Kreis Viersen Euregio schafft einen Grenzinfopunkt

Kreis Viersen · Der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt steht immer noch am Anfang, weil es keine einheitlichen Regeln gibt. Die Euregio Rhein-Maas-Nord verbessert ab dem 1. Januar das Informationsangebot für Arbeitnehmer und Unternehmen.

Deutsche Arbeitnehmer sind viel eher bereit, in den Niederlanden zu arbeiten als die Niederländer umgekehrt. Sie stoßen jedoch immer wieder auf dieselben Probleme. Grenzpendler kämpfen weiterhin auf sämtlichen Gebieten mit unterschiedliche Rechtssystemen und müssen sehr genau achtgeben, um keine Nachteile zu erfahren. Katastrophal schlecht sind außerdem weiterhin die Verbindungen mit Bus und Bahn.

Die Euregio Rhein-Maas-Nord richtet zum 1. Januar einen Grenz-infopunkt ein, der Arbeitnehmer und Arbeitgeber beraten wird. Zwei Mitarbeiterinnen werden sich ganz individuell mit Themen wie Arbeitsbedingungen, Sozialversicherung, Lohnsteuer, Krankenversicherung, Renten, Umzug ins jeweils andere Land sowie Familienleistungen beschäftigen. André Dritty, Geschäftsführer der Euregio, stellte das Projekt nun der Verbandsversammlung in der ECI Cultuurfabriek in Roermond vor.

Es gibt zwar bereits regelmäßige Sprechstunden für Grenzpendler in Venlo, die auch fortgesetzt werden. Aber das reicht bei weitem nicht. Die Euregios an der deutsch-niederländischen und niederländisch-belgischen Grenze haben sich darauf verständigt, die Grenzinfopunkte einzurichten. Künftig wartet aber niemand im Euregiohaus in Mönchengladbach darauf, dass Kunden kommen. "Wir werden die Menschen aufsuchen", versicherte Dritty. Die beiden neuen Mitarbeiterinnen werden per Telefon, E-Mail, in Videokonferenzen und gezielt in persönlichen Gesprächen beraten und weiterhelfen.

Wenn ein Sachverhalt kritisch wird, schalten die Grenzinfopunkte die Fachbehörden ein. Kommt es zu grundsätzlichen Problemen, die womöglich erst über die Gesetzgebung zu regeln wären, schaltet die Euregio das Institut für Grenzfragen (Item) an der juristischen Fakultät der Universität Maastricht ein. Veronique Eurlings nannte ein Beispiel, in dem Item tätig wurde: Ein Student hatte an mehreren ausländischen Hochschulen studiert und wegen seiner Wechsel Beihilfen verloren. "Wir wollen, dass Nachwuchskräfte möglichst internationale Erfahrung sammeln. Dann kann man ihnen, weil die Beihilfesystematik das in der Praxis nicht vorsieht, Leistungen streichen", erklärte sie.

Statistiker in den Niederlanden und in Nordrhein-Westfalen haben wichtige Erkenntnisse gesammelt. Obwohl die Freizügigkeit seit mehr als zwanzig Jahren im EU-Raum gilt, steht der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt weiterhin am Anfang. Die Arbeitnehmer in Grenznähe sind eher bereit, für einen Job ins andere Land zu wechseln. Anziehend sind vor allem urbane Räume wie Maastricht, Lüttich und Aachen, aber auch Roermond, Venlo, Nijmegen oder Arnhem.

Bedenklich stimmt, dass das Arbeitsplatzangebot nicht genutzt wird. "Die Menschen gehen nicht über die Grenze, um sich nach Arbeitsplätzen zu erkundigen", stellte Dritty bedauernd fest. Im Vergleich mit ihren deutschen Kollegen stehen sehr viel mehr niederländische Studenten in einem Arbeitsverhältnis. Dafür arbeiten aber sehr viel mehr ältere Deutsche noch als niederländische Altersgenossen. Spürbar ist auch die unterschiedliche konjunkturelle Entwicklung. In Deutschland ist die Arbeitslosigkeit geringer als im Nachbarland, wo es eine tiefe Delle gegeben hat. Dritty berichtete von einem Systemwechsel im Nachbarland, der in Deutschland sicherlich in die Kategorie der Scheinselbstständigkeit fiele: Mitarbeiter verlieren ihren Job und machen ihn für ihren ehemaligen Arbeitgeber als "Ein-Mann-Betrieb". Bemerkenswert ist, dass die Arbeitslosigkeit in unmittelbaren deutschen Grenzräumen geringer ist als im Durchschnitt in NRW.

Die Statistiker ermittelten weiterhin, dass 5900 Niederländer in Deutschland wohnen und arbeiten, aber 7700 Deutsche im Nachbarland leben und arbeiten. Vor allem geringere Lebenshaltungskosten, vom Immobilienkauf bis hin zum täglichen Bedarf, lockt Niederländer über die Grenze. Sehr viele von ihnen pendeln zur Arbeit in ihr Heimatland. Dabei sind sie fast immer aufs Auto angewiesen. Die Verbindungen per Bus und Bahn sind extrem schlecht und oft überhaupt nicht vorhanden. Damit muss sich die Euregio dringend befassen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort