Viersen Die Krippe aus der Schatzkiste

Viersen · In der evangelischen Kreuzkirche steht eine Krippe, die eng mit dem Weltgeschehen verknüpft ist. Sie erhält jedes Jahr neue Figuren, die ein Stück Geschichte widerspiegeln. Diesmal sind es zwei Geistliche

 Bischof Bedford-Strohm und Kardinal Marx (vorne) sind die Puppen-Neuzugänge in der Krippenlandschaft. Sie stehen für die Zukunft der Ökumene. Selbst das Jakobskreuz, das die beiden bei einem Reformationsgottesdienst dem Bundespräsidenten überreicht haben, ist nachgebildet.

Bischof Bedford-Strohm und Kardinal Marx (vorne) sind die Puppen-Neuzugänge in der Krippenlandschaft. Sie stehen für die Zukunft der Ökumene. Selbst das Jakobskreuz, das die beiden bei einem Reformationsgottesdienst dem Bundespräsidenten überreicht haben, ist nachgebildet.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Die Luftpolsterfolie knistert leicht, als Claudia Wenzel-Freudenberg in den großen Karton greift und eine der Puppen herausnimmt. "Es ist ein bisschen wie Weihnachtsgeschenke auspacken. Da weiß man auch nicht, was drin ist", bemerkt sie lächelnd. Das sei, wie eine Schatzkiste auszupacken, schließt sich Janny Schmitten an. Auch wenn die beiden die Kartons selber mitgepackt haben, so ist das schon eine Zeitlang her, und welche der Figuren sich in der schützenden Umhüllung befindet, ist auf den ersten Blick nicht erkennbar. Daher ist die Überraschung jedes Mal groß, wenn die beiden Frauen in die vier großen Kartons greifen, die neben den vorderen Kirchbänken in der Kreuzkirche an der Hauptstraße stehen. Fast ein Jahr lang hat der Inhalt im Keller geschlummert, jetzt kommen die handgearbeiteten Figuren für die Krippe wieder zum Einsatz. Allerdings ist es keine alltägliche Krippe, die gerade in der Kirche aufgebaut wird. Es handelt sich um ein Modell, welches das aktuelle Weltgeschehen mit einbaut.

Jahr für Jahr kommen neue Figuren hinzu. In diesem Jahr sind es, bezugnehmend auf 500 Jahre Reformation, Kardinal Reinhard Marx und Bischof Heinrich Bedford-Strohm. Die beiden veröffentlichten zum Reformationstag einen gemeinsamen Brief, der klarmacht, dass 2017 als das Jahr der Ökumene in die Geschichte eingehen soll und die Christen nicht mehr zu trennen sind. "Für uns sind sie das Zeichen für die Zukunft der Ökumene", sagt Wenzel-Freudenberg. Also schufen Schmitten und sie den Kardinal und den Bischof. Wobei selbst das Jakobskreuz nicht fehlt, das die beiden beim Reformationsgottesdienst in Wittenberg dem Bundespräsidenten gemeinsam übergaben.

Das Ehrenamt in Form einer weiteren Figur, die eine ältere Ehrenamtlerin darstellt, die sich seit 46 Jahren engagiert, rückt aktuell genauso in den Mittelpunkt wie ein kleines Mädchen aus Haiti. "Damit wollen wir auf unsere diesjährige Spendenaktion aufmerksam machen. Wir sammeln aktuell für die Aktion ,Schüler bauen für Haiti'. Daher das kleine Mädchen, das an der Krippe stehen wird", sagt Wenzel-Freudenberg. Gerade packt sie die Krippe mit Stroh aus. Sie erhält ihren Platz vor dem hölzernen Stall, der auf einem grünen Samttuch steht, das über den Platten liegt, auf denen die gesamte Krippenlandschaft aufgebaut wird. Schmitten rollt derweil Lichterketten auf der Samtunterlage aus. Inzwischen steht eine ganze Galerie der Puppen auf der vordersten Krippenbank. Der Kirchentagsbesucher in Jeans, kariertem Hemd, mit Käppi auf dem Kopf und Rucksack auf dem Rücken steht neben der Dame im Rollstuhl, die von einem Pfleger geschoben wird. Das Mädchen mit Handy, das für die heutige Kommunikation steht, fehlt genauso wenig wie der Flüchtling, dessen ganze Habseligkeiten in einem Beutel stecken.

Es sind die vielen kleinen liebevollen Details, die die Figuren ausmachen. Alle sind in stundenlanger Handarbeit entstanden. Jede Figur hat ihre eigene Geschichte, und die spiegelt entsprechende Info-Texte vor der Krippe wider. Josef und Maria samt Hirten, Engeln, Esel und Schafen fehlen natürlich auch nicht. Eins gibt es allerdings nicht in der seit 2011 wachsenden Krippe - und das ist das Jesuskind. "Wir stellen jedes Jahr eine neue Figur an die Krippe, die für eine Gruppe von Mitmenschen steht, die unsere Hilfe und Aufmerksamkeit brauchen", sagt Wenzel-Freudenberg. Aktuell ist es das Haiti-Mädchen, das an der Krippe stehen wird. Die Krippe in der Kreuzkirche ist eben eine zum Nachdenken.

(tref)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort