Viersen Erinnerung an einen fast Vergessenen

Viersen · Forscher-Ergebnissezum Lyriker Paul Therstappenaus Breyellwerden am Donnerstag,22. März, beider "BlauenStunde" vorgestellt.

 In diesem Haus an der Lobbericher Straße/Ecke Felderend lebte Paul Therstappen; gern hielt er sich im großen Garten auf.

In diesem Haus an der Lobbericher Straße/Ecke Felderend lebte Paul Therstappen; gern hielt er sich im großen Garten auf.

Foto: Affektstudios Kempen

Für diesen Abend kommt die 900-Jahr-Feier von Breyell eigentlich zu früh. "Wir sind noch mitten in den Nachforschungen und wollten das Ergebnis im Jahr 2022 vorlegen", sagt Berndt Goossens. Der promovierte Literaturwissenschaftler befasst sich seit einigen Jahren zusammen mit der pensionierten Studiendirektorin Angela Wegers mit Leben und Werk des weitgehend vergessenen Lyrikers, Mythologen und Vorgeschichtsforschers Paul Therstappen. Zum 150. Jahrestag von Ther-stappens Geburtstag soll eine eingehende Darstellung vorliegen: "Wir geben nun einen Zwischenbericht", sagt Gossens.

 Adolf Oehlen hat diese Zeichnung von Paul Therstappen anlässlich seines 70. Geburtstags gefertigt.

Adolf Oehlen hat diese Zeichnung von Paul Therstappen anlässlich seines 70. Geburtstags gefertigt.

Foto: Oehlen

Paul Therstappen wurde 1872 in Breyell geboren. Nach Studienjahren in Münster, München, Straßburg und Marburg sowie beruflichen Stationen in Königsberg (heute Kaliningrad), Breslau (heute Wroclaw), Trier, Mönchengladbach und Köln kehrte er 1942 nach Breyell zurück. Dort starb er 1949 im Alter von 77 Jahren. Es war nicht immer einfach für ihn, das tägliche Brot für die Familie zu besorgen, denn 1934 hatten ihn die Nationalsozialisten zwangspensioniert mit 45 Prozent seiner Bezüge, zuvor war er Stadtbibliothekar an den Volksbüchereien in Köln gewesen.

Die Domstadt, in der Therstappen seit 1921 lebte, wurde ihm zur zweiten Heimat und auch zur Kraftquelle seines literarischen Schaffens, das mit einer unprosaischen Arbeit begann: Er verfasste 1922 eine "Festschrift zu Ehren von Arnold Anton Goossens und seiner Schöpfung, der Firma Gebr. Goossens in Breyell/Niederrhein". Therstappen betrachtete die Broschüre zum 125-jährigen Bestehen des Unternehmens auch als einen "Beitrag zur niederrheinischen Heimat- und Handelsgeschichte". Später hat er noch eine Geschichte zum 100-jährigen Bestehen der Waldnieler Leinenweberei Reiner Waters verfasst, seine Großmutter mütterlicherseits war eine geborene Waters. Veröffentlicht wurde die Festschrift aber nicht.

Dem "deutschtümelnden Forscher und Dichter vom Niederrhein" ist mitten im Zweiten Weltkrieg zu seinem 70. Geburtstag eine kleine Festschrift gewidmet worden. Gegen diese Etikettierung Therstappens wehrt sich der Literaturwissenschaftler Goossens mit Nachdruck.

Zwar spiele die deutsche Mythologie eine wichtige Rolle in seinem Werk, doch habe sie nichts mit der Blut- und Boden-Ideologie der Nazis zu tun. "Er war ein gelehrter Dichter mit vielen Bezügen zur Geschichte", lautet sein Urteil. So sieht er Paul Therstappen auch nicht als "Heimatdichter", auch wenn dieser immer wieder Themen aus seiner unmittelbaren Umgebung aufgriff ("Pronk op Barlo" in "Legenden und Mären zwischen Rhein und Maas", 1946) oder in Versen das Weiher Kasteel besang, die heute noch die Miteigentümerin Bianca-Amalia Prinzessin von Preußen gerne zitiert. Manche seiner Gedichte hat Therstappen selbst vertont, zu anderen hat Bernd Zimmermann (WDR) die Musik geschrieben. Einige sind am 22. März zu hören.

Eine glühende Verehrerin Therstappens ist die Soziologin Hanna Meuter gewesen. Beide haben sich 1921 als Kollegen in der Kölner Volksbücherei kennengelernt, beide haben 1932 das Buch "Amerika singe auch ich - Dichtungen amerikanischer Neger" herausgegeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog Meuter von Aachen nach Lobberich, um das Werk des Schriftstellers zu popularisieren. So fand 1946 im "Hotel zum Elephanten" von Heinrich Böllhoff ein "Therstappen-Abend" statt. Bei der geschlossenen Dichterlesung wirkten aus Breyell auch Änne Leusner als Rezitatorin und Maria Klumpen-Hagen als Pianistin mit. Das Verhältnis von Therstappen und Meuter charakterisiert Angela Wegers knapp: "Sie war verliebt in ihn."

Die Liebe überdauerte den Tod von Paul Therstappen um zehn Jahre: 1959 erschien das von Hanna Meuter bearbeitete "Heimatbuch vom alten Kiepenträger-Dorf" als Hommage an Paul Therstappen (Band 12 der Schriftenreihe des Kreises Kempen-Krefeld) mit dem Titel "Breyell, wat huckste knäbbig". 1962 noch erinnerte Hanna Meuter die Gemeinde Breyell an eine Gedenkfeier zum 90. Geburtstag ihres großen Sohnes, doch erhielt sie von Jakob Verbocket eine Absage mit dem Hinweis, man werde dessen 100. Geburtstag gebührend begehen. Dieser ist 1972 dann aber in der neuen Stadt Nettetal sang- und klanglos untergegangen.

Manfred Meis

(mme)
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