SPD Haushaltsrede 2016 von Manuel Garcia Limia

Viersen · An dieser Stelle veröffentlichen wir die Haushaltsreden 2016 aus dem Viersener Stadtrat in Gänze, im Folgenden der Beitrag von Manuel Garcia Limia (SPD).

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Ratskolleginnen und Kollegen,

für Sie, Frau Bürgermeisterin, ist dies der erste Haushalt in Ihrer neuen Aufgabe. Im vorigen Jahr noch haben Sie hier für meine Fraktion Stellung genommen. Für die SPD-Fraktion kann ich Ihnen zusagen, Sie auf dem schwierigen Weg die Notwendigkeiten des Haushalts mit den finanziellen Möglichkeiten unserer Stadt in Einklang zu bringen zu begleiten und zu unterstützen. Wir werden daher - was Sie auch nicht überraschen wird - dem vorgelegten Haushalt zustimmen.

Vieles wird Ihnen aus Ihrer letztjährigen Haushaltsrede bekannt vorkommen, Frau Bürgermeisterin. Vernunft ist angesagt. Ein Verhalten, das man - so fair sollte man sein - den anderen Ratsfraktionen auch konstatieren kann. Wir alle haben im Bereich der Finanzen das gleiche Problem.

Unsere Ausgaben sind über viele Jahre höher gewesen als die Einnahmen. Dass das auf Dauer nicht geht ist klar. Um es zu verstehen muss man nicht einmal einen Fernkurs in Betriebswirtschaftslehre belegt haben. Natürlich sind viele der Gründe, die zu so einer Situation geführt haben nicht hausgemacht. Auch Bund und Land haben einen nicht unerheblichen Beitrag zu dieser Situation beigetragen.

Mein Kollege Görgemanns hat vor Jahren in einer seiner Reden zum Haushalt die Frage angesprochen, ob das Glas halbvoll oder halbleer sei. Er hat deutlich gemacht, dass letztlich die Größe des Glases entscheidend sei. Das Glas ist zu groß. Es muss in der Größe angepasst werden, war seine Schlussfolgerung.

Solange wir versuchen das Volumen dieses virtuellen Glases zu füllen - d.h. über unsere Verhältnisse leben - werden wir keinen stabil und nachhaltig ausgeglichenen Haushalt beraten können. Da ist man heute schon froh wenn der Haushalt wenigstens genehmigungsfähig ist.

Dem tragen die Fraktionen überwiegend Rechnung. Die heutigen Stellungnahmen zum Haushalt nehmen vermutlich mehr Zeit in Anspruch, als die eigentliche Beratung in den Ausschüssen. Das ist nicht undemokratisch, das ist den Umständen geschuldet. Auch wenn es mehr Spaß machen würde in Zeiten voller Kassen Politik zu machen.

Im Ernst: Lassen wir uns nicht täuschen. Der Weg zu einem realistischen ausgeglichenem Haushalt ist steinig. Wir sind bei der Bewältigung in guter Gesellschaft all derjenigen Städte, die guten Willens, aber in schlechter Startposition sind. Alle, wir Viersener gehören dazu, sind aber durch die äußeren Umstände und Zusatzbelastungen auf ihrem Pfad der finanziellen Tugend in dem bekannten Maße Stolperfallen ausgesetzt.

Damit meine ich auch aber nicht nur, aber auch die Mehrbelastungen, die sich aus der Flüchtlingskrise ergeben. In der letzten Sitzung des Jugendhilfeausschusses wurden wir über die Anzahl der fehlenden Kita-Plätze informiert. Die sehr positive Entwicklung unserer Stadt macht sich ebenfalls bemerkbar.

Wachsende Städte benötigen auch eine mitwachsende Infrastruktur. Das gilt auch dann, wenn das Wachstum aus der erwähnten Flüchtlingskrise resultiert. Eine Situation, die auch große Chancen bietet.

Wichtige und teure Investitionen liegen vor uns. Noch fehlen konkrete Vorstellungen wie und wo wir die Probleme lösen. Hin und wieder hört man erste Klagen aus der Politik - durchaus auch aus meiner Fraktion - , dass die nötige Zeit fehle, dass Sitzungspläne eventuell nicht einzuhalten seien. Was ist das gegen das Schicksal derer die ihre Heimat verlassen mussten und hier Schutz suchen?

Manche werden als Wirtschaftsflüchtlinge diffamiert. Die so reden sollten sich fragen, was sie täten wen ihre Familien in Gefahr wären, wenn sie keine Zukunft sehen und bereits alles verloren hätten. Fragen ob sie den Mut und die Kraft dazu hätten sich auf den Weg zu machen oder ob sie stattdessen vom heimatlichen Sofa aus nach Hilfe Dritter gerufen hätten.

In der Zeit des bevorstehenden Wahlkampfs für die Landtagswahl des kommenden Jahres, kritisieren unsere örtlichen CDU-Bundes- und Landtagsabgeordneten immer wiederkehrend das vermeintlich unverantwortliche Handeln der Landesregierung. Das Land NRW würde seinen Aufgaben nicht nachkommen, mit falschen Zahlen rechnen, die Kommunen im Stich lassen und ähnlichen Unsinn.

Andere haben ein anderes Bild. Ich zitiere Thomas Reisener von der Rheinischen Post. Er schreibt und stellt dabei einiges richtig: Er bestätigt dem NRW Innenminister Ralf Jäger im Umgang mit der Flüchtlingskrise erfolgreicher zu sein als die Bundesregierung. Dem Land NRW bestätigt er: Kaum ein Land unterstützt die Kommunen bei der Versorgung von Flüchtlingen mehr als NRW. Die Pauschale von 10.000 Euro pro Flüchtling und Jahr, die das Land ab 2016 an sie überweist, kann sich sehen lassen.

Reisener zieht das Fazit: Man kann immer alles noch besser machen. Aber im Großen und Ganzen macht NRW beim Thema Flüchtlinge einen guten Job. Nun wird niemand Herrn Reisener sozialdemokratischer Umtriebe verdächtigen. Aber immerhin bemüht er sich sehr um eine objektive Beurteilung.

Eine besondere Herausforderung stellt auch bei uns die Unterbringung von Flüchtlingen dar. Eine Herausforderung auch für unsere Arbeit. Kann man sonst bei Planungen und Bauvorhaben noch einmal eine Entscheidung zurückstellen, müssen wir zurzeit hochkonzentriert arbeiten. Wir können und dürfen auch von der Verwaltung das Gleiche erwarten.

Frau Bürgermeisterin, meine Damen und Herren,

Unser Eindruck ist: Vom Dezernenten über die Führungskräfte und Mitarbeiter aus den verschiedensten Aufgabenbereichen bis hin zu den Hausmeistern und Sicherheitsbeauftragten, sie alle machen einen guten Job. Dafür sprechen wir ihnen unseren und unsere Anerkennung aus. Und vergessen dürfen wir nicht den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die einen großen Anteil am Gelingen dieser Aufgaben leisten. Auch hier unser Dank.

Lassen sie nicht nach in ihrer schwierigen Arbeit. Lassen Sie sich nicht beirren durch die Diskussion über die finanziellen Folgen. Man ist noch kein Sozialtromantiker wenn man erkennt, dass es nicht um Kostenstellen geht, sondern um Menschen.

Bei aller Bereitschaft unsere humanitären Ansichten im Vordergrund zu sehen und auch für deren Umsetzung zu streiten. Wir werden die Realitäten nicht vergessen. Wir werden unsere Ziele nicht aufgeben. Lassen Sie mich nur das Beispiel des ehemaligen Cornelius Krankenhauses erwähnen. Dort sollen Einrichtungen für die Älteren unserer Gesellschaft entstehen.

Dass wir unter dem Druck Menschen auf der Flucht menschenwürdig unterzubringen das jetzt leerstehende Bettenhaus für diesen Zweck vorübergehend nutzen, werden wir gegen Kritiker verteidigen. Ebenso werden wir uns dafür einsetzen das unmittelbar nach diesem Zeitraum- von dem ehrlich keiner sagen kann wann er endet - die ursprünglich gewollte Nutzung forciert werden kann.

Aber Rat und Verwaltung haben noch mehr Aufgaben vor sich. Ich verzichte bewusst darauf Zahlen und Zeiträume zu nennen. Wer von den damals agierenden Ratskolleginnen und -kollegen hätte gedacht wie umfangreich sich die Umgestaltung der Viersener Südstadt entwickeln würde. Heute sind wir stolz auf das Ergebnis. Neue wichtige Dinge müssen noch gemacht werden, Gestaltung Umfeld Josefsring, die Bahnhofstraße, die Bebauung an der Brüsseler Allee usw.

Die Entwicklung der Dülkener Innenstadt steht ganz vorne auf unserer Agenda. Auch hier ist Anpacken gefragt.

Das Zentrum Süchtelns ist nach dem von einigen erwarteten oder befürchteten Weggang eines Versorgers noch mehr getroffen. Dabei ist nicht nur die Versorgung der Menschen betroffen sondern, wie vom damaligen Gutachter vorhergesagt der Bereich der sozialen Kommunikation. Ob die Ansiedlung eines Supermarktes auf dem Florianplatz der richtige Weg gewesen wäre, die Innenstadt zu beleben werden wir wohl vorläufig nicht erfahren.

Die Bürger haben durch massive Proteste andere Wege bevorzugt. Frau Kamper obliegt jetzt die schwierige Aufgabe Ihre Aussagen Realität werden zu lassen. Ihnen, Frau Bürgermeisterin gebührt Respekt für Ihre Zusage Süchteln komplett in den Focus zu stellen. Keine Lösung schon im Vorfeld auszuschließen und sich nicht von vorwitziger Besserwisserei ins Bockshorn jagen zu lassen. Damit haben Sie eine neue Basis der Diskussion geschaffen.

