Niederkrüchten In "Ohme Karls" Wohnzimmer

Niederkrüchten · Der Instrumentalverein "Frei Weg" Oberkrüchten feiert sein 60-jähriges Bestehen. Das große Frühjahrskonzert gibt der Verein heute Abend in der Begegnungsstätte. Rückblick auf 60 musikalische Jahre.

Die Vereinsgeschichte gründet sich auf den früheren Militärmusiker Karl Heinrichs. Er spielte alle Jahre wieder zu Weihnachten im Dorf. Auf Wunsch einiger Eltern brachte er dann Kindern das Musizieren bei – in seinem kleinen Wohnzimmer. Im Frühjahr 1949 entstand der Musikverein. Als ersten Schüler verzeichnet die Chronik Gotfried Davids (Bassist), Michael Coenen (Piston), Franz-Josef Meyers (Tenorhorn), Laurentz Gisbertz (Alt-Horn), Heinz Zimmermanns (Flügelhorn), Bernd Heizer (Trompete), Heinz Consoir (Es-Horn) und Theo Hohenforst (B- Klarinette). Instrumente mussten sich die meisten selbst kaufen, Noten wurden beim Musikverein Waldniel ausgeliehen und oft per Hand abgeschrieben. "Ohme Karl" lauschte beim Vorspielen aufmerksam, berichtigte und lobte. Und immer wieder ermunterte er seine Schüler: "Ihr müsst frei weg spielen!" So kam der Verein zu seinem Namen.

Marschmusik liegt im Blut

Zwei Gründe gab's der Sage nach für die Jungs, fleißig zu üben. Lag der Ton daneben, nahm der Dirigent das Instrument des Schülers, legte seine Pfeife zur Seite, spielte vor und drückte dann dem Jungen das Instrument wieder in die Hand. Am Mundstück haftete der Pfeifengeschmack, was die Schüler zum Üben anspornte, denn niemand wollte, dass Herr Heinrichs auf seinem Instrument spielte. Der zweite Grund: Karl Heinrichs hatte zwei hübsche Töchter, und die Jungs begannen, sich für Mädchen zu interessieren.

Einige Jahre später wurden die Proben in die Gaststätte Tillmanns verlegt. Jeden Donnerstag wurde geprobt, zuweilen bis in die frühen Morgenstunden, wobei reichlich Schnaps floss. Das gefiel den Eltern dann nicht mehr, und sie wollten die Jungs nicht mehr zur Probe gehen lassen. Doch die schafften es trotz allem immer wieder. Der erste offizielle Auftritt war dann an Frohnleichnam, dazu mussten die Musiker sogar bis nach Boscherhausen laufen. 1953 veranstaltete der Musikverein einen Tanzabend, der bei gutem Besuch das erste "große Geld" brachte. Nun musste ein Vorstand gewählt werden. Ab 1954 begann der Verein, auf Schützenfesten zu spielen, so wurde er immer bekannter. Die zusätzlichen Einnahmen ermöglichten, neue Instrumente und andere Kosten zu bezahlen. Die Marschmusik lag den Musikern von Anfang an im Blut, aber 1957 wollten sie beweisen, dass sie auch andere Töne anstimmen können. Das erste Konzert wurde im Saal Tillmanns gegeben: Walzer, Ouvertüren, ein Choral und natürlich Märsche. Sogar eine Zugabe wurde verlangt: Der Marsch "Alte Kameraden" gehört bis heute zu den Frühjahrskonzerten.

(RP)
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