Viersen Gutachter bestätigt Brandschutzmängel in Altenheim

Viersen · Der Caritasverband wehrt sich gegen Vorwürfe, die Mängel im Irmgardisstift als Vorwand zu benutzen oder diese selbst herbeigeführt zu haben. Ingenieur Georg Spennes spricht von "Planungs- und Ausführungsfehlern in den 90er Jahren".

 Ein Blick in ein Geschoss des Irmgardisstifts mit Holzbalkendecken. Dabei bemängelt Gutachter Georg Spennes deren mangelnden Brandschutz.

Ein Blick in ein Geschoss des Irmgardisstifts mit Holzbalkendecken. Dabei bemängelt Gutachter Georg Spennes deren mangelnden Brandschutz.

Foto: Busch

Ingenieur Georg Spennes ist sicher: "Jeder Gutachter würde zu ähnlichen Erkenntnissen kommen wie ich." Der Aachener Sachverständige hat für die Caritas den denkmalgeschützten Altbau des Irmgardisstifts auf Brandschutzmängel untersucht. Nach Recherche in Bauakten und Unterlagen sowie nach zwei Begehungen am 2. und am 20. November 2015 heißt es in dem Fazit, das der Redaktion vorliegt: "Es wurde eine große Anzahl brandschutztechnischer Mängel festgestellt. Die Mängel sind zum Teil so gravierend, dass eine Gefahr für Leib und Leben im Falle eines Brandausbruchs für die Nutzer des Gebäudes nicht ausgeschlossen werden kann."

Der Vorstand des Caritasverbands Kempen-Viersen wehrt sich damit gegen Vorwürfe rund um die Räumung des Altenheims. Geschäftsführer Peter Babinetz und Ingeborg Odenthal, erste Vorsitzende des Beirats, hatten zur Pressekonferenz ins "Haus der Caritas" eingeladen. Dort legte Georg Spennes, Sachverständiger und Gutachter vom Büro "BFT Cognos" aus Aachen sein "Gutachten zur brandschutztechnischen Bewertung des Bestands Irmgardisstift" vor. Zu den von ihm attestierten Mängeln gehören Stahlbetondecken, die durch nachträgliche Leitungen in der Feuerbeständigkeit herabgesetzt wurden.

 Schlitze in der Wand beim nachträglich eingebauten Aufzugschacht.

Schlitze in der Wand beim nachträglich eingebauten Aufzugschacht.

Foto: BFT

Für Altenheime seien Decken in der Qualität "Feuerwiderstand (F) 90" gefordert - also Decken, die bei einem vollständigen Brand 90 Minuten standhalten, so dass Menschen vor Ort gerettet und mit dem Löschen begonnen werden kann. Auch die Holzdecken seien "sehr schlecht nachgerüstet" worden. Zudem seien die Bereiche zwischen den Geschossen "unsachgemäß abgeschottet" worden: Lüftungsleitungen verliefen ohne Schutz durch Decken, Duschabflüsse wurden nicht abgeschottet, Schlitze blieben nach dem Aufzugseinbau unverkleidet in der Wand. "Dadurch hätte sich Rauch in Sekunden in das nächste Geschoss ausbreiten können", so der Ingenieur.

Zuletzt in der Sitzung des Viersener Stadtrats wurde der Verdacht wiederholt, wonach erst bei der aktuellen Sanierung die intakten, 1992 bis 1994 instandgesetzten, Komponenten des Gebäudes mutwillig beschädigt worden seien. Dem widerspricht Spennes: "Die Ursache aller Mängel kann auf Planungs- und Ausführungsfehler bei der Sanierung in den 1990er Jahren zurückgeführt werden. Augenscheinlich wurden sämtliche Mängel in dieser damaligen Bauphase verursacht."

 Ein Blick auf eine geöffnete, nichtabgeschottete Decke.

Ein Blick auf eine geöffnete, nichtabgeschottete Decke.

Foto: busch

Warum haben seitdem weder Feuerwehr noch Bauordnung Mängel erkannt? "Laut Aktenlage waren die Brandschutzvorgaben verzeichnet, sie sind nur niemals vollständig umgesetzt worden", erklärt Georg Spennes. Und: "Niemand hat hinter die sanierten Decken geschaut." Erst bei der kürzlich begonnenen Sanierung sei dies erfolgt - und die Brandschutzmängel seien sichtbar geworden.

"Es hat zahlreiche Gerüchte, Spekulationen und Diffamierungen gegeben", sagte Peter Babinetz. Man habe sich jetzt zur Veröffentlichung des Gutachtens entschlossen, um die "immer unsachlicher werdende Diskussion" zu versachlichen. Von der Einladung in den städtischen Haupt- und Finanzausschuss habe Babinetz aus der Zeitung erfahren: "Wir würden gern Fachleute und unseren Rechtsbeistand mitnehmen. Wir wollen zur sachlichen Klärung beitragen."

(RP)
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