Auch in anderen Bereichen erwarten uns Herausforderungen. Und wir müssen als Politik die richtigen Antworten und Lösungen liefern, damit unsere Stadt fit für die Zukunft ist. Im Schulbereich stehen wir vor ähnlichen Aufgaben - etwas zeitversetzt - wie m KiGa-Bereich. Fehler, die wir machen, werden sich hier mittel- und langfristig rächen.

Ich möchte da nur an die Diskussion zum Thema Schulsozialdienst erinnern. Ob der Hinweis auf Düsseldorf die klügste Herangehensweise ist, bezweifle ich. Auch in anderen Bereichen - ob Sport oder im Sozialen Bereich - müssen wir dafür Sorge tragen, dass alle Viersenerinnen und Viersener teilhaben können. Nur dann funktioniert eine Stadt.

Ein anderes wichtiges Thema für die Stadt Viersen ist der Kulturbereich. Es ist uns gelungen über Jahre ein hochwertiges und vor allem breitgefächertes Kulturprogramm anzubieten. Und das trotz knapper Kassen. Wir haben eine tolle Stadtbücherei, die ihren Bildungsauftrag mehr als erfüllt. Und ein Stadtarchiv, dass in seiner Ausrichtung und Einbindung ehrenamtlicher Kräfte seinesgleichen sucht. Und in dem Zusammenhang sage ich: Nein zu einer Zusammenführung mit dem Kreisarchiv. Was uns im Kulturbereich über viele Jahre geglückt ist, dass über alle Fraktionsgrenzen hinweg eine nachhaltige Politik betrieben worden ist. Nicht das Event stand im Vordergrund, sondern eine Kulturpolitik, die einer klaren Linie folgte. Die Diskussion im letzten Ausschuss lässt aber befürchten, dass nicht alle Fraktionen dem folgen werden. Ich hoffe jedoch, dass es nur ein Ausrutscher war, der uns nicht zu viel kosten wird.

Eins dürfen wir jedoch nie aus den Augen verlieren. Und zwar die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Zum einen muss Verwaltungshandeln transparenter werden. Ich weiß natürlich Frau Bürgermeisterin, dass Sie da bereits auf dem Weg sind, einiges zu bewegen. Aber Entscheidungen - gerade in Zeiten knapper Kassen - bedürfen der Akzeptanz der Bürgerschaft. Und ein Schritt dahin führt über die Transparenz von Entscheidungen und Prozessen, die dazu geführt haben.

Zum anderen sollten wir die Bürgerinnen und Bürger stärker einbinden. Und damit meine ich alle und nicht nur die, die am lautesten schreien. Es geht darum, dass wir stärker das Knowhow und die Ideen aus der Bürgerschaft nutzen. Die Bürger müssen wissen, dass man Ihre Meinung ernst nimmt.

Ich bin nicht der Erste, der dies anspricht. Aber wenn wir ehrlich sind, ist es uns bisher nicht wirklich gelungen Bürgerinnen und Bürger in politische Prozesse einzubinden. Da müssen wir ran. Im Interesse aller. Gerade wir ehrenamtlichen Politiker brauchen den Bürger als Verbündeten. Manchmal auch als Gegengewicht zu einer Verwaltung.

Die Diskussion über die GMG und ihrer zukünftigen Organisationsform veranlasst mich einige Bemerkungen zu der Tätigkeit der städtischen Töchter zu machen. Wir sollten uns als Rat durchaus Gedanken darüber machen, ob die Auslagerung von Aufgaben immer Sinn macht. Natürlich gibt es oft gute Argumente dafür. Das will ich nicht in Abrede stellen.

Es ist aber doch festzustellen, dass viele bereits in den Gremien der Töchter getroffene Entscheidungen, da wo es notwendig ist, die Grundlagen weiterer Entscheidungen der Ratsgremien sind. Im kleinen Kreis diskutiert und entschieden, heißt es dann. Das mag effizient sein, demokratisch ist es nicht. Zu oft entziehen sich die Entscheidungen dieser Gremien der Allzuständigkeit des Rates. Wir sind auf die Berichte in den nichtöffentlichen Fraktionssitzungen angewiesen. Ob das richtig ist?

Da wo es rechtlich notwendig ist, mag dies so sein. Aber seien wir doch ehrlich: Es gibt immer wieder Themen, bei denen auch wir als Ratsmitglieder uns darüber wundern, dass es so gehandhabt wird. Wir sollten uns ggf. selber die Frage stellen, ob wir - da wo es sinnvoll ist - uns stärker in diese Entscheidungen einbringen. Denn nur ein starker Rat ist im Interesse der Viersener Bürgerinnen und Bürger.

Dem Kämmerer und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Kämmerei und Finanzverwaltung danken wir für ihre Arbeit. Wir werden dafür sorgen, dass ihnen die Arbeit nicht ausgeht.

Vielen Dank!

(RP)
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