Brüggen Erinnerungen an einen Brüggener Ehrenbürger

Brüggen · Leonhard Jansen wurde vor 110 Jahren geboren. In seinem Privatarchiv zeigt Otto Lehmann eine kleine Ausstellung über den Schriftsteller

Eine Schreibfeder ist auf der Tafel zu sehen, die am Haus an der Borner Straße 70 hängt. In diesem Haus lebte und arbeitete der Schriftsteller Leonhard Jansen, der heute vor 110 Jahren in Mönchengladbach geboren wurde. In Brüggen führte er eine Tischlerwerkstatt, dort verfasste er Bühnenstücke, Gedichte, Romane und Erzählungen. "Zwei Materialien waren es, die sein Leben entscheidend bestimmten: Holz als Rohstoff und Sprache als Werkstoff", erklärte 2006 der damalige Bürgermeister Gerhard Gottwald bei einer Feier. Jansen war "im Lebenswerk ein großer Mensch, der auch nach seinem Tod am 22. Januar 1997 mit seinem Vermächtnis in unserer Gemeinde nachwirkt und beeindruckt", sagte Gottwald.

An Jansens Schaffen erinnert der Brüggener Otto Lehmann, der Dokumente und Bilder von Brüggener Persönlichkeiten in seinem Privatarchiv sammelt und dies gern Interessierten zugänglich macht. Noch bis Ende Juli präsentiert der pensionierte Lehrer in einer kleinen Ausstellung dort Schriften und Bilder, die Jansens Werk beleuchten - darunter viele Zeitungsartikel (Jansen schrieb auch für die Rheinische Post), die Publikationen des Schriftstellers, Plakate - schlicht "alles, was Jansen hier in Brüggen hinterlassen hat", fasst Lehmann zusammen.

Leonhard Jansen zog 1929 mit seiner Frau Elisabeth nach Brüggen und machte sich als Tischler selbstständig. Schon in seiner Lehrzeit erschienen erste Gedichte und Erzählungen in Zeitungen und Zeitschriften. 1932 gründete er die Brüggener Spielschar - neun Stücke sollte er für die Gruppe schreiben, in der er auch Regisseur und Darsteller war. 1940 wurde Jansen, ein Kämpfer gegen soziale Ungerechtigkeit und überzeugter Pazifist, für den Militärdienst eingezogen. Mit einem schweren Herzleiden kam er nach drei Jahren zurück. 1944 wurden die Brüggener evakuiert, Jansen versteckte sich und schilderte später die Erfahrungen des Kriegsendes.

Unter dem unauslöschlichen Eindruck von Krieg und Grausamkeit habe er nach dem Krieg zu schreiben begonnen, hält Margret Cordt in ihrem Porträt über Jansen in dem Band "Brüggen - Bracht - Born" 1979 fest: "Er versucht, seine gebeutelten Mitmenschen aufzurichten, indem er Menschen in Grenzsituationen zeigt, in denen sie sich entschließen müssen, nicht in Bitterkeit und Resignation zu verfallen, nicht in Trotz und Ablehnung gegen Obrigkeiten wie Staat oder Kirche zu verharren, sondern ihr Leben in freier Selbstverwirklichung zu bestimmen."

Zwölf Romane, neun Erzählbände, sieben Lyriksammlungen, neun Dramen, auch rund 1000 Manuskripte mit Gedanken zu Kultur und Zeitgeschichte gehören zu Jansens schriftstellerischem Nachlass, den er dem Kreisarchiv vermachte. Persönlich setzte er sich im Sozialverband VdK für die Hinterbliebenen der Gefallenen und die Kriegsbeschädigten ein, war stellvertretender Bürgermeister und Ratsmitglied in Brüggen. 1970 erhielt Jansen die Werner-Jaeger-Medaille, 1980 den Rheinlandtaler, 1981 die Ehrennadel seiner Geburtsstadt Mönchengladbach, 1989 die goldene Ehrennadel des Bundesverbandes VdK. 1989 ernannte ihn die Gemeinde Brüggen zum Ehrenbürger.

1991 starb Jansens Frau. Mit ihrem Tod verstummte auch die Lyrik des Dichters, berichtet Lehmann: "Er hat Wortbilder gemalt, die Augen und Ohren für das (Er)leben öffnen und den aufrechten Gang als Verantwortung wahrnehmen sollen. Am Ende ging ein gebeugter Mann, der sich im Leben den Mächtigen nie beugte, bedächtigen Schrittes, den Kopf mit einem Seitenblick gesenkt, auf die 90 zu und seines Weges, der fast täglich von seinem Haus an der Borner Straße 70 zur Herrenlandstraße führte, zum Grab seiner Frau."

Neben ihr wurde er nach seinem Tod am 22. Januar 1997 bestattet.

(RP)
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