Kreis Viersen Fall Weber: Kreis will Berufung

Kreis Viersen · Der wegen anrüchig wirkender Fotos mit Jugendlichen fristlos gekündigte Kreis-Jugendamtsleiter Thomas Weber hat vor dem Arbeitsgericht einen Teilerfolg errungen: 43 851,44 Euro Abfindung. Landrat Ottmann ist nicht einverstanden.

Scharfe Töne schlug der Anwalt des Kreises Viersen, Dr. Thorsten Leisbrock, gestern vor der 4. Kammer des Arbeitsgerichts Krefeld an: Von "Sittenstrolch" mit "pädophiler Ader" und "perversen Neigungen" war die Rede. Nach einem Hinweis zu Jahresbeginn, man möge sich Fotos auf der Homepage des Viersener Vereins "Jugend aktuell" ansehen, dessen Vorsitzender Thomas Weber ist, seien Bilder von Kindern und Jugendlichen "in unvorteilhafter Pose, teilweise in Unterwäsche" entdeckt worden. "Für uns ist ein solcher Jugendamtsleiter nicht tragbar", erklärte der Anwalt des Kreises, gegen den Weber wegen der fristlosen Kündigung und Anfechtungen seiner charakterlichen Eignung für das Amt klagt.

Vorwürfe nicht nachvollziehbar

Richterin Edith Beckers rügte die drastischen Formulierungen und schätzte die umstrittenen Bilder als "Spaßfotos" mit "pubertärem Gehabe" ein. Die Vorwürfe des Kreises bis hin zu "Gefährdung von Kindeswohl" könne sie "nicht nachvollziehen". Beim Verein kritisierte sie die fehlende "medienkritische Haltung für Gefahren des Internets".

Bei dem Kammertermin – ein Gütetermin am 17. Februar war gescheitert – kamen nun auch "Anfechtungen" zur Sprache, mit denen der Kreis in den Wochen nach der Beurlaubung die fehlende charakterliche Eignung seines Ex-Jugendamtsleiters untermauern wollte. Da ging es um "Vorfälle" bei Pfadfinderausflügen nach Monschau und mehrwöchigen Ferien in Frankreich und einen Erpressungsversuch, der Weber unter seiner privaten E-Mail-Adresse erreichte, ferner um Äußerungen im Kollegenkreis. Webers Anwalt Dr. Herbert Huppertz wertete die Vorwürfe als Äußerungen von "Trittbrettfahrern" nach Presseveröffentlichungen über die gegen seinen Mandanten erhobenen Vorwürfe. Auf Nachfrage der Richterin erklärte der 45-Jährige, er habe zu den beiden in der Anfechtung genannten, inzwischen erwachsenen jungen Männern seit 25 Jahren keinen Kontakt mehr. Zu den beanstandeten fünf Äußerungen gegenüber Kolleginnen innerhalb von anderthalb Jahren meinte Richterin Beckers, wenn es so gewesen wäre, seien das sexistische und frauenfeindliche Äußerungen gewesen, doch dann habe eine Abmahnung erfolgen müssen.

Ein Teilurteil gab die Pressestelle des Arbeitsgerichts am Nachmittag bekannt: Das Arbeitsverhältnis sei nicht mit dem 18. Januar beendet worden. "Die außerordentliche Kündigung vom 19. Januar ist unwirksam. Das Arbeitsverhältnis wird auf Antrag des Klägers zum 1. Januar gegen Zahlung einer Abfindung von 43 851,44 Euro aufgelöst." Diese Entscheidung sei für den Landrat nicht nachvollziehbar, erklärte Kreis-Pressesprecher Axel Küppers. Landrat Peter Ottmann: "Im Ergebnis möchte ich von der Justiz wissen, ob solch ein Mensch Leiter eines Jugendamtes sein kann." Für den Landrat sei dies nach wie vor "unverantwortlich". Der Fall geht dann vor das Landesarbeitsgericht Düsseldorf.

(RP)
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