Viersen Ist das Politik-Praktikum noch zu retten?

Viersen · Aus Personalnot hat die Stadtverwaltung das Kommunalpolitische Praktikum kurzfristig gestrichen. Politiker von SPD und CDU setzen sich dafür ein, dass Schüler doch noch in diesem Jahr Einblicke in den Politikbetrieb nehmen können

Viersen: Ist das Politik-Praktikum noch zu retten?
Foto: Martin Röse

Wie funktioniert demokratische Politik, was machen Kommunalpolitiker eigentlich, und wie werden Beschlüsse erarbeitet und getroffen? Solchen und noch spezielleren Fragen konnten seit mehr als zehn Jahren Viersener Schüler der Klassen 9 bis 12 während des Kommunalpolitischen Praktikums nachgehen. Im Jahr 2006 wurde das Projekt von Mitgliedern der Viersener SPD-Fraktion ins Leben gerufen. Seitdem haben Hunderte Schüler einen Blick hinter die Politik-Kulissen geworfen. Sie erhielten theoretische und praktische Einblicke in die Arbeits- und Funktionsweise der Kommunalpolitik. Doch in diesem Jahr soll es nicht mehr stattfinden.

Bisher wurde das Praktikum vom Jugendamt der Stadt Viersen in Zusammenarbeit mit den Ratsfraktionen und den Schulen organisiert. Durch den Ruhestand der zuständigen Mitarbeiterin im Jugendamt sei eine Betreuung durch die Stadt derzeit nicht möglich, erklärte Schuldezernent Paul Schrömbges im Haupt- und Finanzausschuss. Die Schulen wurden bereits informiert, dass das Praktikum 2017 ausfällt.

"Durch das Kommunalpolitische Praktikum konnten in der Vergangenheit zahlreiche junge Menschen an die Politik herangeführt und ihr Interesse an einer aktiven Mitwirkung geweckt werden. Viele haben sich daraufhin politisch engagiert. Das Praktikum stärkt das demokratische Verständnis", sagt Thomas Gütgens (CDU), Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. Man wolle diese positive Bilanz nicht unterbrechen, so der Ratsherr. Dieser Ansicht ist auch Ratskollege Manuel García Limia (SPD), der im Haupt- und Finanzausschuss anregte, das Kommunalpolitische Praktikum fraktionsübergreifend zu organisieren und zu betreuen. "Es darf nicht sein, dass nur durch den Wegfall einer Stelle im Jugendamt eine so wichtige Institution plötzlich nicht mehr angeboten wird", erläutert García Limia. Politikverdrossenheit könne durch solche Projekte gemindert werden. "Da müssen alle Fraktionen des Rates das große Ganze sehen und gemeinsam aktiv werden", fügt der Vorsitzende der Viersener SPD-Fraktion hinzu.

Auch Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) weiß um die Wichtigkeit des Projektes. Noch im vergangenen Jahr hatte sie 46 Schülern nach der erfolgreichen Teilnahme eine Urkunde überreicht. "Ich lobe diese fraktionsübergreifende Initiative ausdrücklich", sagt die Bürgermeisterin. "Denn genau das macht Parteiarbeit aus: gemeinsam nach Lösungen suchen." Es freue sie, dass SPD und CDU dieses Projekt nun zu "ihrer" Sache machten und sicherte eine Unterstützung aus der Verwaltung zu, wenn die Personalstärke wiederhergestellt ist.

Das Praktikum besteht aus mehreren Teilen. Einer Vorveranstaltung, dem sogenannten Speed-Debating und anschließenden drei Modulen. Modul 1: "Ohne Theorie, keine Praxis", Modul 2: "Politik live und in Farbe" und Modul 3: "Politik - spielend einfach!?".

Beide Ratsherren sind zuversichtlich, dass durch eine Zusammenarbeit die Fortführung des Kommunalpolitischen Praktikums gesichert ist und wünschen sich eine Umsetzung noch in diesem Jahr. "Gerade nach einem Wahlergebnis, wie wir es nach der Bundestagswahl präsentiert bekommen haben, ist eine frühe Heranführung von Jugendlichen an die Politik noch wichtiger als je zuvor", sagt García Limia. Sein CDU-Ratskollege Gütgens ergänzt: "Wir müssen das Interesse der Jugendlichen an politischen und demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten wecken. Hierzu ist das Praktikum ein wichtiger Baustein, der nicht entfallen darf."

(paka)
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