Niederkrüchten Der Traum vom naturnahen Leben

Niederkrüchten · Peter und Silvia Kolshorn leben in Niederkrüchten - doch nicht in einem Ort, sondern inmitten von Wiesen und Wäldern. In Sachen Energie sind sie Selbstversorger. Das klappt mit Solaranlage, Brunnen und Bio-Kläranlage

 Selbstversorger mit Technik: Peter Kolshorn prüft die Funktion der Bio-Kläranlage.

Selbstversorger mit Technik: Peter Kolshorn prüft die Funktion der Bio-Kläranlage.

Foto: Burghardt

Ringsum liegen Wiesen, Wälder und Moore. Weit und breit gibt es kein weiteres Gebäude. "Der nächste Nachbar ist über einen Kilometer entfernt", sagt Silvia Kolshorn. Ihr Mann Peter Kolshorn ergänzt: "Und der nächste Ort sieben Kilometer." Die beiden wohnen im Niemandsland in Niederkrüchten, zwischen Swalmen und Brüggen, in einem Häuschen, zu dem weder Strom- noch Wasserleitungen führen.

"In Sachen Energie sind wir Selbstversorger, und das klappt sehr gut", sagt Peter Kolshorn. Auf dem rückseitigen Dach gibt es eine Solaranlage, neben dem schmucken Haus, das teils mit Holz verkleidet ist, gibt es einen Brunnen. Im Keller wurden die Speicherbatterien untergebracht und die Warmwasseranlage. "Mehr an Technik ist nicht nötig", erklärt Peter Kolshorn. "So haben wir alles, was wir brauchen: Strom, Heizung, warmes Wasser." Er sagt das, als wäre es eine Selbstverständlichkeit. Ist es aber nicht, wie der 50-Jährige zugibt: "Naja, am Anfang haben wir lange überlegt, uns beraten lassen, ob das realistisch ist und gelingen kann, auf sich gestellt zu sein."

 Peter und Silvia Kolshorn leben mitten in der Natur. Zu ihrem Haus führen weder Strom- noch Wasserleitungen. Einen Telefonanschluss hat das Paar - doch per Telefon Pizza zu bestellen, ist schwierig: Der Bote findet den Weg nicht.

Peter und Silvia Kolshorn leben mitten in der Natur. Zu ihrem Haus führen weder Strom- noch Wasserleitungen. Einen Telefonanschluss hat das Paar - doch per Telefon Pizza zu bestellen, ist schwierig: Der Bote findet den Weg nicht.

Foto: Burghardt

Die beiden leben "weit ab vom Schuss", sind unabhängig von Energieversorgern. Sind es Weltverbesserer? Ökofreaks? Aussteiger? "Nein, wir leben einfach gern naturnah, mögen die Weite, die Landschaft um uns herum", sagt Silvia Kolshorn. Beide sind um die 50, haben bürgerliche Berufe. Sie arbeitet im Umweltministerium in Düsseldorf, er bei der Biologischen Station Krickenbecker Seen in Nettetal. Zuvor wohnte das Paar in Born, war dort zufrieden. Und doch zog es die beiden hinaus aus dem besiedelten Raum. "Das Haus hier hatte ich mir früher schon mal angesehen, als es noch gar nicht zu verkaufen war", sagt Silvia Kolshorn.

Schließlich fügte sich alles zugunsten der beiden, sie konnten das leerstehende, sanierungsbedürftige ehemalige Bauernhaus erwerben. "Vorher haben wir uns natürlich gründlich beraten lassen und lange überlegt, wie das funktionieren kann", erklärt Peter Kolshorn. Strom- und Wasserleitungen zum Haus zu legen, hätte eine sechsstellige Summe gekostet.

Sie investierten viel Eigenleistung in Form von Arbeitskraft, richteten das Haus auch mithilfe von Freunden wohnlich her. Seit 2014 leben sie nun auf 160 Quadratmetern. Energie kommt seitdem von der Solaranlage auf dem Dach, im Keller stehen LKW-Batterien, die Strom speichern. Eine kleine Anlage wandelt Gleichstrom in Wechselstrom um. Peter Kolshorn: "Zur Not haben wir noch einen Stromgerator. Den brauchen wir schon mal im Winter, wenn zu wenig Sonne oder helles Tageslicht da ist." Das Gas für den Herd kommt aus dem Flüssiggas-Tank hinten im Garten, das Trinkwasser aus dem Brunnen. Das Internet funktioniert via Satellit.

Eine sündhaft teure Investition war die gesamte Technik nicht: "Das kostete vielleicht so viel wie ein Kleinwagen, mehr hätten wir auch gar nicht geschafft", hebt Peter Kolshorn hervor. Heute indes sparen sie Kosten: "Man lebt so ja auch umweltbewusst und überlegt sich zweimal, ob man für ein bisschen Geschirr wirklich den Geschirrspüler nehmen muss", sagt Silvia Kolshorn lächelnd, zögert einen Augenblick und fügt dann hinzu: "Naja, ein bisschen abenteuerlich war's am Anfang schon." Ihr Mann nickt: "Aber wir haben gezeigt: Es geht auch so. Man kann es schaffen, sich unabhängig zu machen." Zumal die beiden zum Einkaufen die nächsten Ortschaften diesseits und jenseits der Grenze mit dem Auto in gerade einmal zehn Minuten erreichen.

So haben sie sich den Traum vom naturnahen Leben mit riesigem Garten verwirklicht. Sie halten Hühner, Ponys, Pferde, einen Hund - und die anderen Tiere kommen zu ihnen: "Wir beobachten im Garten Mauereidechsen, hören nachts sogar den Ziegenmelker", sagt Peter Kolshorn - der Biologe hat einige Naturschutzgebiete, die er für die Biologische Station betreut, gleich vor der Haustür. Dabei nimmt er in Kauf, dass auch ungebetene Gäste kommen: "Gestern Abend musste ich Wildschweine aus dem Garten vertreiben, und wir haben viele Mücken."

Richtig einsam sind Kolshorns nicht. Häufig kommen Freunde zu Besuch. Und sie finden auch jemanden zum Haushüten, wenn sie in Urlaub fahren. Von den nahe gelegenen Wanderwegen kommen mitunter Spaziergänger zum Haus und fragen nach dem Weg. "Und auch wenn die Nachbarn relativ weit weg sind, wir pflegen den Kontakt. Hier draußen ist man halt aufeinander angewiesen", hebt Silvia Kolshorn hervor.

"Wir haben sogar eine einzige richtige Verbindung zur Zivilisation - und zwar einen Telefonanschluss", sagt Peter Kolshorn schmunzelnd. Der Anschluss nütze ihnen aber dann nichts, wenn sie telefonisch Pizza bestellen und der Bote den Weg zu ihnen raus ins Niemandsland nicht finde. Der Biologe sagt: "Da hat ein Fahrer über eine Stunde gesucht, als er hier ankam, waren die Pizzen natürlich kalt."

(jobu)
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