Viersen Der Weg in den Beruf ist für Flüchtlinge weit

Viersen · Der Integration Point von Jobcenter und Arbeitsagentur hilft Flüchtlingen, einen Job zu finden. In den vergangenen acht Monaten wurden 1500 Menschen beraten - die meisten sind junge Männer aus Syrien. Sie müssen zunächst das Alphabet und die Sprache lernen

Eine positive Bilanz hat gestern Dirk Strangfeld, Leiter der Agentur für Arbeit Krefeld, zur Tätigkeit des Integration Points in Viersen gezogen: "1500 geflüchtete Menschen sind dort seit Januar beraten worden." 70 Prozent seien Männer, nur 30 Prozent Frauen. "Unsere Erwartungen haben sich bestätigt: Die meisten von ihnen sind jung, zwischen 25 und 34 Jahre alt", sagte Franz-Josef Schmitz, Geschäftsführer des Jobcenters Kreis Viersen, gestern bei einer Pressekonferenz in Viersen. Dies sei eine Chance, aber auch eine große Herausforderung, denn diesen jungen Menschen müsste eine berufliche Perspektive eröffnet werden.

Beim aktuellen Blick auf den Arbeitsmarkt im Kreis Viersen und Krefeld ist die Zahl der arbeitslosen Ausländer im Vergleich zum Juli (plus 2,9 Prozent) als auch zum August 2015 (plus 20,1 Prozent) deutlich gestiegen: Die meisten Menschen kommen aus Staaten mit hoher Bleiberechtswahrscheinlichkeit wie Syrien (60 Prozent), aber auch aus Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia): Ihre Zahl erhöhte sich von 1076 auf 1456.

Im Januar 2016 hatte der Integration Point in Viersen seine Arbeit aufgenommen. Elf Mitarbeiter beraten dort geflüchtete Neuankömmlinge für das gesamte Kreisgebiet. "Die Flüchtlinge sind für uns eine Zielgruppe mehr. Selbstverständlich kümmern wir uns wie bisher genauso intensiv um alle anderen Zielgruppen wie etwa Jugendliche, Ältere, Langzeitarbeitslose, Schwerbehinderte oder Berufsrückkehrer", sagt Dirk Strangfeld. Unverzichtbar sei eine Dolmetscherhotline, auch eine Mitarbeiterin mit syrischen Wurzeln habe laut Ute Straeten, Teamleiterin des Integration Points, wertvolle Unterstützung gegeben. Das Besondere an diesem Angebot: Die Kunden finden alle Ratgeber unter einem Dach: "Sowohl im Status als Asylbewerber als auch nach der Anerkennung", erläuterte Franz-Josef Schmitz die Rechtskreis-übergreifende Tätigkeit von Arbeitsagentur und Jobcenter.

Was im Integration Point passiert: "Wir nehmen die Daten auf, erstellen ein berufliches Profil, fragen nach Ausbildung, bisherigen Tätigkeiten und Abschlüssen", erläutert Ute Straeten. Wichtig sei eine Anerkennung der Abschlüsse: "Wer in Syrien Arzt war, kann hier nicht sofort als Arzt arbeiten." Dann werden Alphabetisierungs- und Sprachkurse oder weitere Qualifizierungen geplant. Aktuell nutzen 500 Flüchtlinge im Kreis Viersen solche Angebote. Nicht jeder Geflüchtete müsse aber zum Integration Point in die Kreisstadt kommen. Für Anträge auf Leistungen können sie auch die örtlichen Geschäftsstellen, etwa in Schwalmtal, Nettetal, Kempen oder Viersen, nutzen.

Eine Erfahrung aus den vergangenen acht Monaten: "Ohne Sprachkenntnisse und ohne berufliche Qualifizierung funktioniert die Integration am Arbeitsmarkt - und damit in der Gesellschaft - nicht", so Franz-Josef Schmitz. Aber gerade Spracherwerb und weitere Qualifizierung brauchen Zeit - ein schneller Weg in Ausbildung oder Beruf sei nicht die Regel. "Dass jemand unverzüglich in den Job findet, das sind Einzelfälle."

(busch)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort