Meine Kulturwoche Geschichten erzählen mit Tänzen und Tönen

Viersen · Diese Künstler haben ihre eigene Sprache, sie brauchen keine Worte: Jon Lehrer und seine Bewegungskünstler nehmen die Zuschauer im Schatten-Tanz-Stück "Shadows in Motion" mit auf eine Zeitreise. Sophie Pacini bringt durch ihre einfühlsamen Interpretationen Geschichten auf dem Klavier zum Klingen

Man kann viele Worte machen und nichts sagen. Man kann nicht sprechen und unendlich viel erzählen. In dieser Woche sind zwei Geschichtenerzähler zu Gast in der Viersener Festhalle: Jon Lehrer mit seinen acht Tänzern und die Pianistin Sophie Pacini.

Am Dienstag, 20. März, 20 Uhr, nimmt die Jon Lehrer Dance Company die Zuschauer mit auf eine Reise durch die Zeit. Die acht Tänzer aus Buffalo (USA) zeigen sieben Geschichten aus Licht und Schatten in der ausverkauften Festhalle. Gerade erst hatte ihr Stück "Shadows in Motion" seine Weltpremiere im süddeutschen Villingen.

Die Truppe um Jon Lehrer vereint die Genres Break, Modern und Jazz Dance mit Akrobatik und Ballett. Ihre Schattenspiele - unterstützt von Multimedia-Technik, Projektionen und fantastischen Kostümen - sind kraftvoll, leichtfüßig und witzig. Die Vorführung beginnt in der Urzeit. Das Stück "Chukchi" ist dem sibirischen Volk der Tschuktschen gewidmet. Rasant tanzen Lehrers Eleven rituelle Geschichten und Gefühle zu archaisch-rhythmischen Klängen. Von dort geht es weiter in eine wogende Unterwasserwelt, bei der sich akrobatische Figuren aus dem Wassernebel erheben. Das Schattenspiel endet mit einem science-fiction-artigen Ausblick ins Universum.

Jon Lehrer hat seinen eigenen Tanzstil entwickelt. Er selbst begann erst mit 19 Jahren - relativ spät - zu tanzen. Zu seinen Choreographien sagt er, er wolle eine Brücke schlagen zwischen Kunst und Unterhaltung. Er wolle ein Publikum ansprechen, das noch nie zuvor Tanz gesehen hat. Viele Viersener haben bereits 2013 die Tänzer aus Buffalo gesehen, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie sich wieder begeistern lassen.

Zwei Tage später, am Donnerstag, 22. März, 20 Uhr, sitzt in der Festhalle die deutsch-italienische Pianistin Sophie Pacini am Flügel. In Musikerkreisen wird sie die "Früh-Vollendete" genannt. Mit neun Jahren gab sie ihr Konzertdebüt. 2011 erhielt sie als "eine der größten Begabungen ihrer Generation" den Förderpreis Deutschlandfunk. 2015 bekam sie den Echo Klassik als Nachwuchskünstlerin des Jahres. Wer sie reden hört, merkt, dass die Früh-Vollendete auf dem Teppich geblieben ist. Vielleicht, weil sie nicht aus einer ehrgeizigen Musiker-Familie stammt. Vielleicht, weil sie den Talent-Zirkus mit Distanz betrachtet. Vielleicht, weil der Flügel ihr Freund und Tröster ist. "Ich möchte nicht, dass die Leute denken: Sie spielt Klavier. Sondern: Da klingt Musik", hat sie gesagt. Über die Musik will sie Geschichten erzählen von Menschen, von Gefühlen.

Bevor sie zu spielen beginnt, spürt sie das Atmen des Publikums, die Elektrizität in der Luft. Der Atmosphäre passt sie ihre Interpretationen an. Mit Robert Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy steht Romantik auf dem Programm. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass keiner zu reden wagt, wenn der letzte Ton verklungen ist.

(RP)
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