Schwalmtal In Shakespeares Rollen schlüpfen

Schwalmtal · Zehntklässler der Janusz-Korczak-Realschule konnten bei einem Workshop selbst den Part von Romeo, Julia, Richard dem II. oder Beatrice übernehmen. Schauspieler Julius D'Silva zeigte ihnen, dass der Dramatiker unverändert aktuell ist

 Was sagen die Menschen über Beatrice? Jeder Jugendliche wirft ihr einen Satz entgegen, schwungvoll, dynamisch, gesprochen und gespielt. Julius D'Silva (links ist begeistert vom Engagement der Gymnasiasten.

Was sagen die Menschen über Beatrice? Jeder Jugendliche wirft ihr einen Satz entgegen, schwungvoll, dynamisch, gesprochen und gespielt. Julius D'Silva (links ist begeistert vom Engagement der Gymnasiasten.

Foto: Ahlen

Shakespeare? Was denken Jugendliche, wenn sie heute diesen Namen hören? Alt? Verstaubt? Unverständlich? Der britische Schauspieler und Sänger Julius D'Silva hat Zehntklässlern der Janusz-Korczak-Realschule gezeigt, das Shakespeare keinem dieser Vorurteile entspricht - im Gegenteil bewiesen. "You're all speaking Shakespeare", ruft er am Ende der zweistündigen Workshops begeistert.

Die Realschüler spielen Szenen aus berühmten Werken: Zuerst aus Romeo und Julia. Später geht es über Richard III. und seinen berühmten Ausspruch "A horse, a horse, my kingdom for a horse" (Ein Pferd, ein Pferd, mein Königreich für ein Pferd" geradewegs zu "Viel Lärm um nichts", nach Messina zu Don Leonato und seiner schönen Tochter Hero.

Und dann wird es richtig turbulent auf dem Linoleum des alten Musikraums der Realschule. Einen Darsteller nach dem anderen zieht D'Silva in die Mitte des Stuhlkreises. Er braucht einen Don Leonato, Hero, Beatrice und all die anderen, um in der Kirche die Hochzeitsszene spielen lassen zu können. Seine Mischung aus Englisch und Deutsch reißt die Jugendlichen mit. "She's been treu, she's been waiting for Dummkopf Claudio", sagt er über Hero, die von ihrem Bräutigam verdächtigt wird, ihn betrogen zu haben.

Mitten im Spiel lernen die Realschüler den Unterschied zwischen dem runden Theater Shakespeares und der rechteckigen Bühne, die sie kennen. Sie erfahren, dass die Reichen und Mächtigen Theater nicht nur erleben, sondern vor allem selbst gesehen werden wollten.

Je länger der Workshop dauert, desto mehr verlieren sie ihre Zurückhaltung, gehen sie aus sich heraus. Julius D'Silva ist beeindruckt. Und fühlt sich bestätigt.

Er besucht nicht zum ersten Mal die Janusz-Korczak-Realschule. Wenn er nicht mit Musical-Produktionen durch Shakespeares Heimat Großbritannien und durch Kanada tourt oder ab Januar mit einem Tchechov-Stück auf der Bühne steht, unterrichtet er Schüler und Studenten - zumeist in Englisch-Leistungskursen kurz vor dem Abitur oder an der Universität. "Aber die Zehntklässler hier haben das Gleiche geleistet", sagt er anerkennend. "Man kann Shakespeare mit Realschülern machen, das ist der Beweis." Lehrerin Daniela Lüders ist auch "very proud", wie sie lächelnd zugibt.

Für die Jugendlichen ist der Workshop nicht nur eine schöne Abwechslung, sondern auch eine Vorbereitung. Denn in der kommenden Woche stehen ihre mündlichen Prüfungen in Englisch bevor. Und da können sie all das, was sie jetzt im Workshop so spielend angewandt haben, gebrauchen: Sich öffnen, lernen, frei zu sprechen, Worte vielleicht sogar als Waffe zu gebrauchen.

Denn immer wieder hat der Schauspieler ihnen die Parallelen von Shakespeare zur Gegenwart aufgezeigt. Nicht nur in den Problemen zwischen den Generationen, die unverändert aktuell sind, sondern auch bei den Worten und ihrer Betonung - statt Shakespeare-Zitaten gab es dann zwischendurch auch John F. Kennedy.

(hah)
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