des Todes noch erleben möchten.

Dabei haben einige EvR-Schüler nicht nur im familiären Umfeld bereits den Tod von Angehörigen oder Freunden verarbeiten müssen. "Ein Mädchen aus unserer Flüchtlingsklasse ist überraschend gestorben", sagt der stellvertretende Schulleiter Jörg Volger. Auch für ihre Klassenkameraden und Mitschüler sei dies eine schwere Erfahrung gewesen - und ebenso für ihn selbst. "Einen jungen Menschen zu beerdigen, darauf kann man sich gar nicht vorbereiten", sagt Volger. Eine Möglichkeit der Trauer und des Gedenkens ist an der Schule selbst zu finden: "Wir haben einen Raum der Andacht eingerichtet" sagt Lehrer Norbert Häusler. Dieser sei offen für Angehörige aller Konfessionen; dort seien auch die Bilder von verstorbenen Schülern aufgestellt.

Für EvR-Leiter Christoph Hopp ist das Kunstprojekt eine Möglichkeit, "den jungen Menschen ein Thema nahezubringen, mit dem sie sich normalerweise nicht beschäftigen". Die Hospizinitiative sei an die Schule herangetreten und habe sie von der Idee überzeugen können.

"Es ist ein sehr niederschwelliges Angebot", sagt Religionslehrer Sebastian Trienekens. Er habe schon Schüler beobachtet, die gemeinsam vor den beschrieben Tafeln standen und sich darüber unterhielten. Die Hospizinitiative und das Gymnasium wollen ihre Kooperation ausbauen. "Wir planen eine Anschlussveranstaltung", sagt Anne Thieme. Dass sie auf der Tafel den Satz gelesen hat ...."einen Menschen mit Todesangst in die Augen sehen", gehört für sie zur individuellen Annäherung an das Thema: "Jeder bringt eigene Erfahrungen mit.

Doch wohl keiner würde auf einen Kuss verzichten.

(busch)
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