Viersen Flüchtlinge: Das muss Viersen leisten

Viersen · Die Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge in Viersen ist ungebrochen groß. Die Unterstützung aus der Bevölkerung trägt wesentlich zur Lösung der Probleme bei, die auf die Stadt zukommen werden. Gestern tauschten sich die Beteiligten aus.

 Flüchtlinge in Viersen: Ein Großteil der Neuankömmlinge sind Kinder.

Flüchtlinge in Viersen: Ein Großteil der Neuankömmlinge sind Kinder.

Foto: franz-heinrisch busch

In diesem Jahr wollte Tim von seinen Freunden und Verwandten keine Geschenke zum Geburtstag, dem Tag, den er jedes Mal so herbeisehnt. Tim bat seine Verwandten stattdessen, ihm Geld zu schenken, damit er es spenden kann: an Flüchtlinge. Das tat er dann auch. Tim übergab die Summe, die er gesammelt hatte, einer Viersener Hilfsorganisation für Flüchtlinge. "Das ist eine wunderbare Sache", sagt Peter Hohlweger, zuständig für die Flüchtlingsarbeit bei der Diakonie Krefeld Viersen.

Die Geschichte des jungen Vierseners steht exemplarisch für die ungebrochen hohe Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge im Kreis Viersen. Gestern trafen sich Vertreter der Verwaltung, von Sozialvereinen und Bürger der Stadt zu einem Runden Tisch Asyl, um sich über die neuesten Entwicklungen auszutauschen. Hohlweger berichtete dort von ganzen Häusern voller Hilfsgüter und täglich neuen Hilfsangeboten von Bürgern - trotz der großen Hilfsbereitschaft aber steht die Stadt bei der Unterbringung von Flüchtlingen weiter vor einer riesigen Herausforderung.

Sozialdezernent Dr. Paul Schrömbges stellte die Zahlen vor. Bis Ende des Jahres rechnet die Stadt mit bis zu 600 neuen Flüchtlingen. Im nächsten Jahr sollen noch einmal 1000 dazu kommen. Sie alle müssen untergebracht werden, einige zeitlich beschränkt, andere dauerhaft.

Wahrscheinlich ist, dass viele der Neuankömmlinge erst einmal in das Kaiser's-Haus am Lichtenberg ziehen werden. Die Stadt will darin eine zentrale Unterbringungseinrichtung errichten, die dann vom Land NRW betrieben wird. "Wir wollen das gesamte Haus für die Erstaufnahme vorbereiten", sagte Schrömbges. Derzeit leben in dem Gebäude 150 Flüchtlinge zur Erstaufnahme auf drei Etagen. Wird das Haus zur Unterbringungseinrichtung, würden auch die übrigen Etagen des Gebäudes genutzt. "Ich gehe davon aus, dass das funktioniert", sagte Schrömbges. Derzeit betreibt das Land 18 Zentrale Unterbringungseinrichtungen, in denen die Flüchtlinge registriert werden und von wo aus sie in die Kommunen verteilt werden. Viersen wäre der 19. Standort.

Vorher muss der Verwaltungsrat in seiner Sitzung am Dienstag aber grünes Licht geben. Das Gebäude müsste mit 60 zusätzlichen Duschen bestückt werden, außerdem müssen alle Brandschutzbestimmungen erfüllt werden. Laut Schrömbges laufen derzeit überdies bereits Gespräche mit einem großen Betreuungsverband, der sich um die Flüchtlinge im Kaiser's-Hochhaus kümmern soll.

Wann die Einrichtung frühestens in Betrieb gehen könne, sei noch nicht absehbar, sagt Schrömbges, der die mangelnde Unterstützung des Landes beklagt. "Es gibt kaum Gesetzeserleichterungen. Es müssen weiterhin strikte bürokratische Hürden genommen werden. Das lähmt unser Handeln deutlich."

Die Unterbringung der Flüchtlinge ist nur eine Aufgabe, die auf die Stadt zukommt. Eine ganz andere ist die Betreuung. Schrömbges verdeutlicht: "30 Prozent der Menschen, die zu uns kommen, sind unter 18." Bei den Meisten gilt also die Schulpflicht. "Bei 1000 Flüchtlingen sind es 300 unter 18. Das ist schon eine ganze Schule", sagte der Sozialdezernent. Für sie alle müssen genügend Plätze her.

Verschiedene Sozialeinrichtungen sorgen sich indes um die Integration der Flüchtlinge. Sylvia Knoben vom Flüchtlingssozialdienst SKM Kempen/Viersen zum Beispiel kümmert sich um die Berufsintegration von Flüchtlingen, die nach einer Vorrangsprüfung in Deutschland arbeiten dürfen, sobald sie drei Monate im Land sind. Sie kann bereits von ersten Erfolgen berichten: Zwei Flüchtlinge, die in der Containersiedlung an der Schmiedestraße in Süchteln leben, hätten es bereits in Arbeit geschafft. Vier andere sind im Bewerbungsverfahren. Zehn Bewohner der Containersiedlung gehen mittlerweile aufs Berufskolleg. "Es gibt einige Bewohner dort, die sogar einen Bachelor-Abschluss haben", sagte Knoben. Viele Potenziale schlummerten aber noch im Verborgenen.

(RP)
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