Meine Kulturwoche Himmelhoch jauchzend und literarisch mordend

Viersen · Unter dem Motto "Glücklich allein ist die Seele, die liebt" sind am Sonntag Goethe-Gedichte in der Burg Brüggen zu hören — vertont von Schubert und Wolf. Wer statt Matinee ein deftiges Abendessen braucht, geht in die Villa Marx: Dort gibt es zur Krimi-Lesung hausgemachte Rinderrouladen

Wer verliebt ist, kennt das: Man kann sich kaum konzentrieren, starrt immer wieder nach draußen in der Hoffnung, den Geliebten oder die Angebetete irgendwo zu entdecken. Das Herz ist unruhig, der Mensch krank vor Liebe und Sehnsucht. Wunderschön hat Johann Wolfgang Goethe dieses Gemütszustand in seinem "Faust" beschrieben. Da sitzt das arme Gretchen am Spinnrad und kann sich nicht konzentrieren. "Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer", klagt sie und fürchtet: "Ich finde sie nimmer und nimmermehr." Ohne den Geliebten fühlt sich alles tot an. "Die ganze Welt ist mir vergällt", jammert Gretchen. Wäre sie in der heutigen Zeit aufgewachsen, würde sie wohl sagen: "Ohne dich ist alles doof."

Der Komponist Franz Schubert hat sich der Gedichte Goethes angenommen. 1814 vertonte er, gerade 17 Jahre alt, diesen Text über das traurige Gretchen. Und plötzlich hören wir den Rhythmus der Verzweiflung: Da rattert das Spinnrad, da eilt das Mädchen zum Fenster, da ist "der Kopf verrückt" und "der Sinn zerstückt". Wir hören, wie Gretchen dahinschmilzt, wenn sie an den Körper des Geliebten, seinen Mund, seine Augen, seinen Kuss denkt. Hach!

Volker Mertens, Bass-Bariton und Kantor in Niederkrüchten, hat sich die Liebesgedichte Goethes vorgenommen, zu denen Franz Schubert und Hugo Wolf die Melodien komponiert haben. Unter dem Titel "Glücklich allein ist die Seele, die liebt" erwartet die Zuhörer am kommenden Sonntag im Kultursaal der Burg Brüggen eine Liedermatinee, die sicherlich zum Dahinschmelzen sein wird. Mit der Sopranistin Maren Siegel und der Pianistin Blandine Höfer erzählt Mertens ab 12 Uhr von der Liebe in allen Facetten - mal himmelhoch jauchzend, mal zu Tode betrübt. Der Eintritt ist frei, die Veranstalter freuen sich über eine Spende.

Wer nicht allein von Luft und Liebe leben will, dem sei das "Kultur-Menue" in der Villa Marx, Gerberstraße 20 in Viersen, empfohlen. Dort ist am Sonntag, 29. Oktober, der aus Alpen stammende Autor Erwin Kohl zu Gast. Er liest aus seinem aktuellen Krimi "Hopsgegangen" und stellt seine überarbeiteten Neuauflagen von "Die Motte" und "Zugzwang" vor. Bei einer Talkrunde berichtet er den Besuchern außerdem, wie er seine Figuren entwickelt, wie er Morde literarisch verarbeitet und was er gemacht hat, bevor er Krimi-Autor wurde. Unter anderem war er Postbote in Düsseldorf und Filmvorführer in einem kleinen Kino am Niederrhein. Die Veranstaltung beginnt um 18.30 Uhr, die Teilnahme kostet 39 Euro. Enthalten ist ein Drei-Gang-Menü mit niederrheinischen Leckereien (Anmeldung unter Telefon 02162 9182804).

(RP)
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