Viersen Die Opel-Zwillinge

Viersen · Die Mönchengladbacher Paul und Rolf Mund waren die Gesichter des Autohauses Opel-Mund, das in der ganzen Region bekannt war. Zwillingsbruder Rolf verstarb 2007. Paul Mund zog es 1970 mit seiner Frau nach Viersen-Heimer. Dort wohnt er bis heute

 Jecker Einsatz: links Rolf, rechts Paul - oder umgekehrt?

Jecker Einsatz: links Rolf, rechts Paul - oder umgekehrt?

Foto: Schrey

Viersen/ Mönchengladbach Es ist ein Stück Automobilgeschichte, Mönchengladbacher Geschichte jedenfalls und auch der Region. Opel Mund, das war viele Jahrzehnte so etwas wie ein Markenzeichen. Geprägt zuerst von Paul Mund senior, der 1935 an der Aachener Straße, Ecke Markgrafenstraße, eine Tankstelle mit Automobil-Werkstatt eröffnete, und spätestens ab 1961 von seinen Söhnen: Paul junior und Rolf übernahmen nach dem frühen Tod des Vaters den Familienbetrieb und bauten ihn immer weiter aus.

Die beiden waren höchst verwechselbar: Eineiige Zwillinge, die sich aufs Haar glichen und obendrein vom Kindergarten an bis ins Rentenalter stets gleich gekleidet daherkamen. "Wir wurden unser ganzes Leben verwechselt", erzählt Paul. "Das hat uns viel Spaß gemacht, zum Beispiel in der Schule, in der Lehre oder in der Tanzstunde, als die Mädchen nicht wussten, wo und mit wem sie gerade dran waren", erzählt Paul, der Erstgeborene: "Ich kam am 12. September 1932, kurz vor Mitternacht, zur Welt, mein Bruder wenige Minuten später. Eingetragen wurde als Geburtstag aber für uns beide der 12. September" erzählt Paul. Am kommenden Montag wird er 84. Doch seit neun Jahren muss er alleine feiern: Rolf ist 2007 gestorben, einen Tag vor seinem 75. Geburtstag. Doch wahrgenommen wird Paul oft immer noch "im Stück" mit seinem Bruder. Was kein Wunder ist. Denn die beiden haben 75 Jahre einen in großen Teilen gemeinsamen Lebensweg gehabt, beruflich und privat. In der Firma und auch im sonstigen Leben. Im Mönchengladbacher Karneval zum Beispiel, wo sie beide viele Jahre bei den Gelb-Blauen-Funken waren und Tanzoffizier Paul 1960 Adjutant von Gladbachs Karnevalsprinzessin war: Niersia-Patricia, kurz Pat, Flying Officer (Leutnant) bei der britischen Royal Air Force im HQ Rheindahlen. Zwei Brüder, die nicht nur "närrisch", sondern auch ganz persönlich immer freundlich und zu Scherzen aufgelegt waren.

Aber auch ernsthafte und deshalb erfolgreiche Geschäftsleute. Sie marschierten gemeinsam durch die Volks- und die Mittelschule, bei der Lehre im väterlichen Betrieb, zur Gesellen- und schließlich zur Meisterprüfung. Mit der sie übrigens für Aufsehen weit über Mönchengladbach und das damalige Rheydt hinaus sorgten: Sie bestanden 1958 NRW-weit als Jahresbeste die Meisterprüfung - gemeinsam, und nicht nur als Kraftfahrzeugmeister, sondern für alle Sparten des Handwerks. "Das ist der Knüller des Tages", sagte Handwerkskammer-Präsident Schulhoff bei der Verleihung von mehr als 2500 Meisterbriefen in Düsseldorf. Und die "Meister-Zwillinge" kamen auch ins Fernsehen. 1958 war das eine weitere Auszeichnung.

Das Leben von der schönen Seite nehmen, aber auch von der ernsthaften: Das ist, beziehungsweise war das Erfolgsrezept für Paul Mund und seinem Bruder Rolf. "Der Betrieb war immer unser großes Leben", sagt Paul. Das begann schon, als sie mit fünf, sechs Jahren in der Autowerkstatt des Vaters oder auch draußen an der Tankstelle herumliefen. "Da sind wir schon mit drei Jahren vör de Pump jeloope", hat Paul junior mal erzählt, als die Mineralölfirma "Shell" eine große Reportage über ihre erfolgreichen Mönchengladbacher Geschäftspartner in ihrer Kundenzeitschrift veröffentlichte. Paul Mund musste dann auch für Nicht-Rheinländer erklären, was "vör de Pomp jeloope" bedeutete: gegen die Pumpe gelaufen - was so viel heißt wie: nicht ganz richtig im Kopf sein.

Letzteres traf aber für die Munds keineswegs zu. Im Gegenteil: Sie wussten sehr wohl, wie geschäftlicher Erfolg zu schaffen ist. "Wir sind durch unseren Kundendienst und ausgezeichnete technische Leistungen groß geworden. Und der Kunde war bei uns immer und ausnahmslos König. Daran orientierten sich alle", sagt Paul Mund. Er und sein Bruder hatten eine Arbeitsaufteilung, die perfekt funktionierte: Paul war für die Technik und das Personal zuständig, Rolf für den Verkauf.

"Die meisten Kunden kamen wegen des guten Rufs und des Namens, erst in zweiter Linie, weil wir Opel-Händler waren", ist Paul Mund überzeugt. Dahinter standen ein Neun- bis Zehn-Stunden-Arbeitstag und Einsatz auch an den Wochenenden, "aber wir haben es immer sehr gerne gemacht". Von nix kütt nix: Das ist auch eine rheinische Lebensweisheit, mit der die Munds groß geworden sind.

Opel Mund gibt es seit einigen Jahren nicht mehr. Die ältesten Söhne der beiden Brüder, Frank und Rolf junior, waren in die Firma eingestiegen, haben sie "ganz in unserem Sinne weitergeführt", sagt Paul. Doch deren Kinder haben kein Interesse, diese Familien-Tradition fortzusetzen. Drei der fünf Enkel von Paul und seiner Frau Christel, mit der er seit 56 Jahren verheiratet ist, sind bereits als Arzt tätig oder studieren derzeit noch Medizin.

Opel Mund: Der Schriftzug steht immer noch oben am höchsten Gebäude auf dem Areal an der Aachener Straße, das in dieser Größe 1980 entstanden ist. Bis zu 80 Menschen waren bei Opel Mund tätig. Ihre Arbeitsplätze und den Standort eines Autohauses zu erhalten stand dahinter, als die Familie Mund vor einigen Jahren die Firma zunächst mit dem Opel-Händler Gerresheim zum "Autozentrum West", im Trend der Zeit mit mehreren Marken, zusammenschloss und schließlich das Neusser Autohaus Dreßen den Betrieb übernahm. Er ist nicht mehr "Opel Mund", aber die Immobilie gehört immer noch der Familie.

(RP)
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