Kreis Viersen Eisenbahn fährt seit 150 Jahren

Kreis Viersen · Der Sonderzug ist bestellt: Am 5. November fährt er von Kaldenkirchen nach Viersen. Zum Fest gibt es abends ein Feuerwerk.

 1959 fährt diese DB-Lok zwischen Venlo und Kaldenkirchen. Entnommen aus dem Buch "De IJzeren Rijn" von Vincent Freriks.

1959 fährt diese DB-Lok zwischen Venlo und Kaldenkirchen. Entnommen aus dem Buch "De IJzeren Rijn" von Vincent Freriks.

Foto: J.G.C VAN DE MEENE

Seit 150 Jahren können Reisende mit dem Zug von Mönchengladbach nach Venlo fahren. Möglich wurde das am 5. November 1866, als die Teilstrecke zwischen Venlo und Kaldenkirchen feierlich eröffnet wurde. Mit einem festlichen Programm feiern nun Heimatvereine im Grenzland das Bahnjubiläum. Ein Sonderzug ist bestellt: Er wird am Samstag, 5. November, Passagiere von Kaldenkirchen nach Viersen bringen. Und gefeiert wird wie früher. Historische Fahrkarten sind schon erhältlich.

Mit der Eröffnung der Teilstrecke zwischen Venlo und Kaldenkirchen entschied sich für das Grenzland eine "Lebensfrage", wie der Historiker Leo Peters in seinem Buch zur Geschichte der Stadt Kaldenkirchen ausführt. Seit 1852 hatte sich die Stadt intensiv darum bemüht, an eine Bahnlinie von Viersen über Dülken, Boisheim und Breyell angeschlossen zu werden. Die Stadt hatte Opfer dafür gebracht, zugesichert, dass sie die notwendige Fläche unentgeltlich zur Verfügung stellen werde, außerdem fünf Taler pro Kopf der Bevölkerung, damit "beim Orte Kaldenkirchen ein Bahnhof angelegt werde". Mit dem Streckenverlauf schließlich war man nicht ganz einverstanden, durchschnitten die Gleise doch guten Boden, auch den Bahnhof hätte man in Kaldenkirchen gern an anderer Stelle und nicht so weit "von allen Hauptpunkten des Ortes entfernt" gesehen. Doch den Kaldenkirchenern war der Anschluss an die Bahnlinie gelungen. Und das war letztlich die Hauptsache.

Im Spätsommer 1863 kam die Nachricht über die Baugenehmigung für die Strecke Viersen - Dülken - Boisheim - Breyell - Kaldenkirchen - Venlo. Die Bevölkerung war begeistert. Entsprechend euphorisch begleiteten die Bürger beiderseits der Grenze auch die Eröffnung am 5. November 1866, die mit Ansprachen, Musik, Bankett und Feuerwehr gefeiert wurde. Auch ein Lied wurde eigens für dieses Ereignis gedichtet. Wie furchteinflößend die Eisenbahn auf viele Menschen damals wirkte, beschreibt der Text. Im Lied heißt es zu Beginn: "Was glänzt aus der Ferne zum Thale herein wie Blitzen am düsteren Himmel, und grollender Donner erschallet darein, es schneidet dem Hörer durch Mark und Bein der rasselnden Wagen Gewimmel."

 Auch am Viersener Bahnhof wird der zug halten.

Auch am Viersener Bahnhof wird der zug halten.

Foto: Busch

Der Anschluss an die Bahnlinie war für die wirtschaftliche Entwicklung der Städte von großer Bedeutung. Leo Peters verweist in seinem Buch auf die Akten aus den Gemeindearchiven, aus denen hervorgeht, wie sehr sich Bürgermeister und Unternehmer für die Eisenbahnverbindung einsetzten. Mit der Eröffnung der Strecke Venlo-Viersen war Kaldenkirchen an die Linie angebunden, die Köln mit dem Seehafen Vlissingen verband. Als ebenso wichtig empfand man in Kaldenkirchen den Bau der Linie Venlo-Kempen als Teil der Verbindung Paris-Hamburg. Die Strecke Venlo-Kempen wurde am 1. Januar 1868 eröffnet. Auch sie führte über den Grenzbahnhof Kaldenkirchen. Die Grenzstadt wurde damit wichtig für den internationalen Güter- und Personenverkehr.

Auch die Textilindustrie in Viersen profitierte erheblich von der internationalen Verbindung. Entsprechend hat sich für die Feierlichkeiten am 5. November nun auch "Friedrich Freiherr von Diergardt" angekündigt - von Diergardt führte ab 1816 in Viersen eine Samt- und Samtbandfabrik und setzte sich für den Ausbau des Eisenbahnnetzes ein.

Mit dem Sonderzug erinnern nun der Bürgerverein Kaldenkirchen und die Stadt Nettetal an die Eröffnung der Bahnlinie vor 150 Jahren. Der Sonderzug fährt am Samstag, 5. November, um 12 Uhr am Bahnhof Kaldenkirchen ab nach Viersen.

Zuvor soll um 11 Uhr ein Festumzug starten, der mit musikalischer Begleitung vom Kirchplatz zum Bahnhof Kaldenkirchen führt. "Vielleicht kramt der ein oder andere ehemalige Bundesbahnbeamte nach seiner Uniform im Kleiderschrank", so die Hoffnung der Organisatoren. Auch zusätzliche Uniformen sollen geliehen werden können. Vor 150 Jahren feierte man mit üppigem Bankett, zum Jubiläum nun wird ein Catering angeboten. Die Heimatvereine in Breyell, Boisheim, Dülken und Viersen haben ihre Unterstützung für die Jubiläumsfeier zugesagt, unterwegs soll es Zusteigemöglichkeiten geben.

Gegen 13 Uhr wird der Zug Viersen erreichen. Dort hat der Verein für Heimatpflege Viersen ein Programm vorbereitet. Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) begrüßt die Reisenden. Danach tritt "Friedrich, Freiherr von Diergardt" in Frack und Zylinder auf und berichtet von seinem Leben und dem seines Freundes, des Eisenbahn-Pioniers Gustav Mevissen. Dann wird die Stadthymne "Viersen, du alte Weberstadt" gesungen, bevor die Reisenden nach einer kleinen Stärkung den Zug in Richtung Venlo besteigen.

Bis Venlo werden die Passagiere allerdings am 5. November nicht fahren können: Die Niederländer haben bereits mitgeteilt, dass der Bahnhof aufgrund von Bauarbeiten gesperrt ist. Deshalb werden vom Kaldenkirchener Bahnhof Busse nach Venlo eingesetzt, damit die Gäste aus dem Kreis Viersen um 15 Uhr dem Empfang im Venloer Rathaus beiwohnen können. Gegen 17 Uhr fahren die Gäste zurück nach Kaldenkirchen. Dort soll das Bahnjubiläum dann noch weiter gefeiert werden. Wie vor 150 Jahren ist ein Feuerwerk geplant, das gegen 20 Uhr beginnt.

(sa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort