Elvira Kaboth "Ich habe mich so machtlos gefühlt"

Viersen · Als hinter ihrem Gartenzaun ein Mobilfunkmast errichtet wurde, begann Elvira Kaboth zu schreiben. Ihren Kampf gegen den Mast auf dem Oebeler Berg hat die Brüggenerin in einem Roman erzählt. Sein Titel: "Der Schrei aus Stahl"

 Elvira Kaboth sieht vom Garten an der Roermonder Straße ständig den Mobilfunkmast, der hinter ihrem Zaun errichtet wurde.

Elvira Kaboth sieht vom Garten an der Roermonder Straße ständig den Mobilfunkmast, der hinter ihrem Zaun errichtet wurde.

Foto: Jörg Knappe

Brüggen Vor mehr als 20 Jahren zogen Elvira und Wolfgang Kaboth an die Roermonder Straße in Brüggen. Ende 2016 wurde hinter ihrem Gartenzaun ein 35 Meter hohen Mobilfunkmast gebaut. Für das Ehepaar und die Nachbarn begann ein langwieriger Streit mit Behörden. Sie klagten, das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab einem Paar Recht. Derzeit liegt der Fall beim Oberverwaltungsgericht Münster. Über ihren Kampf gegen den Mast hat Elvira Kaboth einen Roman geschrieben. In "Der Schrei aus Stahl" schildert die 59-Jährige die Ereignisse aus ihrer Sicht und fordert, dass Anwohner künftig von Behörden informiert werden müssen, bevor solche Anlagen gebaut werden.

Wie haben Sie sich gefühlt, als der Sendemast gebaut wurde?

Elvira Kaboth Das war ein Gefühl absoluter Ohnmacht. Ich war wütend, weil wir nicht informiert worden waren. Ich fand es ungerecht, dass die Werte der Bürger, die ein Leben lang gearbeitet haben, zerstört werden. Ich hatte auch Angst vor Strahlung. Vielleicht ist die doch nicht so harmlos, wie man sagt. Mir fehlten da Informationen. Im Ausland sind die Grenzwerte zum Teil geringer als bei uns. Da fragt sich der Laie doch, warum das so ist.

Warum haben Sie ein Buch verfasst?

Kaboth Ich konnte nicht mehr schlafen, da habe ich mir das von der Seele geschrieben. Erst habe ich gar nicht an einen Roman gedacht. Dann las mein Mann die ersten Seiten und sagte: Du solltest weitermachen. Meine beste Freundin sagte das auch, also habe ich es gemacht.

Ihre Korrespondenz mit Behörden füllt inzwischen Ordner. Haben Sie nie daran gedacht, aufzugeben?

Kaboth Nein, eigentlich nicht. Ich hatte Angst, dass es sinnlos sein könnte, dass am Ende ein Gericht entscheiden würde, dass der Mast stehenbleiben soll.

Warum sind Sie hergezogen?

Kaboth Wir haben uns damals in den Ort verliebt. Erst wohnten wir am Platanenweg, dann sind wir hier an die Roermonder Straße gezogen. Wir haben uns in Brüggen immer sehr wohl gefühlt.

Hat sich Ihr Zuhause-Gefühl durch den Mast verändert?

Kaboth Es war für mich unerträglich, nach Hause zu kommen. Wenn ich die Roermonder Straße entlang fuhr und den Mast sah, krampfte sich mein Magen zusammen.

Hat sich das inzwischen gebessert?

Kaboth Ja. Ich habe mich nicht an den Mast gewöhnt, aber mich beruhigt das Gefühl, dass sich ein Gericht damit beschäftigt. Dadurch fühle ich mich nicht mehr so ohnmächtig.

Sie fordern in Ihrem Buch, dass Behörden verpflichtet sein sollten, Anlieger zu informieren, bevor solch ein Vorhaben umgesetzt wird.

Kaboth Genau. Es geht ja nicht nur um uns, sondern um alle Bürger, die von Bauvorhaben überrascht werden. Bislang heißt es, dass Anlieger vorab informiert werden ,sollen'. Wir möchten, dass das geändert wird in ,müssen', damit Bürger sich einbringen können. Ich glaube, dass Bürger bereit sind, viele Dinge auf sich zu nehmen, wenn man sie in Prozesse einbezieht. Da unterschätzen Politiker die Bürger oft.

BIRGITTA RONGE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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