Viersen Geduldeter Libanese: Arbeitslos statt Lehre

Viersen · Fast 40 Minuten dauert Mohamad Fares Abou Saris' Termin bei der Ausländerbehörde der Stadt Viersen. Dann kommt der 29-Jährige raus, geht langsam die Stufen vor dem Haupteingang runter, bleibt auf dem Bürgersteig stehen. Er wirkt geschockt.

 Vor der Ausländerbehörde versammelten sich Freunde, Mitglieder der Linken und der Linksjugend, um Mohamad Abou Sari (2.v.r.) zu unterstützen.

Vor der Ausländerbehörde versammelten sich Freunde, Mitglieder der Linken und der Linksjugend, um Mohamad Abou Sari (2.v.r.) zu unterstützen.

Foto: Fischer

Seit März 2013 hält sich Abou Sari in Deutschland auf. Im Libanon habe er nicht bleiben können, sagt er. "Ich hatte Probleme mit einer politischen Gruppe, das war ganz gefährlich für mich." Er stellte einen Asylantrag, suchte sich Arbeit in Süchteln, mietete eine Wohnung. Den Antrag auf Asyl lehnte das Verwaltungsgericht Düsseldorf im März 2017 ab. Seitdem ist Abou Sari ausreisepflichtig. In Deutschland hat er den Status "geduldet", er muss also ausreisen, sobald der Ausländerbehörde alle nötigen Heimreisedokumente vorliegen. Er versuchte, zumindest eine Ausbildungsduldung für drei Jahre zu erwirken. Denn Abou Sari hat einen Ausbildungsplatz als Packmitteltechnologe. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.

Gestern wäre sein erster Tag als Azubi gewesen. Stattdessen teilte ihm eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde mit, dass er gar nicht mehr arbeiten darf. "Das ist keine Ermessensentscheidung", betont Tina Dornhoff, Koordinatorin der Behörde. Abou Sari müsse laut Gesetz dabei mitwirken, die Heimreisedokumente zu vervollständigen - das habe er bisher aber nicht getan. Daraus folgt nun, dass er nicht mehr arbeiten darf. Was fehlt, ist ein Pass. Ohne diesen Identifikationsnachweis kann er weder freiwillig ausreisen noch abgeschoben werden. Laut Ausländeramt hatte er früher schon einmal einen Reisepass, das sei behördlich bestätigt. Bei den Terminen dort habe er aber angegeben, noch nie einen besessen zu haben. Auch für die Ausbildungsduldung sei ein Pass nötig, erläutern Dornhoff und Christoph Hünnekes, Leiter der Abteilung für Meldeangelegenheiten. Sie sind sicher: Hätte Abou Sari den Pass besorgt, wäre der Antrag auf Ausbildungsduldung nicht abgelehnt worden. In drei Jahren könnte er dann einen Antrag auf Duldung für weitere sechs Monate stellen, während er einen Arbeitsplatz sucht. Und dann wäre er lange genug im Land, sodass eine Aufenthaltsgenehmigung geprüft werden könnte.

Abou Sari sagt jedoch, er sei bereits zwei Mal in der Botschaft des Libanon in Berlin gewesen, um einen Pass zu beantragen. Ohne gültigen Aufenthaltstitel werde ihm das Dokument aber nicht ausgestellt. Das Problem: Als geduldeter Ausländer hat er keinen gültigen Aufenthaltstitel. Dass er nun weder arbeiten noch seine Ausbildung beginnen darf, können weder er noch sein Anwalt Markus Ley nachvollziehen. Es gebe durchaus Ermessensspielraum, betont Ley: "Die Stadt könnte sich bewegen, wenn sie wollte." Es stehe auch nirgendwo im Gesetz, dass einem Ausländer eine Ausbildungsduldung nur in Verbindung mit einem Pass gewährt werde. Abou Sari habe daran mitgewirkt, die nötigen Papiere für die Ausreise zu besorgen. Aber es sei eben nicht so einfach, in der libanesischen Botschaft einen Pass zu bekommen.

"Wir werden gegen das Versagen der Arbeitserlaubnis und der Ausbildungsduldung Rechtsmittel einlegen", sagt Ley. Für Abou Sari steht außerdem bald wieder ein Gang zum Amt an: Er muss Arbeitslosengeld beantragen.

(RP)
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