Brüggen Eine bunte Revue mit verrückten Ideen

Brüggen · Das Kabarett "Deutschland gucken!" des "Kom(m)ödchen Düsseldorf" begeistert mit spritzigen Gags und tagesaktuellem Bezug. Rasante und freche Dialoge veranlassen die Besucher zu Lachsalven im Kulturforum von Schloss Dilborn

 Das Quartett vom "Kom(m)ödchen Düsseldorf" lieferte sicher gesetzte Pointen, satirische Seitenhiebe sowie erfrischend überzeichnete Charaktere. Die Besucher im Kulturforum von Schloss Dilborn quittierten die überzeugende Vorstellung mit Lachsalven und tosendem Applaus.

Das Quartett vom "Kom(m)ödchen Düsseldorf" lieferte sicher gesetzte Pointen, satirische Seitenhiebe sowie erfrischend überzeichnete Charaktere. Die Besucher im Kulturforum von Schloss Dilborn quittierten die überzeugende Vorstellung mit Lachsalven und tosendem Applaus.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Tore, Fouls und vergebene Chancen, nicht auszuhaltende Spannung in engen Spielen oder tiefe Enttäuschung, wenn die Lieblingsmannschaft knapp verliert: Emotionen sind die üblichen Begleiterscheinungen bei der Fernsehübertragung eines Fußball-Länderspiels.

Doch beim Besuch des Ensembles vom "Kom(m)ödchen Düsseldorf" im Kulturforum von Schloss Dilborn wurde die Szenerie eines gemeinsamen Fußballabends von drei Freunden plötzlich auch zur Rahmenhandlung des rasanten Kabaretts "Deutschland gucken!".

In einigen Teilen war es den treuen Brüggener Kabarettfreunden dank einer früheren Aufführung vertraut. Doch die Autoren Dietmar Jacobs, Christian Ehring und Martin Maier-Bode hatten das abendfüllende Programm nicht nur tagespolitisch aufpoliert, sondern auch hervorragend besetzt und dem Ensemble Daniel Graf, Maike Kühl, Heiko Seidel und eben auch Mitautor Maier-Bode einfach hinreißend spritzig, frech und hintergründig auf den Leib geschrieben.

Das Quartett begeisterte temporeich mit sicher gesetzten Pointen, satirischen Seitenhieben, erfrischend überzeichneten Charakteren sowie absurden Überraschungen. Und irgendwie konnte sich der Besucher in dieser Vorpremiere noch vor den Düsseldorfern hier und da wiederfinden, als es um Befindlichkeiten, Lebenseinstellungen und -entwürfe sowie Positionen zur aktuellen Gemengelage in Gesellschaft und Politik ging. Nicht nur der Fall Böhmermann und Erdogan, und die AfD als Partei mit ADHS, sondern schließlich auch die Zeitrechnung vor und nach der Silvesternacht in Köln wurden satirisch aufgespießt.

Maike Kühl spielte die Dokumentarfilmerin Solveig, die in das Ritual dreier Fußballfans einbricht. Mit ihrem Vorhaben, die Auswirkungen eines WM-Sieges auf die deutsche Psyche zu zeigen, mischt sie das bis dahin eingespielte Fan-Team auf. Plötzlich ergeben sich Fragen, die zuvor keiner der drei Freunde gestellt hat. Kühls Mitstreiter gestalteten mit staunenswerter Vitalität drei Typen, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Daniel Graf ist der intellektuelle Leistungsverweigerer Lutz, Maier-Bode der fleißig werkelnde Familienvater Dieter und Heiko Seidel der Millionenerbe Bodo mit gönnerhaft aufgeblasener Attitüde. Schon dieses Potenzial hätte für einen witzig entlarvenden verbalen Schlagabtausch gereicht. Zudem schlüpften die Darsteller rasant in wechselnde Rollen, persiflieren als Kasperlefiguren zum Beispiel fragwürdige und misslungene Ansätze zur Integration.

Neben dem Politischen graste das Quartett reichlich andere Themen ab. So wusste Dieter zu berichten, dass sein Cousin vor dem mit Hormonen belasteten halben Hähnchen eine Cousine war. Munition für zahlreiche Gags lieferten auch der Fitnesswahn und der Versuch, sich zu "optimieren". Lachsalven erntete Seidels Auftritt als dicker Bär, der Solveigs Idealbild von der Natur verspottet und den Menschen vorwirft: "Ihr habt Bildung, lasst aber die Schulen verkommen. Ihr habt Demokratie und geht nicht wählen."

Eine bunte Revue der verrückten Ideen war die Weltreise mit wechselnden Stationen und Rollen im Minuten- und Sekundentakt. Am Ende aber konnten die Freunde doch noch gemeinsam "Deutschland gucken" und lauthals "Tor" rufen.

(anw)
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