Viersen Einmal Ostern ohne Ei, bitte!

Viersen · Wenn Veganer Ostern feiern, gibt es statt Hühnereiern Avocado mit schwarzem Salz, das nach Ei riecht und schmeckt. Ein Besuch

 Lisa Moos streut schwarzes Salz auf die Avocado, Vanessa Heintges reicht noch ein bisschen Basilikum dazu - fertig ist das vegane "Ei".

Lisa Moos streut schwarzes Salz auf die Avocado, Vanessa Heintges reicht noch ein bisschen Basilikum dazu - fertig ist das vegane "Ei".

Foto: Busch

Vanessa Heintges macht ihre Eier jetzt selbst. An Ostern hat sie früher Hühnereier gegessen. Heute gibt es kleine Bällchen in Braun, Grün und Weiß. "Das ist eine Dattel-Mandel-Mischung, in Kakao gewälzt", sagt Heintges und zeigt auf ein braues "Ei". Es schmeckt süß, irgendwie gesund, etwas körnig. Heintges und ihre Freundin Lisa Moos haben Essen für ihren Osterbrunch zubereitet - ohne Fleisch, Milch, Käse, Wurst, Eier. Vegan eben, normal für die beiden Frauen und ihre Familien. Sie ernähren sich seit Jahren ohne tierische Produkte.

Vegane Ernährung liegt im Trend. Autoren werden reich mit Kochbüchern über veganes Leben, Discounter verkaufen Sojamilch, Familien debattieren, was man essen soll und darf. Gerade zu Ostern kocht das Thema hoch. Wenn Oma Braten macht - ist die Enkelin dann schockiert, weil ein Tier sterben musste? Wird sie Kuchen essen, wo doch Butter drin ist? Ostereier? An den Familien Moos und Heintges verdienen Hühnereiproduzenten jedenfalls nichts. Eier kommen den Viersenerinnen nicht auf den Tisch, werden nicht gefärbt und nicht versteckt. Nach Ei schmecken darf es trotzdem. Dafür hat Heintges Kala Namak mitgebracht, schwarzes Salz. Als Heintges es auf eine Avocado streut, riecht es nach hartgekochtem Ei. "Die Avocado hat so eine ähnliche Konsistenz wie Eiweiß", sagt Heintges. Wer die Augen schließt, könnte meinen, doch ein Hühnerei im Mund zu haben. "Wir sagen nicht, wir essen jetzt vegan. Wir sagen: Wir essen jetzt gesund", erzählt Lisa Moos.

Der Auslöser für ihre Ernährungsumstellung war Sohn Finn, acht Jahre alt. Nach einer Impfung als Baby litt er an epileptischen Anfällen. Die Familie suchte Hilfe bei Ärzten und Kliniken, ohne Erfolg. Schließlich begann sie, kein Fleisch mehr zu essen, dann keinen Zucker, schließlich keine tierischen Produkte mehr. Mit jedem Schritt ging es Finn besser, die epileptischen Anfälle verschwanden. "Wir fühlen uns alle gesünder", sagt Lisa Moos. Ihre Haut sehe besser aus, sie habe abgenommen. "Und wir sind fast nie krank." Selbst die Geburt ihres zweiten Sohnes Jona sei einfacher gewesen als die von Finn. Ob es an der Ernährung lag? Lisa Moos glaubt, dass sie eine Rolle spielte.

Heintges isst seit fünf Jahren nichts mehr, das von Tieren produziert wurde. Als sie zwölf Jahre alt war, habe sie herausgefunden, woraus Fleisch besteht. "Seitdem war ich Vegetarierin." In ihrem Philosophie-Studium unterhielt sie sich schließlich mit einem Kommilitonen, der fragte, wieso sie nicht konsequent sei. Die Kühe litten doch auch, wenn man sie künstlich befruchtete, damit sie Kälber bekämen und Milch gäben. Sie beschloss, auf Milch und Eier zu verzichten. "Ich halte viel von Gleichheit und Gerechtigkeit, und das beschränkt sich nicht auf die menschliche, sondern bezieht sich auf die ganze fühlende Welt", sagt sie.

Die Zutaten im Essen von Heintges und Moos stammen denn auch aus ökologischer Produktion. Sie machen alles selbst, rühren die Cremes für den Osterbrunch selbst an, backen einen veganen Hefezopf und Brot, braten Rührtofu. Ihre Freunde haben die Ernährungsumstellung akzeptiert. "Da sind wir schon die Ökos. Die sind wir aber auch ganz gern", sagt Moos. Schwieriger sei es in der Familie, gerade, weil Moos ihren kleinen Sohn stillt. "Da fragen viele, ob er nicht zu wenig bekommt." Ein Blick auf Jona sage dann alles. Der Kleine ist gut genährt und wirkt gesund. Heintges' Tochter Adriana, ist sogar schwerer als viele andere Babys in gleichen Alter.

An Ostersonntag feiern die Familien Moos und Heintges trotzdem zusammen, ohne Großeltern, auch, um dem Thema Ernährung aus dem Weg zu gehen, wie Moos zunächst sagt. Dann rudert sie zurück: Die Großeltern akzeptierten die Umstellung auch. Sie hätten zum Beispiel immer Sojajoghurt im Haus.

Bei Heintges gebe es inzwischen gar keine Schwierigkeiten mehr. "Meine Mutter und mein Bruder haben mit mir erst heftig über die vegane Ernährung diskutiert." Dann habe sie für die Familie gekocht. Heintges: "Jetzt sind sie selber vegan!"

(RP)
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