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Niederkrüchten Ein Zeichen gegen das Vergessen setzen

Niederkrüchten · In der Nacht vom 30. auf den 31. Dezember trieb die Deutsche Wehrmacht 3000 Roermonder durch Schnee und Kälte nach Dülken. 14 Männer, die sich der Deportation widersetzten, wurden im Lüsekamp erschossen.

 Am Gedenkstein im Lüsekamp erinnerten gestern Deutsche und Niederländer an die dort ermordeten Männer aus Roermond.

Am Gedenkstein im Lüsekamp erinnerten gestern Deutsche und Niederländer an die dort ermordeten Männer aus Roermond.

Foto: Busch

Am 18. September 2015 ist Jan Vervuurt gestorben. Er wurde 90 Jahre alt. Zuletzt ging es ihm nicht gut, aber geistig sei er bis zum Schluss klar gewesen, sagt sein Neffe Jos Vervuurt. Er steht vor dem Gedenkstein am Lüsekamp, um das Vermächtnis seines Onkels weiterzugeben. Denn Jan Vervuurt war einer der letzten Zeugen und Überlebenden des Gewaltmarsches, in dem die deutsche Wehrmacht in der Nacht vom 30. auf den 31. Dezember 1944 rund 3000 Roermonder durch Kälte und Schnee nach Dülken trieb. Dort wurden sie in Bahnwaggons gepfercht und in die Zwangsarbeit gekarrt.

Wenige Tage zuvor, am 27. Dezember 1944, hatte der deutsche Ortskommandant zur Abschreckung ein grausames Exempel statuieren lassen. 14 Männer aus Roermond, die sich der Deportation widersetzt hatten, wurden im Lüsekamp erschossen. Ihre Gräber hatten sie sich vorher selbst schaufeln müssen.

Seit 1997 erinnert das "Comité Voettocht 30 december" am Lüsekamp an die Geschehnisse der letzten Tage des Jahres 1944. Jan Vervuurt hat fast keine dieser Gedenkveranstaltungen verpasst. Das war ihm wichtig, meint sein Neffe. Als Akt der Erinnerung, aber auch der Versöhnung. "Wir dürfen nicht aufhören zu gedenken. Das ist die Lektion, die ich von meinem Onkel gelernt habe", sagt Jos Vervuurt und zitiert das Motto des "Comité Voettocht": "Nur Menschen, die einen Krieg erlebt haben, wissen, was es heißt, nicht frei zu sein."

So wie für Jan Vervuurt ist die Gedenkfeier offenbar auch für viele andere ein Bedürfnis - ein Ritual, das bis heute nichts von seiner Kraft verloren hat. Diesmal sind an die 180 Menschen gekommen - Deutsche und Niederländer, Alte und Junge. Die Vertreter der beiden Nachbargemeinden, Niederkrüchtens Bürgermeister Kalle Wassong und der Roermonder Wethouder Frans Schreurs, schlagen in ihren Reden die Brücke in die Gegenwart. "Der Flüchtlingsstrom, der Krieg in Syrien oder die Anschläge von Paris zeigen, dass Freiheit nicht selbstverständlich ist", betont Schreurs. "Darum werden wir nie vergessen, was in dieser kalten Dezembernacht passiert ist - und uns immer wieder die Hand reichen."

Wassong sieht im gemeinsamen Gedenken ein Zeichen gegen das Vergessen und eine Mahnung vor Schrecken und Leid durch Gewaltherrschaft, Kriege und Terror. Er verweist darauf, dass auch 70 Jahre nach Kriegsende in vielen Ländern Menschenrechte mit Füßen getreten würden. Weltweit seien derzeit rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Gerade entstehe auf dem Elmpter Flughafengelände die größte Flüchtlingsunterkunft in NRW. "Diese Menschen brauchen uns", so Wassong. "Reichen wir den Menschen auf der Flucht die Hand und lassen den Worten des Gedenkens Taten folgen."

(jo-s)
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