Niederkrüchten Die ersten sieben Tage in Zimmer 14

Niederkrüchten · Kalle Wassong (53) hat vor einer Woche sein Amt als Bürgermeister angetreten. Der auffälligste Gegenstand in seinem Büro ist der Wandcomic "Niederkrüchten-Kompass 2030" - er zeigt einen Blick in die Zukunft von Niederkrüchten.

So ganz glauben mag es Kalle Wassong (53) auch nach sieben Tagen im Amt noch nicht: "Bürgermeister Kalle Wassong - das klingt noch ein wenig unwirklich", sagt der neue Verwaltungschef von Niederkrüchten. Sollte er einen Beweis suchen, muss er lediglich die Tür seines Büros öffnen: Auf dem Schild zu Zimmer Nummer 14 steht sein Name - und die Bezeichnung Bürgermeister.

Eine Woche im Amt: Ein wenig Zeit zum Luftholen. Zwischen 7 und 7.30 Uhr beginnt Wassong in seinem Büro im ersten Stock des Niederkrüchtener Rathauses seinen Arbeitstag; oft ist der letzte Termin um 18 Uhr angesetzt - und auch dann ist noch nicht Schluss. Bis 20 oder 20.30 Uhr bleibt Wassong am Schreibtisch, liest Unterlagen "Ich hasse es, unvorbereitet zu sein", sagt er. Ist der lange Arbeitstag eine Umstellung? "Nein", sagt der 53-Jährige. Dies sei er aus seiner früheren Tätigkeit als Bischöflicher Beauftragter für Präventionsarbeit in Aachen gewohnt. Dabei war er bundesweit unterwegs - die körperliche Bewegung ist es, die Wassong hinter dem Schreibtisch am meisten vermisst. Ob er bereits über ein Stehpult nachgedacht hat? Nein, aber vielleicht wäre das eine Lösung", sagt Niederkrüchtens neuer Bürgermeister. Zwischen Konferenztisch, Stühlen, Regalen und Schreibtisch wäre in dem hellen Amtszimmer genügend Platz. Bis sich Wassong dazu entschieden hat, macht er es simpel: "Ich stehe auf, laufe durchs Büro." Mit Bewegung könne er besser denken. Langfristig will er dafür in seinem Kalender einen Zeitraum blocken lassen - für Ausdauertraining ins Fitnessstudio.

Beim Gang durchs Büro landet er unwillkürlich vor einem großen Wandcomic, dem "Blick in die Zukunft" von Christoph Illigens; dieser ist während des Bürgermeister-Wahlkampfs entstanden. Dort sind unterschiedliche Visionen für die Zukunft von Niederkrüchten vermerkt. Von einem eigenen U-Bahn-Anschluss über Mehr-Generationen-Projekte bis hin zu einer Landesgartenschau oder einem gemeinsamen politischen Miteinander reicht das Spektrum. Wassong wollte die Ideen der Menschen als Bürgermeister nicht aus den Augen verlieren - das Bild ist die auffälligste Veränderung, die er im früheren Büro von Herbert Winzen vorgenommen hat. Eine schwarz-weiße Skizze von 1925 zeigt Alt-Niederkrüchten - und mit St. Bartholomäus die Heimatgemeinde von Kalle Wassong. Für den Kirchenchor hat er als Bürgermeister noch keine Zeit gefunden - da muss der Blick auf den gezeichneten Kirchturm genügen.

Wie viele Hände er geschüttelt, mit wie vielen Menschen er seit seinem Amtsantritt gesprochen hat, das kann Wassong nur schwer schätzen. Was er dagegen weiß: "Es waren nicht viele Tassen Kaffee. Ich trinke lieber Mineralwasser." Worüber er sich freut: "Viele Menschen gratulieren mir auch jetzt noch wünschen mir Erfolg für die neue Aufgabe." Mit Bürgern oder Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen, das ist für Kalle Wassong wichtig: Zu Kaffee und Kuchen hatte er alle eingeladen und sich vorgestellt. "Zeit für die Rathaus-Mitarbeiter" soll eine feste Rubrik in seinem Terminkalender werden: 43 von ihnen sitzen allein im Rathaus, 180 sind in den Außengruppen beschäftigt. Weitere Besuche, etwa bei Kitas und im Bauhof, stehen ebenso auf Wassongs "Zu erledigen"-Liste wie weitere Gespräche mit seinen Amtskollegen Frank Gellen aus Brüggen und dem Schwalmtaler Michael Pesch. "Als Trio im Westkreis können wir mehr erreichen", ist der Niederkrüchtener überzeugt. Auf Gespräche setzt er mit den Ratsfraktionen; bei der CDU war der parteilose Verwaltungschef bereits, weitere Antrittsbesuche sollen folgen.

Seine Besucher werden den Weg zum neuen Bürgermeister sicher ohne Probleme finden - ein kleines Schild verweist auf Kalle Wassong, in Zimmer 14.

(RP)
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